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Dhampir

Dhampir

Titel: Dhampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Hendee
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junge Weise.
    Chap trat dort in eine Mulde, wo eben noch ein großer, dichter Bisselbeerenstrauch gewesen war. Im gleichen Augenblick summte und knisterte es wieder in Wynns Kopf.
    Nur um den Pflanzen die Berührung durch die Meinen zu nehmen, den Schatten ihres Willens, den sie auf diesem Teil der Welt zurückgelassen haben. So wie ich die Teile nahm, die dir nach dem Leben trachteten.
    Inzwischen hatte sich Wynn daran gewöhnt, die mehrsprachigen Worte zu verstehen, obwohl noch immer Übelkeit damit verbunden war. Der dunkle Anführer des Rudels folgte Chap durch die Barriere, und Wynn und Seerose schlossen sich ihm an. Hinter ihnen kam der Rest des Rudels.
    Aus dem Morgengrauen wurde Tag, und Chap führte sie weiter durchs Dickicht. Voller Ehrfurcht beobachtete Wynn, wie er biss und leckte, die Vegetation dadurch schrumpfen ließ. Die Sonne stand fast senkrecht über den Baumwipfeln, als der letzte Dornenstrauch vor Chap zurückwich. Wynn trat hinter ihm an einigen großen Farnen vorbei, deren Blätter über ihren Kopf hinwegragten.
    Vor ihnen erstreckte sich eine Lichtung mit smaragdgrünem Gras. Hier und dort zeigten sich Ansammlungen von schwammigem Moos. Mitten auf der Lichtung wuchs ein Wohnbaum, eine Ulme, so groß und breit wie die Eichen und Zedern in Crijheäiche. Neben dem Eingang standen ein Stuhl und ein Korb mit weißen Klumpen. Mehrere Schritte hinter dem Baum plätscherte ein kleiner Bach über die Lichtung.
    An seinem Ufer saß eine schlanke Frau auf einem weißen Safrankissen. Sie kehrte den Neuankömmlingen den Rücken zu und bemerkte sie nicht.
    Heller Sonnenschein machte ihr Haar fast weiß – in langen Zöpfen reichte es über eine goldbraune Schulter. Der schimmernde Umhang war bis zu den Hüften herabgelassen. Mit einem hellbraunen Filzlappen in der einen schmalen Hand wusch sich die Frau.
    Wynn glaubte, auf dem Rücken Reste von Narben zu erkennen, als hätte sie dort vor langer Zeit die Krallen eines Tieres zu spüren bekommen.
    Die Majay-hì schlichen wachsam auf die Lichtung, und Chap trat zögernd durchs Gras.
    Die Frau hielt inne und drehte sich halb um. Das weißblonde Haar glitt ihr von der Schulter und schwang über den Rücken. Sie legte den Filzlappen beiseite und zog den Umhang hoch. Chap bellte plötzlich und lief los, und die Frau stand abrupt auf. Sie war noch größer, als Wynn vermutet hatte.
    Diese Elfe war ganz anders als jene, die Wynn bisher gesehen hatte, sowohl in diesem Land als auch auf ihrem Heimatkontinent.
    Ihr Gesicht war dreieckig wie das aller Elfen, aber es wies keine Kanten auf, nur sanfte Wölbungen. Die Haut wirkte makellos, abgesehen von den Narben auf dem Rücken. Die weißblonden Brauen sahen aus wie flaumige Federn über den großen bernsteinfarbenen Augen. Eine lange, schmale Nase endete über einem kleinen Mund, der ein wenig dunkler war als die Haut.
    Die Frau mutete wie eine unwirkliche Erscheinung an.
    »Chap?«, fragte sie.
    Er eilte zu ihr und rieb sich ein wenig zu ungestüm an ihren Beinen. Die Frau ging in die Hocke, zögerte kurz und hielt ihm dann die Hand unter die Schnauze. Chap drehte den Kopf, wodurch ihm die Hand mit den langen Fingern übers Gesicht strich.
    Dies war Leesils Mutter: Nein’a beziehungsweise Cuirin’nên’a, wie ihr Volk sie nannte.
    Es fiel Wynn schwer, eine Anmaglâhk in ihr zu sehen, eine Spionin und Assassinin, ganz zu schweigen von einer Verräterin an ihrer Kaste und ihrem Volk. Und Nein’a schien nicht gefangen zu sein.
    Schließlich sah sie Wynn an. Überraschung huschte über ihr Gesicht, und einen Moment später richtete sie einen misstrauischen Blick auf den Waldrand. Die Majay-hì schwärmten auf der Lichtung aus und schnüffelten unbesorgt, was die Frau zu beruhigen schien.
    Wynn näherte sich vorsichtig und fragte sich, welcher Empfang sie erwartete.
    Nein’a richtete sich auf und musterte die junge Weise.
    »Wie kommt ein Mensch hierher?«, fragte sie auf Belaskisch. »Und wo hast du diesen Hund gefunden?«
    Wynn glaubte, ein leichtes Zittern in Nein’as Stimme zu hören.
    »Ich bin mit Chap gekommen«, antwortete sie. »Und mit Leesil. Er ist bei deinem Volk und hat die Absicht, dich zu befreien.«
    Nein’a blinzelte, und ihre Züge verhärteten sich. »Das ist nicht möglich. Die An’Cróan würde ihn nicht bei sich dulde n … und dich ebenfalls nicht, Mädchen!«
    Mit so kalten, scharfen Worten hatte Wynn nicht gerechnet. Lag es vielleicht daran, dass Nein’a so lange allein gewesen

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