Dhampir - Götterjagd
den Tisch. Ihre Augen wurden dunkel, und Leesil hatte das Gefühl, als verlöre er den Boden unter den Füßen.
Mit einem Ruck drehte sich Magiere zur Hintertür um, stieß sie auf und stürmte nach draußen. Hinter ihr fiel die Tür wieder zu.
Leesil eilte ihr nach.
Als er nach draußen trat, war Magiere fort. Er sah hinter der Taverne und den angrenzenden Häusern nach, ohne eine Spur von ihr zu finden. Als er sich schließlich umdrehte, bemerkte er etwas Weißes auf der bewaldeten Landzunge, die sich ins Meer erstreckte.
Dort stand Magiere, die Ärmel ihres weißen Hemds flatterten in der Brise.
Frische, nach Salz riechende Luft wehte Leesil entgegen, als er an den Birken und Tannen vorbeilief.
Magiere blickte übers Meer, die eine Hand auf dem Mund, als wagte sie kaum zu atmen. Sie ließ die Hand sinken und sah ihn an, und ihr verlorener Blick bereitete Leesil Schmerzen.
»Was machen wir jetzt?«, flüsterte sie. »Tilswith nimmt die Kugel, wenn wir ihn darum bitten. Aber genauso gut könnte man frisches Fleisch ins Schafgehege werfen, um die Wölfe anzulocken.«
Leesil wollte, dass es endlich aufhörte. Es war ihnen schon zu viel abverlangt worden, und er hatte nicht die Kraft, jetzt nach einer Antwort zu suchen. Er schlang den Arm um Magiere und legte seinen Kopf an ihren. Die Wangen berührten sich.
»Nicht jetzt«, sagte er. »Wir sind gerade erst heimgekehrt. Ich möchte nicht über magische Kugeln, Weise oder die Anmaglâhk reden. Ich will nicht einmal darüber nachdenken!«
Magiere hob den Kopf, und das Verlorene verschwand aus ihren Augen. Sie sah ihn vorwurfsvoll an, wie immer, wenn er sich einer unangenehmen Realität verweigerte.
»Und worüber möchtest du reden?«, fragte sie.
Er hob die Hand zu ihrer Wange.
»Über unsere Hochzeit.«
Fünf Tage später folgte Leesil voller Unruhe Karlin Boigiesque zum neuen Lagerhaus am Hafen.
»Karli n … Magiere hält es für eine gute Idee«, sagte er. »Aber ich habe mir etwas anderes vorgestellt.«
»Es ist das einzige Gebäude in der Stadt, das Platz genug bietet«, beharrte Karlin. »Warte nur ab, Junge. Du wirst sehen.«
Der untersetzte, fast kahlköpfige Bäcker mit dem freundlichen Blick war ihr engster Freund in Miiska und inzwischen der neue Ratsvorsitzende. Im Sommer des vergangenen Jahres hatte Leesil das größte Lagerhaus der Stadt niedergebrannt, als Brenden und er versucht hatten, Magiere zu retten und drei Vampiren zu entkommen. Später hatten Magiere und er in Bela genug Geld für den Bau eines neuen Lagerhauses verdient.
Es bestand aus festem Kiefernholz, und für ein Lagerhaus wirkte es von außen recht beeindruckend, doch es war nicht unbedingt der Ort, an dem Leesil heiraten wollte. Magiere schien von der Idee recht angetan zu sein und meinte, auf diese Weise schlösse sich der Kreis. Wenigstens sollte die anschließende Feier im »Seelöwen« stattfinden.
»Nur zu, wirf einen Blick hinein«, sagte Karlin und öffnete die große Tür. »Wir haben gestern alles in Ordnung gebracht. Aria, Geoffry und Dariens Mutter haben den ganzen Morgen gearbeitet.«
Leesil trat ei n – und staunte. »Bei den toten Göttern in den sieben Höllen!«
»Pass auf, was du sagst«, mahnte Karlin und lachte leise. »Dies ist jetzt ein heiliger Ort.«
Die hohen Ladeluken des Dachbodens standen offen, und das Licht der Nachmittagssonne strahlte herein. Alle Kisten waren weggebracht worden, nur Fässer standen an den Wänden; darauf standen Sträuße aus wilden Blumen, und über ihnen hingen Girlanden.
An der Rückseite bildeten saubere Musselinlaken einen Prospekt, und zu beiden Seiten davon stand jeweils ein von weißen Tüchern umhülltes Fass, darauf eine Vase mit Rosen. Zwischen den beiden Fässern und vor dem Prospekt war ein kleiner Tisch aufgestellt worden, auf ihm drei weiße Kerzen, ein Räucherstäbchen, eine Kohlenpfanne und ein sorgfältig zusammengerollter Streifen aus weißer Seide.
»Dort wirst du während der Zeremonie stehen«, sagte Karlin und legte Leesil eine große Hand auf die Schulter. »Bald treffen die ersten Gäste ein. Für eine Flucht ist es jetzt zu spät, Junge.«
Leesil atmete den Duft Hunderter von Blumen ein und hob den Kopf ins Licht der Sonne. Er konnte es gar nicht abwarten, dass Magiere vor dem Tisch an seine Seite trat.
Magiere hatte sich in ein Hinterzimmer des Lagerhauses zurückgezogen. Bieja hatte darauf bestanden, es in eine Art Ankleidezimmer zu verwandeln, und inzwischen bedauerte Magiere, ihr
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