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Diagnose zur Daemmerung

Diagnose zur Daemmerung

Titel: Diagnose zur Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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Farbdämpfe zu Kopf gestiegen sein, als ich mich freiwillig gemeldet habe.«
    Olympio lachte, dann zeigte er auf etwas hinter meinem Rücken. Als ich mich umdrehte, hatte Hector mich bereits erreicht. »Aaaah, sieh an, Schwester Spence. So erpicht darauf, den Tag zu beginnen?«
    »So ungefähr«, murmelte ich, und wir gingen los.
    Er trug ein dunkelgrünes Arbeitshemd und Jeans. Irgendwie war es komisch, so neben ihm herzulaufen, wenn er sein Tweedjackett nicht anhatte. Einige Leute auf dem Markt sagten ihm, wie leid ihnen die Sache mit der Klinik tue; andere warfen mir finstere Blicke zu. Ich ertappte mich dabei, wie ich nach Gesprächsthemen suchte, die nichts mit Vampiren zu tun hatten.
    »Was war das eigentlich gestern wegen diesem Zehnten?«
    Hector seufzte. »Du gibst wohl nicht so schnell auf, was?«
    »Manche Leute sagen, das sei ein Teil meines ganz persönlichen Charmes.«
    »Wer sagt das?«, hakte er mit einem kläglichen Lächeln nach.
    »Manche eben«, schoss ich zurück. »Vielleicht sind die aber auch verrückt … jedenfalls: der Zehnte?«
    »Okay, okay.« Er wedelte mit den Armen, damit ich aufhörte. »Du hast mich mürbegemacht. Die Drei Kreuze richten in einem ehemaligen Lagerhaus eine neue Kirche ein, ungefähr drei Kilometer von hier entfernt.«
    »Und ich gehe mal davon aus, dass Montalvo kein Katholik ist.«
    Hector schüttelte den Kopf. »Nein. Er glaubt an Santa Muerte. Was ich normalerweise auch nicht verurteilen würde – wenn die Menschen bei ihr Trost finden, werde ich ihnen den nicht nehmen. Gott weiß, wir kriegen hier sowieso viel zu wenig davon. Wenn ihnen der Glaube hilft und sie das Gefühl haben, die normale Kirche halte nichts für sie bereit, ist mir ganz egal, wo sie ihn ausleben. Das ist immer noch besser als Drogen oder Alkohol. Aber diese Erpressung, die stört mich gewaltig. Wenn dein Priester gleichzeitig ein Gangleader ist, kann das kein gutes Zeichen sein. Montalvo ist nicht das, was er zu sein vorgibt.« Der Arzt wurde langsamer, und ich passte mich seinem Tempo an.
    »Wie gut kennst du ihn denn?«, fragte ich.
    »Wie kommst du darauf, dass ich ihn kennen würde?« Hector blieb nun stehen und sah mich fragend an.
    »Durch diese Liebesbotschaften an den Wänden der Klinik. Es sei denn, natürlich, so etwas hinterlässt er für jeden …« Bedeutungsschwer ließ ich den Satz ausklingen. Und dann waren da noch die Kreuztattoos und die Vampirbisstätowierungen, aber das hier ging darüber hinaus. Außerdem sprach Hectors Miene Bände – plötzlich wurde mir einiges klar. »Mir scheint er ein Mann zu sein, der tut, was er will, und sich nimmt, was er will. Wollte er, dass du stirbst, dann wäre das schon geschehen.« Ich unterbrach mich, um kurz nachzudenken. Dann fuhr ich fort: »Also muss er etwas von dir wollen. Was wiederum nahelegt, dass zwischen euch eine Beziehung besteht.«
    Sein Blick verriet mir, dass ich einen Nerv getroffen hatte. Ich beschloss aufs Ganze zu gehen, von der Vampirsache mal abgesehen. »Was wird am Siebzehnten passieren, Hector?«
    Sein Gesicht verfinsterte sich noch mehr, und er ließ den Kopf hängen. »Tut mir leid, Edie, aber darüber möchte ich nicht sprechen.« Er setzte sich wieder in Bewegung, und schweigend gingen wir weiter.
    Wenigstens versuchte er diesmal nicht, mir einzureden, ich sei verrückt. Und natürlich fiel mir auf, dass er keine meiner Vermutungen abgestritten hatte.

Kapitel 17
     
    Die Freiwilligen, die vor mir angekommen waren, hatten bereits die nächste Wand in Angriff genommen. Es waren mehrere Schichten Farbe nötig, damit die leuchtenden Kunstwerke richtig überdeckt wurden, und auch wenn ich wusste, dass wir sie schon aus Prinzip (und natürlich weil sie von einer Gang stammten) übermalen mussten, schien es doch irgendwie schade zu sein, sie zu vernichten.
    Dann dachte ich an den zerfetzten Behandlungstisch in Behandlungszimmer eins, was mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholte. Er warnte eindringlich davor, dass jeder, der hier arbeitete oder als Patient herkam, genauso aufgeschlitzt werden konnte.
    Hector hatte Atemschutzmasken und einen Ventilator mitgebracht, den wir in einer Ecke aufbauten, auch wenn er nicht viel bewirkte. Zusätzlich ließen wir die Vordertür offen, und während wir eine Schicht nach der anderen auftrugen, kamen vereinzelt Leute herein, um zu helfen.
    Trotz der vielen Arbeit wurde ich schnell schläfrig. Hoffentlich machte sich Jorgen diese nächtlichen Besuche jetzt nicht zur

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