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Diabolus

Diabolus

Titel: Diabolus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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auf kein unnötiges Risiko ein. Becker war ein bewegtes Ziel. Bei einem Schuss auf die mittlere Partie des Opfers war der horizontale und vertikale Streubereich für einen Treffer weitaus größer. Die Risikobegrenzung hatte sich gelohnt. Das Ziel hatte sich im allerletzten Moment bewegt. Anstatt den Kopf des Opfers zu verfehlen, hatte Hulohot die Seite getroffen. Es war nur ein relativ harmloser Streifschuss, aber der Zweck war erfüllt. Der Kontakt war hergestellt. Das Opfer war markiert, der Tod hatte es gezeichnet. Ein völlig neues Spiel begann. Becker stürmte voran, lief um Kurven, wechselte die Richtung, mied die geraden Gassen. Hinter ihm hallten die gnadenlosen Schritte des Verfolgers. Beckers Hirn war völlig leer. Wo er war, wer ihn verfolgte - es spielte keine Rolle. Es gab nur noch den Instinkt und den Selbsterhaltungstrieb, keinen Schmerz, nur noch die aus der Angst geborene rohe Energie der Überlebensreaktion. Ein Schuss ließ eine Azulejo-Wandfliese in tausend Stücke zerplatzen. Ein Splitterregen prasselte in Beckers Nacken. Er warf sich in eine nach links abgehende Gasse. Inzwischen tat ihm die Seite weh. Er hatte Angst, an den weiß getünchten Wänden eine Blutspur zu hinterlassen. Er spähte nach einer offenen Tür, einem unverschlossenen Tor, einem Fluchtweg aus den erstickenden Häuserschluchten. Nichts. Die Gasse wurde noch enger. 

    »jSocorro!« Beckers Ruf verhallte ungehört. 

    »Hilfe!« Rechts und links traten die Wände näher heran. Eine Kurve. Becker hielt Ausschau nach einer Kreuzung, einer Seitengasse. Die Gasse verengte sich noch mehr. Verschlossene Tore. Noch enger. Verschlossene Türen. Die Schritte kamen näher. Die Gasse streckte sich, stieg plötzlich an, wurde steiler. Becker spürte die Anstrengung in seinen Beinen. Er wurde langsamer. Und dann ging es nicht mehr weiter. Die Gasse hörte einfach auf - wie wenn beim Bau einer Autobahn das Geld ausgeht. Eine hohe Wand, davor eine hölzerne Bank, sonst nichts. Es gab kein Weiterkommen. Drei Stockwerke senkrecht über sich sah Becker die Dachtraufe. Er fuhr herum, wollte die lange Gasse zurückrennen. Nach ein paar Schritten blieb er wie angewurzelt stehen. Am Fuß der Steigung war eine Gestalt aufgetaucht. Der Mann kam in gemessener Entschlossenheit auf Becker zu. Eine Pistole schimmerte im Morgenlicht in seiner Hand. Während Becker sich wieder zur Wand zurückzog, überkam ihn eine plötzliche Klarheit. Mit einem Mal wurde ihm seine schmerzende Seite bewusst. Er berührte die Wunde. Als er hinuntersah, waren seine linke Hand und der Finger mit Ensei Tankados goldenem Ring blutverschmiert. Er hatte ganz vergessen, dass er den Ring angesteckt hatte und weshalb er in Sevilla war. Verwundert betrachtete er das eingravierte Schriftband. Hatte Megan deshalb sterben müssen? Musste er deshalb sterben? Er sah auf und blickte der näher kommenden Gestalt entgegen. Wie ein Schatten kam sie die Gasse herauf. Becker sah ringsum nur Mauern, und hinter ihm ging es nicht mehr weiter. Ein paar vergitterte Hauseingänge lagen noch zwischen ihm und seinem Mörder. Für Hilferufe war es zu spät. Becker presste den Rücken gegen das tote Ende der Gasse. Er konnte plötzlich jede Unebenheit im Putz der Mauer, jedes Sandkorn unter den Sohlen spüren. Seine Erinnerung raste zurück in seine Kindheit, zu seinen Eltern . . . zu Susan. Oh Gott . . . Susan. Zum ersten Mal seit seiner Kindheit begann Becker zu beten. Er betete nicht um die Erlösung vom Tod, denn an Wunder glaubte er nicht. Er betete, die Frau, die er hinterließ, möge die Kraft haben, ohne den Schatten eines Zweifels daran zu glauben, dass er sie geliebt hatte. Er schloss die Augen. Die Erinnerungen schlugen über ihm zusammen wie eine Sturmflut. Es waren keine Erinnerungen an Verwaltungskram, Fachschaftsitzungen und all das, was neunzig Prozent seines Lebens ausmachte. Es waren Erinnerungen an Susan, an einfache Dinge - wie er ihr gezeigt hatte, mit Stäbchen zu essen, eine Segeltörn an Cape Cod. Ich liebe dich, dachte er. Das musst du wissen . . . für immer und ewig. Jede Fassade, jedes unreife Gehabe seines Lebens war von ihm abgefallen. In der Sterblichkeit seines Fleisches stand er nackt vor dem Antlitz Gottes. Mit geschlossenen Augen erwartete er den näher kommenden Mörder mit der Nickelbrille. Irgendwo in der Nähe begann Glockengeläut. In seiner selbst gewählten Dunkelheit wartete Becker auf den Knall, der seinem Leben ein Ende setzen würde.  

KAPITEL 89
    Die

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