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Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Titel: Dhampir: Steinerne Flut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb Hendee , J. C. Hendee
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Schließlich breitete sich ein dumpfes Brummen in der Menge aus, bis jemand um eine weitere Geschichte bat.
    Daraufhin erwachte Habgier aus seiner Starre.
    Er beugte sich vor und starrte den Dichter an, als auch andere Stimmen erklangen und eine weitere Geschichte erbaten. Schließlich warf er als Bezahlung ein kleines Silberstück auf den Boden. Doch dann bat auch er um eine weitere Geschichte und behauptete, er sei mit dem Wert des Gekauften nicht zufrieden.
    Der Dichter nickte zustimmend und ließ das Silberstück auf dem Boden liegen.
    Vater-Zunge begann mit einer dritten Geschichte.
    Er sang und trug ein Versepos vor, und es endete mit fünf Limerick-Quintetten, die so lustig waren, dass selbst Habgier ein- oder zweimal kurz lächelte.
    Vater-Zunge schwieg und wartete.
    Habgier schüttelte die beunruhigende Berührung längst vergessener Fröhlichkeit ab. Erneut beugte er sich vor, zu der Behauptung bereit, auch diesmal nicht zufrieden zu sein. Doch der Jubel der Menge ließ ihn zögern. Einige von ihnen warfen sogar Münzen, die sie kaum entbehren konnten.
    Habgier wollte nicht als undankbar gelten, aber es ärgerte ihn, zu sehen, dass sich der Vagabund von der Aussicht auf gute Entlohnung noch immer völlig unbeeindruckt zeigte. Außerdem verlangte es ihn nach mehr Geschichten, und umso besser, wenn er sie mit einer größeren Schuld der Zuhörer ihm gegenüber verbinden konnte. Er hob seinen kleinsten Geldbeutel, mit einem Betrag, der nur wenig über den seiner letzten Bezahlung hinausging. Als der Dichter nickte, warf er den Beutel auf den Boden.
    Vater-Zunge begann mit seiner vierten Geschichte.
    Im Verlauf des Morgens und Nachmittags wiederholte sich das Ritual des Kaufens und Bezahlens immer wieder. Mit jedem Lied, jedem Gedicht und jeder Geschichte wurde der Dichter müder und sagte, an diesem Tag könne er nicht noch mehr erzählen.
    Die Bewunderung des Publikums war immer mehr gewachsen, im gleichen Maße wie Habgiers Ärger.
    Bei jedem Zögern des Dichters erhöhte er sein Angebot, wenn auch widerstrebend, bis das nächste Erzählen begann. Die Diener des falschen Thänæ , ihm durch Schulden verpflichtet, wurden von Söldnern bewacht losgeschickt, damit sie mehr Münzen und Edelsteine aus Habgiers Schatz holten. Die Leute wunderten sich, aber Habgier wusste, dass sie zu dumm und arm waren, um zu verstehen, was er beabsichtigte.
    Brauch und Tradition geboten, dass Bezahlungen zuerst vom Empfänger berührt werden mussten.
    Ohne Diener, Begleiter und Lasttiere blieb dem Dichter gar nichts anderes übrig, als den größten Teil seines neu gewonnenen Reichtums zurückzulassen. Es lagen bereits so viele Münzen und Edelsteine auf dem Boden, dass er sie unmöglich allein tragen konnte. Und wenn Habgier alle seine Geschichten gehört hatte, würde er darüber frohlocken, wie wenig der Dichter mitnehmen konnte – was der Dichter zurücklassen musste, fiel an ihn zurück.
    Als der Abend dämmerte, hielt Vater-Zunge mitten in einer Geschichte inne.
    Ein enttäuschtes Murmeln ging durchs Publikum, aber Vater-Zunge schüttelte den Kopf und meinte, er sei müde, hungrig und durstig. Bevor sich Habgier beschweren konnte, versicherte der Dichter, dass er am kommenden Tag weitererzählen würde, aber nicht vorher.
    Daraufhin gab der falsche Thänæ nach, und um seinen Kauf zu schützen, postierte er Wächter vor dem Begrüßungshaus, in dem der Dichter übernachtete.
    Am nächsten Morgen erzählte Vater-Zunge weiter, und so ging es sieben Tage lang.
    Oft berichtete er von fernen Orten und Ereignissen, von denen noch niemand etwas gehört hatte, von in diesem Seatt längst vergessenen Vorfahren. Es waren wundersame Geschichten, manche von ihnen Furcht einflößend und geheimnisvoll, und die Gesichter der Zuhörer zeigten Ehrfurcht und auch Sehnsucht.
    Wenn der Abend dämmerte, hörte der Dichter jedes Mal mitten in der Geschichte auf, an der schönsten Stelle des Lieds oder beim ergreifendsten Vers eines Gedichts. Wenn es Morgen wurde, eilten alle zum Amphitheater, und dort wartete Vater-Zunge bereits auf sie, begleitet von den Wächtern.
    Nicht einmal rührte er die auf dem Boden liegenden Münzen und Edelsteine an. Nicht mit einem Zeh und erst recht nicht mit dem Finger. Er hätte sich etwas nehmen können, denn zumindest einen Teil hatte er sich mit seinen bisherigen Erzählungen verdient. Die Haufen waren so groß geworden, dass er nicht einmal einen von ihnen forttragen konnte.
    Am neunten Tag beendete

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