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Diagnose zur Daemmerung

Diagnose zur Daemmerung

Titel: Diagnose zur Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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normalen Klamotten fühlte ich mich schon wesentlich wohler zwischen den Leuten. Dann erklang ganz hinten auf dem Markt eine vertraute Stimme.
    »Wer von euch hat nicht schon den bösen Blick auf sich gespürt? Wie lange wollt ihr noch riskieren, dass euch jemand ein Übel anhängt?«
    Ich ging direkt auf Olympio zu, der verstohlen winkte, um mir zu signalisieren, dass er mich gesehen hatte. So kurbelte er also an den Wochenenden das Geschäft an, wenn die Klinik geschlossen war. Plötzlich zeigte er mit dem Finger auf mich. »Du da! Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen!«
    Das war eigentlich gar nicht so falsch – einen Geist aus meinem früheren Leben. Ich zog eine Grimasse. »Hab letzte Nacht nicht geschlafen.«
    »Der curandero kann dir eine Kerze geben. Zünde sie an, dann schläfst du wie ein Baby. Er vertreibt auch die Geister aus deinem Umfeld.«
    »Kann er mir auch Stilnox verschreiben?«, fragte ich bissig.
    Stöhnend wandte Olympio sich ab. Irgendetwas hier roch stark nach Knoblauch – vielleicht etwas auf dem Grill? Ich atmete tief ein und sah mich prüfend um. Der Rest der Menge ignorierte Olympio. Entweder musste keiner von ihnen von irgendwelchen Geistern befreit werden, oder sie kannten Olympios Masche schon zur Genüge. Mit einem tiefen Seufzer ließ der Junge die Fassade fallen und kam zu mir herüber. »Mann, ich hoffe nur, diese Leute laufen alle der Eselsfrau über den Weg. Mir täte es nicht leid, wenn sie all diese Ungläubigen auffrisst«, erklärte er mit erhobener Stimme. Die Leute ignorierten ihn trotzdem. Er verdrehte die Augen.
    Jetzt war er mir so nah, dass ich den Knoblauchgeruch zuordnen konnte. Es war sein Atem. Ganz eindeutig sein Atem. Ich lehnte mich ein wenig nach hinten. »Sag mal, Olympio … was hattest du zum Frühstück?«
    »Gar nichts. Aber ich habe letzte Nacht mit einer Knoblauchknolle unter dem Kopfkissen geschlafen. Und heute Morgen fünf rohe Zehen gegessen.«
    »Ist dir mal der Gedanke gekommen, dass die Leute vielleicht deswegen nicht auf deine Bemühungen reagieren?«
    Irritiert runzelte er die Stirn. »Du warst es doch, die mir erzählt hat, hier gäbe es Vampire.«
    Mahnend hob ich einen Finger. »Von hier war nie die Rede. Ich habe nur gesagt, in dieser Stadt.«
    »Das ist doch Jacke wie Hose.«
    Diesen Spruch konnte ich nicht ausstehen; er zerrte genauso an meinen Nerven wie die Tatsache, dass Olympio sich an die Sache mit den Vampiren erinnerte. Insgeheim hatte ich gehofft, die Schatten würden unser Gespräch aus seinem Gedächtnis löschen, aber anscheinend waren sie zu sehr damit beschäftigt gewesen, den Leuten die Erinnerung an mich zu nehmen, bei denen ich es nicht gewollt hätte. »Außerdem wirkt Knoblauch bei Vampiren sowieso nicht.«
    »Aber Silber und Kreuze schon?« Ironisch zog er eine Augenbraue hoch. Offenbar war ihm jedes Argument recht.
    »Ich habe ein Monster erschaffen«, stellte ich trocken fest.
    »Du hast versprochen, dass du mir heute mehr davon erzählst.«
    »Hier?« Demonstrativ musterte ich die Menschenmenge, die uns umgab.
    Er folgte meinem Blick und grunzte frustriert. »Dann eben später. Aber heute noch, ja?«
    »Alles klar.«
    Olympio reckte stolz das Kinn. »Hey, willst du mich nicht fragen, ob ich etwas über eure Klinik gehört habe? Dein Doktor war vorhin hier und hat mich ausgequetscht.«
    »Er ist nicht mein Doktor«, protestierte ich schnell, spürte aber, wie meine Wangen rot wurden.
    »Wann seid ihr denn mit der Klinik fertig? Am Montag?«, fuhr Olympio ungerührt fort. Glück gehabt!
    »Weiß nicht, könnte sein.«
    »Ich will mich nicht auch noch unter der Woche auf den Markt stellen müssen. Mir gefällt es besser, wenn die kranken Leute sich alle an einem Ort versammeln. Vor der Apotheke wäre auch gut, aber der Besitzer scheucht mich immer weg. ›Hausieren verboten‹, schreit er dann«, beschwerte sich Olympio und äffte den indischen Akzent nach, den der Apotheker offensichtlich hatte.
    »Tja, also, heute werden wir noch streichen. Falls Dr. Tovar nicht schon alles allein erledigt hat, wenn ich komme.« Das würde zu ihm passen – um fünf Uhr morgens anzufangen und die ganze Arbeit allein zu machen, bevor die Freiwilligen auftauchten.
    Olympio nickte. »Lass es mich wissen, wenn ihr noch Hilfe braucht. Por dinero, versteht sich.« Verständnislos starrte ich ihn an. »Gegen Geld«, erklärte er mir.
    »Verdammt, ich glaube ja nicht einmal, dass ich dafür bezahlt werde. Mir müssen wohl die

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