Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)
ergriff sie fest an einem Arm.
Chane trat einen Schritt näher, aber Wynn schüttelte den Kopf. Erz-Locken zog sie durch den Zugang des großen Raums in den Tunnel, und Schatten folgte ihnen. Niemand versuchte, die Hündin aufzuhalten, aber Wynn bemerkte, dass Chuillyon sie mit zu viel Interesse beobachtete.
»Bitte wartet drinnen«, wandte sich Erz-Locken an die Wächter vor dem Eingang. Als sie den Raum betreten und die Tür geschlossen hatten, wandte er sich Wynn zu. »Welche Nachricht ist so wichtig, dass mein Bruder eine kleine Weise den ganzen Weg von Calm Seatt hierherschickt?«
Er war so nahe, dass Wynn seinen Atem roch: staubig, und gleichzeitig feucht. Die meisten Zwerge trugen Bärte, aber Erz-Locken war sauber rasiert. Sein Mund war ein breiter Schlitz, wie bei Splitter, aber die dunklen Augen ähnelten denen von Hochturm. Irgendwie gelang es Erz-Locken, noch einschüchternder zu wirken als Splitter und Hochturm, und das war alles andere als leicht.
Wynn stand einem der geheimnisvollen Steingänger gegenüber.
Hundert Fragen lagen ihr auf der Zunge, und die wichtigste von ihnen betraf die Texte. Darauf würde er bestimmt nicht antworten, und deshalb wählte sie andere Worte.
»Ein Problem in Eurer Familie.« Sie zögerte und überlegte. »Euer Bruder bittet Euch, so bald wie möglich Eure Mutter zu besuchen.«
Der Ärger verschwand aus Erz-Lockens Gesicht, doch es entstanden neue Falten in seiner Stirn.
»Ein Problem? Und warum sollte Hochturm …« Er unterbrach sich und atmete tief durch. »Ist mein Bruder zurückgekehrt? Das kann nicht sein.« Er schüttelte den Kopf. »Was ist mit meiner Mutter geschehen, und mit …«
Die beiden letzten Worte des Satzes lauteten vermutlich »meiner Schwester«, aber Erz-Locken sprach sie nicht aus.
»Warum sollte meine Mutter, oder ausgerechnet meine Schwester , der weit entfernten Gilde eine Nachricht schicken?«, fragte er. »Warum sollten sie sich nicht direkt an mich wenden?«
Er unterbrach sich erneut, als wüsste er die Antwort.
»Weil Euch bisher niemand an diesem Ort erreichen konnte«, sagte Wynn. »Es ist nicht ganz einfach, oder?«
»Und weiter? Worin besteht das Problem?«
Wynn schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Hochturm bittet Euch darum, zu Eurer Mutter und Eurer Schwester zu gehen.«
»Und das ist alles? Die Nachricht enthält keine Einzelheiten?«
Wynn begriff, wie dünn und fadenscheinig dies klang, aber sie durfte nicht riskieren, die Lüge zu erweitern. Oder ausgerechnet meine Schwester, hatte Erz-Locken gesagt. Was meinte er damit?
Splitter hatte sich vehement allen Versuchen widersetzt, ihren älteren Bruder nach Hause zu holen. Erz-Locken schien zu glauben, dass sie auf keinen Fall bereit gewesen wäre, ihm eine Mitteilung zu schicken. Vor der geschlossenen Tür ging er gedankenverloren auf und ab, und schließlich wandte er sich wieder Wynn zu. Seine Züge verhärteten sich, als schien er dem Überbringer die Nachricht zu verübeln.
Dann wirbelte Erz-Locken um die eigene Achse, stieß die Tür auf und streckte die Hand aus, befahl der jungen Weisen mit dieser Geste, in den Raum zurückzukehren. Als sie eintraten, wartete die Herzogin auf sie und versperrte ihnen den Weg.
»Ist die Nachricht überbracht?«, fragte Reine.
»Das ist sie«, sagte Erz-Locken, bevor Wynn antworten konnte.
»Tristan!«, rief die Herzogin.
Der Hauptmann kam zu ihr. »Ja, Hoheit?«
»Bring die Weise und ihre Begleiter zum Markt zurück«, sagte sie, und als der Hauptmann nickte, wandte sie sich Wynn zu. »Du hast die Aufgabe erfüllt, die dir dein Domin gegeben hat. Jetzt kannst du heimkehren.«
Die letzten Worte liefen auf einen Befehl hinaus. Die beiden anderen Leibwächter näherten sich Chane und führten ihn hinaus, während die Türwächter zu ihren Posten zurückkehrten. Wynn zögerte und stellte fest, dass sich die Herzogin nicht von der Stelle rührte.
»Kehrt Ihr nicht ebenfalls zum Markt zurück?«, fragte sie.
Reine musterte sie von Kopf bis Fuß und trat dann zu dem Elfen und Erz-Locken.
Chane richtete einen fragenden Blick auf Wynn, als sie den Raum zusammen mit Schatten verließ, schwieg aber.
Hauptmann Tristan deutete durch den Tunnel, in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Ein langer Weg lag vor ihnen.
Wynn kochte innerlich, als die Eskorte Chane, Schatten und sie auf dem Markt zurückließ. Zu so später Stunde hielt sich kaum mehr jemand in der Höhle auf. Die meisten Verkaufsstände waren geschlossen oder
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