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Diamantenschmaus

Diamantenschmaus

Titel: Diamantenschmaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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Asche eines oder einer Toten einen Diamanten
wachsen zu lassen, um keinen verfrühten Aprilscherz, sondern ein ernst zu
nehmendes Alternativoffert der Beerdigungsbranche zur herkömmlichen
Urnenbestattung handelte, war er richtig neugierig geworden.
    »Bitte eines nach dem anderen«, beruhigte er den aufgeregt
plappernden Florian. »Erkläre mir das Ganze noch einmal. Und schön langsam, die
Version für schwer Begriffsstutzige, o. k.?«
    Mit einem Schlag beruhigte sich der junge Polizist.
»Entschuldige«, meinte er nach einer kurzen Schweigephase, »aber die Geschichte
hat mich so gepackt, dass …«
    »Ist ja gut«, Palinski winkte ab. »Du brauchst dich nicht zu
entschuldigen.« Er legte dem jungen Kollegen begütigend die Hand auf die
Schulter. »So, und jetzt möchte ich endlich erfahren, was da eigentlich los
ist.«
    Florian atmete zweimal tief durch und begann danach langsam,
fast wie zum Mitschreiben, zu dozieren. »Ein Diamant besteht zu
100 Prozent aus Kohlenstoff. Klar?«
    Offenbar wartete er auf irgendeine Art Zustimmung Palinskis,
da er erst fortfuhr, nachdem sein Chef ein kurzes Kopfnicken angedeutet hatte.
    »Die Asche eines Kremierten hat einen Anteil von rund 30
Prozent Kohlenstoff, aus dem sich auf synthetischem Weg ein Diamant herstellen
lässt, der als Urnenersatz dienen oder zu einem Schmuckstück verarbeitet werden
kann. Klar?«
    Wie es schien, hielt ihn der hoffnungsvolle Jüngling für
einen Idioten, sonst würde er wohl nicht dauernd dieses enervierende ›Klar?‹
von sich geben, ärgerte sich Palinski. Dennoch deutete er erneut mit einem
knappen Nicken Verständnis an.
    »Soweit ich dem Internet entnehmen konnte«, fuhr sein Adlatus
fort, »gibt es mehrere Verfahren, die ein wenig voneinander abweichen. Die
Amerikaner haben’s erfunden, die Russen nachgemacht und die Schweizer und
Deutschen irgendwie weiterentwickelt. Gemeinsame Grundlage aller Verfahren ist,
dass sich das hexagonale Grafit der Kremationsasche bei sehr hohem Druck, etwa
50.000 bis 60.000 Bar, und einer Temperatur von 1.500 bis 1.700 Grad
Celsius in die kubische Diamantenstruktur umwandelt.«
    Palinski war vom Fachwissen Florians überwältigt und wollte
eben fragen, woher … als ihn das etwas verspätete ›Klar?‹ wie ein
Keulenschlag traf.
    »Jetzt ist aber genug«, fuhr er seinen Assistenten
an, »wenn du nicht mit diesem blöden ›Klar?‹ aufhörst, sind wir geschiedene
Leute. Ich bin doch nicht deppert. Schwer von Begriff vielleicht, manchmal,
aber deppert nicht.«
    »Entschuldige, Mario.« Florian schien echt erschrocken zu
sein. »Das war nicht meine Absicht. Klar?«
    Plötzlich mussten beide herzlich lachen und das wirkte
ungemein befreiend.
    »Woher weißt du das alles?«, wollte Palinski wissen. »Nur für
den Fall, dass ich selbst einmal nachforschen möchte.«
    »Die Quellen sind vor allem aus Wikipedia und die technischen
Beschreibungen von den verschiedenen Anbietern, die man über die Suchmaschinen
finden kann.«
    »Und das funktioniert?«, so leicht war der Chef des Instituts
für Krimiliteranalogie nicht zu überzeugen. »Gibt es irgendwelche Belege
dafür?«
    »Abgesehen davon, dass unter anderem auch das größte
Bestattungsunternehmen in Wien die Diamantbestattung anbietet, wird dich
vielleicht das hier überzeugen.«
    Während er sprach, war Florian auf die Seite eines
großen Internetversteigerungshauses gegangen und suchte nach der ›Einmaligen
Rarität für den Fan des Boxsportes‹, über die er früher am Tage durch Zufall
gestolpert war.
    »Hier«, er deutete auf eine bestimmte Stelle am Monitor, »der
Frank-Bielevetz-Diamant.« Das ›Schnäppchen‹ war inzwischen bei 1.412 Euro
angelangt. Noch immer nicht gerade das Gelbe vom Ei. »Wenn das kein Beweis
ist«, meinte Florian.
    »Das ist ja ein Wahnsinn«, stöhnte Palinski auf, nachdem er
sich selbst überzeugt hatte. »Das eröffnet einen völlig neuen Markt. Wenn man
wirklich Diamanten aus der Asche seiner Lieben machen kann, wird wahrscheinlich
der Markt für in der Natur gefundene Steine bald zusammenbrechen.«
    »Das eher nicht«, widersprach Florian und klang dabei leicht
keck. Ja, fast ein wenig überheblich. Ganz so wie jemand, der es besser wusste,
weil er noch ein Ass im Ärmel hatte.
    »Die Herstellung synthetischer Diamanten kostet wesentlich
mehr als ein vergleichbares Stück aus der freien Wildbahn. Die Kosten liegen
irgendwo zwischen 4.000 und 15.000 Euro.« Er schüttelte den Kopf. »Also die
Gefahr sehe ich nicht.

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