Dhampir - Götterjagd
müsst Augenbinden tragen«, antwortete Sgäile. »Sowohl auf dem Hinweg als auch bei unserer Rückkehr. Ihr werdet bei eurer Ehre schwören, dass ihr sie nicht abnehm t – andernfalls ist unsere Reise hier zu Ende.«
Magiere schnaubte, und in ihren Augen blitzte es zornig.
»Dies wird immer besser«, sagte sie. »Glaubst du etwa, wir lassen uns auf so etwas ein?«
Chap schlich lautlos näher.
Als Sgäile in die Augen dieses sonderbaren Majay-hì sah, regte sich ein sonderbares Empfinden in ihm. Mehr als einmal hatte Chap gezeigt, dass er Möglichkeiten hatte, seine Erwartungen mitzuteilen. Aber würde der Majay-hì ihn nun unterstützen, damit Magiere und Léshil auf ihn eingingen?
Sgäile wollte keine Konfrontation mit einem Geschöpf, das so tief vom Element des Geistes berührt war.
»Ihr bekommt eine Leine, die euch den Weg zeigt«, wandte sich Sgäile an Léshil und hob das Seil. »Dadurch kommen wir langsam voran, aber wir werden das Ziel erreichen, wenn ihr euch an die Vereinbarung haltet. Entscheidet jetzt, ob ihr mir noch einmal vertraut, wie außerhalb meiner Heimatenklave, als ihr mir eure Waffen gegeben habt.«
»Ja, und wozu hat das geführt?«, erwiderte Magiere scharf. »Dein Clan hätte uns fast angegriffen.«
»Ich habe euch geschützt«, sagte Sgäile ruhig. »Ich werde euch auch diesmal schützen. Diese Reise findet wegen Léshil statt, und wenn er einverstanden ist, bist auch du an sein Wort gebunden. Wenn nicht, kehren wir um.«
Magiere sah Léshil an.
Sie mochte unberechenbar sein und leicht aufbrausend, aber Sgäile wusste, dass sie sich dazu entschließen konnte, ihm zu vertrauen. Das hatte sie schon einmal getan.
Léshil hatte noch nicht den Mantel übergestreift, und der Wind zerrte an seinem abgetragenen Hemd. Sein skeptischer Blick ging zwischen Magiere und Sgäile hin und her, und Chap kam noch etwas näher.
Der Majay-hì knurrte leise. Dann hob er die Schnauze, sah Léshil an und bellte einmal.
Léshil atmete tief durch. »Na schön! Aber wir brauchen auch Gehstöcke.«
Er streckte die Hand aus und griff nach den Augenbinden. Magiere stützte die Hände in die Hüften und wandte sich ab, erhob aber keine Einwände mehr.
Sgäile schluckte und blickte auf Chap hinab.
»Ich muss auch mit ihm spreche n … allein«, sagte er.
»Mit Chap?«, fragte Léshil. »Worüber?«
»Mir ist klar, dass er eben seine Zustimmung gegeben hat«, sagte Sgäile. »In der Zeit, die wir miteinander verbracht haben, ist mir aufgefallen, wie viel er versteht. Und dass er bei all diesen Dingen eigene Gründe und Ziele hat.«
Magiere warf einen Blick über die Schulter, ging aber mit keinem Wort darauf ein, dass Sgäile gerade eingeräumt hatte, Chaps besondere Natur zu verstehen. Léshil verzichtete ebenfalls auf einen Kommentar und rollte Decken und Schlafsäcke zusammen.
Sgäile trat zu einigen Kiefern und bedeutete Chap, ihm zu folgen. Mit dem Rücken zum Lager sank er auf ein Knie und wartete, bis Chap vor ihm stehen blieb.
»Hör mich an«, flüsterte Sgäile. »Deine Artgenosse n … oder jene, die deinen Körper mit dir teile n … Sie schützen mein Volk seit grauer Vorzeit. Ich führe Léshil über diesen Weg, weil ich es versprochen habe, aber ich weiß nicht, warum wir hier sind. Wenn du möchtest, dass er den Weg fortsetz t – das scheint deinem Wunsch zu entsprechen, wenn ich dich nicht falsch verstanden hab e – , so behindere mich nicht bei meiner Aufgabe. Schwör es mir!«
Chap drehte den Kopf und sah an Sgäile vorbei zu seinen Gefährten. Als sein Blick zu Sgäile zurückkehrte, zitterte seine Schnauze ein wenig. Schließlich blinzelte er und bellte einmal.
Sgäile hatte dies oft genug erlebt, um zu wissen, was es bedeutete. Er seufzte erleichtert.
»Ich danke dir.«
Er stand auf und blickte in Richtung der terrassenförmigen Vorberge, konzentrierte sich dabei auf den niedrigsten Gipfel und erkannte ihn als alten, erodierten Vulkankegel. Aus der Ferne gesehen unterschied er sich nicht von all den anderen Gipfeln.
Chap war schon wieder im Lager, als Sgäile sich umdrehte und zurückging.
Chane wusste nicht, wie viele Nächte vergangen waren. Durch die Königskette stapften sie nach Osten, durch Täler und Schluchten. Sie kletterten über Bergsättel und marschierten über Pässe, die an steilen Gipfeln vorbeiführten. Nur wenn der Himmel vor ihnen hell zu werden begann, hielten sie inne, schlugen rasch das Lager auf und krochen in den Schutz der Zelte, um den Tag im
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