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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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Samuji-Yasutake, dem Sproß einer anderen von den Ninja hochverehrten Familie. Es ist zu vermuten, daß es weitere, noch ausführlichere Schriften gibt, die dem breiten Publikum nicht bekannt sind. Nach diesen Anleitungen läßt sich die verlorengegangene Kunst durchaus wiederbeleben.«
    Der Inspektor schwieg, doch ihm war anzusehen, daß er an eine solche Möglichkeit nicht glaubte. Überhaupt hatte Fandorin den Eindruck, daß das Gespräch über die Shinobi Asagawa wenig interessierte. Oder war das japanische Zurückhaltung?
    »Also«, zog Fandorin ein vorläufiges Resümee, wobei er den Inspektor aufmerksam ansah, »vorerst haben wir nur sehr wenig in der Hand. Wir wissen, wie der mutmaßliche Mörder von Kapitän Blagolepow aussieht. Erstens. Doch wenn dieser Mann die Kunst der Shinobi beherrscht, kann er vermutlich auch sein Äußeres verändern. Wir haben zwei gleiche Fingerabdrücke. Zweitens. Aber ob man damit jemanden identifizieren kann, wissen wir nicht. Bleibt noch drittens: Der Wirt des ›Rakuen‹. Sagen Sie, Asagawa-san, hat Ihre Beschattung etwas ergeben?«
    »Ja«, antwortete der Japaner ungerührt. »Wenn Sie mit der Erläuterung Ihrer Hypothese fertig sind, berichte ich mit Ihrer Erlaubnis über die Ergebnisse unserer Arbeit.«
    »Ich b-bitte darum.«
    »Vergangene Nacht verließ Semushi um zwei Uhr sechzehn das ›Rakuen‹ durch die Hintertür, die meine Agenten zuvor entdeckt hatten. Auf der Straße verhielt er sich sehr vorsichtig, doch unsere Leute sind erfahren, und der Bucklige bemerkte sie nicht. Er ging zum Godaún der Gesellschaft ›Sakuraya‹ im Fukushima-Viertel.«
    »Was ist ein G-dodaún?«
    »Ein Lagerhaus, ein Speicher«, erklärte Lockstone rasch. »Weiter, weiter! Was hat er da gemacht? Wie lange blieb er dort?«
    Asagawa holte ohne Eile eine mit Kritzeleien bedeckte kleine Schriftrolle hervor und fuhr mit dem Finger über die Spalten.
    »Semushi blieb vierzehn Minuten im Godaún. Was er dort tat, wissen die Agenten nicht. Als er herauskam, folgte ihm einer meiner Männer, der andere blieb da.«
    »Richtig.« Fandorin nickte und wurde verlegen – der Inspektor beherrschte sein Handwerk offenkundig und konnte auf die Billigung des Vizekonsuls verzichten.
    »Nach weiteren sieben Minuten«, fuhr Asagawa im selben ruhigen Ton fort, »verließen drei Männer den Godaún. Ob sie aus Satsuma waren oder nicht, ist unbekannt, denn sie sprachen nicht miteinander, doch einer von ihnen hielt den linken Arm an die Seite gepreßt. Der Agent ist sich nicht ganz sicher, aber er hatte den Eindruck, daß der Arm verkrüppelt war.«
    »Der Krüppelarm!« rief der Sergeant. »Warum haben Sie das nicht früher gesagt, Go?«
    »Ich heiße Goemon«, korrigierte ihn der Japaner, der auf seinen Namen offenbar mehr Wert legte als Fandorin, ließ die Frage jedoch unbeantwortet. »Der Agent drang in den Godaún ein und nahm eine Durchsuchung vor, bemüht, nichts zu verändern. Er fand drei wunderbar gearbeitete Katanas. Eines davon hatte einen ungewöhnlichen Griff – er war mit Schleifpapier beklebt …«
    Nun redeten alle drei Zuhörer durcheinander.
    »Das sind sie! Jawohl!« Twiggs klatschte in die Hände.
    »Verdammt!« Lockstone schleuderte seine Zigarre beiseite. »In den Erdboden sollst du versinken, verfluchter Geheimniskrämer!«
    Fandorin äußerte denselben Gedanken, nur deutlicher.
    »Und das sagen Sie erst jetzt? Nachdem wir eine g-geschlagene Stunde Ereignisse des sechzehnten Jahrhunderts erörtert haben?«
    »Sie sind der Vorgesetzte, wir die Untergebenen«, sagte Asagawakühl. »Wir Japaner sind zu Disziplin und Subordination erzogen. Zuerst spricht der Ältere, dann die Jüngeren.«
    »Hören Sie, in welchem Ton er das sagt, Rusty?« Der Sergeant warf Fandorin einen Blick zu. »Das ist es, weshalb ich sie nicht mag. Mit Worten sind sie höflich, aber dabei haben sie nichts anderes im Sinn, als uns als Trottel hinzustellen.«
    Der Japaner sagte knapp, wobei er nach wie vor nur Fandorin ansah: »Um zusammenzuarbeiten, muß man einander nicht unbedingt lieben.«
    Fandorin mochte es ebensowenig wie Lockstone, als Trottel hingestellt zu werden, und sagte deshalb sehr kühl: »Ich nehme an, Inspektor, das sind alle Fakten, die Sie uns mitteilen wollten.«
    »An Fakten ist das alles. Aber es gibt außerdem Vermutungen. Wenn die für Sie von Wert sind, dann würde ich mit Ihrer Erlaubnis …«
    »Nun reden Sie schon, verdammt noch mal! Ziehen Sie es nicht in die Länge!« explodierte nun auch

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