Diagnose negativ
bekannten Kohler-Gebirge entlang der Küste wäre ohnehin nicht viel zu sehen gewesen, auch wenn wir die starke Eisdecke nahe der Küste durchstoßen hätten. Möglich wäre es gewesen, da wir für solche Zwecke Spezialwaffen an Bord hatten. Ich hielt es aber keinesfalls für erforderlich, einen möglichen Gegner auf uns aufmerksam zu machen.
Dafür sah ich mir auf den Bildschirmen der Unterwasser-Relieftaster die vor uns liegende Tiefseeküste an. Das Boot stand auf tausendfünfhundert Meter. Wenn ich an den draußen herrschenden Wasserdruck dachte und an das Schicksal, das Dr. Fabulin ereilt hatte, fühlte ich mich nicht besonders wohl in meiner Haut.
Die steil ins Meer abfallenden Hänge lagen etwa drei Seemeilen vor uns. Hier unten gab es kein Eis. Selbst der mächtigste Eisberg konnte uns nicht mehr gefährlich werden. Außerdem maßen wir Wassertemperaturen, die nicht einmal unter dem Gefrierpunkt lagen.
Die Wärmetaster wiesen sogar an einer Stelle über fünfzehn Grad Celsius aus. War das noch die vielgerühmte und vielgefürchtete Antarktis? Unter Wasser schien sich die ganze Welt zu verändern.
In der Navigationszentrale dominierte der kreisförmige Impulstisch, wie er von den U-Bootleuten genannt wurde. Ähnlich dem erdgebundenen Radarsystem gab es hier maßstäblich genaue Elektronik-Tasterkarten, die nach dem jeweiligen Standort des Bootes ohne menschliches Zutun einprojiziert wurden. Das System wirkte kompliziert, doch war es dafür von einer solchen Präzision, daß ich nur staunen konnte.
Nefroth tippte mit einer Zirkelspitze auf einen rotmarkierten Punkt. An dieser Stelle hatte der Unterwassertaster auf die vorher eingestellten Zieldaten angesprochen. Der grüne Leuchtpfeil wies mit der Spitze auf diesen Punkt.
»Der Hols-Graben, Sir, Ostende. Wassertiefe bei Rotpunkt eintausendneunhundertachtundneunzig Meter genau. Hier ist die Stelle, wo wir bei dem Vulkanausbruch, oder was immer es gewesen war, die Quelle der Wärmestrahlung festgestellt haben. Die dreidimensionale Punktauswertung ergibt, daß sich ›Rot‹ im genauen Mittelpunkt jener steil abfallenden Felswand befindet, die den Hols-Graben nach der Küste zu praktisch abschließt. Eine seltsame Formation, Sir. Ich bin seit Jahren in der militärischen Tiefseeforschung, aber so etwas habe ich noch nicht gesehen. Bodenschluchten sind zumeist zerrissen, geschlängelt und außerdem ausgesprochen uneben. Hier kann man allerdings den Eindruck gewinnen, als hätte man mit einem Knallgasgebläse in einen Berg aus Butter geschnitten.«
Die umstehenden Offiziere erlaubten sich ein verhaltenes Grinsen. Der Vergleich mochte für ihre Begriffe absurd klingen, für die unseren aber nicht.
TS-19 wandte heftig den Kopf. Wenn mich nicht alles täuschte, hatte er soeben den gleichen Gedanken.
Knallgasgebläse, Berg aus Butter – diese Worte hatten sich förmlich in mein Gehirn eingebrannt. Übergangslos sah ich die marsianischen und denebischen Energiegeschütze vor mir. Beide Konstruktionen hatten wir auf dem Mond vorgefunden. Diese Waffen gab es aber auch in den »Fliegenden Scheiben«, wie wir die seltsamen Raumschiffe der Venusier nannten.
»So etwas haben wir schon einmal gesehen, nicht wahr!« sagte ich zu TS-19. »Denken Sie an die Mondeinsätze!«
Der Kollege nickte. Die Gesichter der Navigationsoffiziere wurden ernst.
»Wie meinen Sie, Sir?« fragte Nefroth offenbar beunruhigt. »Ich verstehe kein Wort.«
»Seien Sie froh«, lenkte ich ab. Dann dachte ich jedoch daran, daß es nicht angebracht war, den Kommandanten in völliger Ungewißheit zu
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