Diablo III: Sturm des Lichts (German Edition)
Tür gekommen, und die unzähligen fehlgegangenen Versuche lehrten mich eine wichtige Lektion: Nur ein wahrer Nephalem besitzt den Schlüssel, diese Pforte zu öffnen.
Der Gelehrte setzte sich, während unzählige Gedanken durch seinen Kopf rasten. Die Tür war auf irgendeine Weise gesichert, so viel war klar. Ebenso offensichtlich war, dass Korsikk einen Weg auf die andere Seite gefunden hatte und dass die Kräfte eines Nephalem dabei eine wichtige Rolle gespielt hatten. Cullen seufzte. Vielleicht konnten Shanar oder Zayl den Schlüssel finden? Doch er war kein Nephalem-Krieger, und es war ausgeschlossen, dass er diesen Schutzzauber durchbrach.
Rufe und Waffengeklirr hallten jenseits des Bogens; die Schlacht verlagerte sich immer weiter auf ihn zu. Cullen blätterte noch einmal durch die Seiten, und seine Augen huschten panisch über die kleine verworrene Schrift. Irgendetwas musste dort stehen, dachte er, ein Zauber, ein Spruch, irgendetwas … doch er fand einfach nichts, und die letzten Seiten hinter der Zeichnung waren leer. Er musste alles noch einmal überdenken, das Problem von einer anderen Warte aus betrachten. Vielleicht lag der Schlüssel gar nicht in einer besonderen Fähigkeit oder einem Zauber?
Vielleicht war der Schüssel ja physischer Natur?
Die Idee traf ihn wie ein Blitz, und nachdem er mit zitternden Fingern einmal mehr seinen Rucksack durchsucht hatte, zog er schließlich den uralten Dolch hervor, den sie im Nephalem-Tempel auf dem Berg gefunden hatten. Eine merkwürdig geformte Waffe, keine Frage, mit einer breiten, stumpfen Klinge, die nicht in einer Spitze endete, sondern eckig war – eigentlich taugte der Dolch überhaupt nicht als Waffe.
Doch vielleicht als Schlüssel.
Als Cullen die Finger um den juwelenbesetzten Griff schloss, spürte er eine Energie, die tief im Innern des rätselhaften Dolches vibrierte. Sie wärmte seine Hände und wanderte seine Arme hinauf wie ein lebendiges Wesen, das mit sanften Kiefern sein Fleisch umschloss. Der Griff fühlte sich auf eine Weise vertraut an, die er nicht erklären konnte. Plötzlich begann die Tür in einem unheimlichen Rhythmus zu pulsieren, und dann stiegen Bilder in Cullens Geist empor: sein Vater, ein Bauer, der von morgens bis abends auf den Feldern arbeitet, ein abweisender, kalter Mann, enttäuscht von seinem bücherverliebten Sohn; seine Mutter, deren Antlitz stets von Liebe für ihn erfüllt ist; die Bibliothek, wo er während seiner frühen Jahre unzählige Stunden verbringt …
Die Erinnerungen lösten sich auf in einzelne Momente, die er selbst nie erlebt hatte, doch dennoch wie selbstverständlich wiedererkannte – Tausende und Abertausende von Momenten, die er durch die Augen eines anderen sah, während dieser lebte und liebte, kämpfte und starb. Die Bilder rasten schneller und schneller durch sein Haupt, bis sie miteinander verschmolzen, sich zu jener Leinwand über die Geschichte der Alten verwoben, von der er in den Schriften der Horadrim gelesen hatte – die Nephalem, die diese Lande einst bevölkert hatten, als Sanktuario noch jung gewesen war. Doch es war nicht so, wie es in den Büchern stand: Es war so, als blicke er direkt durch ihre Augen.
Cullen schob den flachen Dolch in den Schlitz, bis die Klinge darin verschwand. Es klickte, und der Gelehrte drehte den Schlüssel nach rechts, der Wölbung des Kreises folgend.
Eine Woge von Energie strömte auf ihn ein, und beinahe wäre er gestürzt, doch er ließ den Dolch nicht los, selbst dann nicht, als der Ansturm weiter anschwoll und er sich fühlte, als verschlänge ihn ein reinigendes Feuer und verbrenne ihn zu Asche. Er stellte sich der unsichtbaren Woge entgegen mit seiner eigenen Energie, die tief aus seinem Innern entsprang, von Sekunde zu Sekunde stärker wurde, nach außen strahlte und seinen Gliedern Kraft schenkte. Er hatte das Gefühl, zu schreien, doch er war sich nicht sicher, ob er es wirklich tat. Die Welt wurde grau, und dann explodierte sie in einem gleißenden, alles verschlingenden Weiß, begleitet von einem sanften beständigen Summen, das nicht unangenehm war, sondern seine Seele erfüllte mit Licht.
Als Cullen wieder zu sich kam, durchströmte ihn ein Gefühl von Frieden und Stärke, wie er es nie zuvor gespürt hatte. Er hielt den Schlüssel noch immer mit beiden Händen, doch die Tür stand nun einen Spalt breit offen. Vorsichtig zog er den Dolch zurück, worauf die Tür aufschwang, und dahinter wurden Stufen sichtbar. Stufen, die tiefer und
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