Dhampir
sie den Nasenrücken der Weisen und strich ihr mit zwei Fingern über den Kopf.
Ein dumpfes Knurren erklang.
Der Anführer des Rudels starrte sie an. Eine Menschenfrau, die zwei Majay-hì berührte. Mit einem Klacken seiner Zähne wandte er sich ab und lief den Hang hinauf. Nach kurzer Zeit folgte ihm das Rudel, bis auf die stahlgrauen Zwillinge, die noch etwas blieben und das Trio neugierig beobachteten.
»Was geschieht hier?«, fragte Wynn.
Seerose zog den Kopf unter Wynns Hand weg, lief ein Stück, blieb dann stehen und wartete. Chap grollte und zog an Wynns Ärmel. Ihr blieb gar nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.
»Ich habe dich rufen gehört«, sagte sie. »Ich habe gehört, wie du Nein’a gerufen hast.«
Chap sah in ihr besorgtes Gesicht.
Er hatte Nein’as Namen für den Hirsch gerufen, und irgendwie hatte Wynn mit ihrer mantischen Wahrnehmung seine Stimme vernommen. Das letzte Gespräch mit den Seinen hatte sie ebenfalls gehört, dabei aber keine einzelnen Worte verstanden.
Chap seufzte tief. Hierfür hatte er keine Zeit.
Wynn hatte sich mit ihrer mantischen Gabe erneut in Schwierigkeiten gebracht. Chap fragte sich, wie viele Probleme ihm diese kleine Frau noch bereiten würde.
Wynn folgte Chap und den Majay-hì so schnell, wie ihre kleinen Beine sie trugen.
Vermutlich hatte Chap irgendwie durch das Rudel von Nein’a erfahren, aber wie weit war Leesils Mutter entfernt? Hatte der Älteste Vater Nein’a in der Nähe von Crijheäiche untergebracht, in der Nähe der Anmaglâhk? Oder hatte er es für besser gehalten, sie an einem Ort zu verstecken, wo sie keinen Einfluss auf ihr Volk nehmen konnte?
Der dunkle alte Majay-hì ganz vorn war außer Sicht geraten, und der Abstand zu den anderen wuchs immer mehr. Wynn hatte sieben gezählt, abgesehen von Chap, und jetzt sah sie nur noch drei. Chap blieb immer wieder hinter den anderen zurück, damit Wynn nicht den Anschluss verlor, und Seerose begleitete ihn. Vor ihnen liefen die beiden Stahlgrauen.
Ohne ihre mantische Sicht musste Wynn mindestens einen von ihnen im Auge behalten; andernfalls wäre sie dem Einfluss des Waldes erlegen und hätte sich verirrt. Doch ihre Kehle war bereits trocken, und sie bekam kaum mehr Luft. Müde blieb sie stehen, beugte sich vor und keuchte.
»Chap!«, rief sie. »Warte, Chap!«
Er kehrte zu ihr zurück und drehte den Kopf nervös hin und her.
»Ic h … kann dieses Tempo nicht halten«, stieß Wynn hervor und schnappte nach Luft.
Von der Weißen kam ein Heulen, das selbst Chap überraschte. Als es verklang, holte sie Luft, um noch einmal zu heulen. Die beiden Stahlgrauen machten sofort kehrt, und kurz darauf kam auch der Anführer mit dem Rest des Rudels.
Wynn beobachtete, wie sich der alte Rüde näherte, die Zähne halb gefletscht und ein drohendes Funkeln in den Augen. Die Weiße hatte Chap vielleicht überzeugt, aber das Oberhaupt des Rudels begegnete Wynn noch immer mit ausgeprägtem Misstrauen. Weiter hinten ahmte ein junger Silberner das Verhalten des Anführers nach.
Chap wandte sich der Weißen zu, und ihre Köpfe berührten sich. Seerose lief zum Anführer, und wieder kam es zu einem Kopfkontakt. Das dunkle Oberhaupt zuckte zur Seite, knurrte laut und schnappte nach der Weißen. Aber sie knurrte ebenfalls, zeigte die Zähne und wich nicht zurück. Chap gesellte sich ihr hinzu und ließ Wynn allein zurück.
Ein schlaksiger Rüde mit heller Brust hob den Kopf und schnaubte.
Chap blieb reglos stehen, als die Weiße seinen Kopf mit dem ihren berührte. Einen Augenblick später heulte sie wieder.
Es klang wie ein klagender Ruf, der weit durch den Wald hallte. Der dunkle Anführer knurrte.
Chap kehrte zu Wynn zurück, und sein finsterer Blick wirkte sehr vertraut. Wie bei jener Gelegenheit, als sie zugegeben hatte, ihn beim Gespräch mit den Seinen gehört zu haben. Er legte den Kopf auf die Seite und musterte sie mit elterlichem Missfallen.
»Ich bin nicht als Erste weggelaufen«, verteidigte sich Wynn.
Chap grollte tief in der Kehle, und seine Pfoten bewegten sich so, als wollte er sie tief in den Boden bohren.
Neue Übelkeit erfasste Wynn.
Zwischen ihren Schläfen knisterten Blätter, lauter und deutlicher als beim letzten Mal.
D u … reites t … mit uns.
Die Übelkeit spielte plötzlich keine Rolle mehr. Wynn verstand nur diese wenigen Worte, war aber so überrascht, dass sie den Atem anhielt und blinzelte.
Das Knistern verschwand aus ihren Gedanken, und fast kummervoll ließ Chap die
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