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Diamantenschmaus

Diamantenschmaus

Titel: Diamantenschmaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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auf dieser Welt.
    Vor allem freute sie sich darauf, endlich auch dieses Fest
veranstalten zu können, das ihr seit dem Tod Pippis vor nunmehr fünf Jahren
vorschwebte. Eine würdige Feier, um diesem geliebten Wesen jenen Abschied zu
ermöglichen, den es verdiente.
    Sie grübelte darüber nach, wann das Festl steigen sollte, und
entschied sich für Donnerstagabend, also übermorgen. Es blieb ihr genug Zeit,
sich zu überlegen, wen sie zu diesem … na ja, man konnte wohl von einem
späten Leichenschmaus sprechen, einladen sollte.
    Da war zunächst einmal Bernie als Fixstarter. Und natürlich
dieser nette junge Mann von der Stiege 4, der bei dieser Frau auf Stiege 1
wohnte. Der musste unbedingt kommen, er war so ein dankbarer Esser. Es war die
reinste Freude, ihm zuzusehen, wie er sich vollstopfte. Der arme Kerl, die
Frau, bei der er wohnte, schien diesbezüglich überhaupt nicht auf ihn zu
schauen. Bestimmt war sie eine von diesen selbstsüchtigen Em…, En…, Enzymen,
oder wie man diese wild gewordenen Weiber heute nannte.
    Na egal, nur gut für Oma Hermine, wenn er sich bei ihr
wohlfühlte. Das sicherte ihr seine häufige Gegenwart.
    Nicht zuletzt musste sie natürlich überlegen, und das war das
Wichtigste überhaupt, was es aus diesem Anlass alles zu essen geben sollte.
Immerhin wollte sie sich nicht blamieren, sondern sichergehen, dass es den
Gästen bei ihr gefiel. Pardon, bei ihr und Pippi.
    Das mit der Einladung Bernies wollte sie sich nach einigem
Nachdenken noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Ob es gut war, diesen
hochintelligenten Mann von der Viererstiege mit ihm zusammenzubringen? Ihr
Enkel war schon ein lieber Kerl, aber sehr … einfältig.
    Voll Eifer und Vorfreude stürzte sich Hermine Wurminzer in
die Planung dieses für sie so wichtigen Abends.

     
    *
    Nach Absolvierung des rituellen Smalltalks
zwischen den beiden Männern meinte Juri Malatschew in eher ruppigem Ton: »Und
wann kommst du endlich zur Sache? Du glaubst wohl auch, du chast die Uhr und
ich die Zeit. Und deswegen sollten wir uns zusammentun.«
    Er lachte dröhnend auf und schlug mit seiner Mehlspeisgabel
eine dicke Schneise in die verängstigte Topfenschnitte auf dem Teller vor ihm.
    »Was man in diesem Land alles aus cyp macht,
köstlich«, anerkannte er voll des Lobes mit ebensolchem gefüllten Mund. »Dabei
ist das«, er schmatzte leicht vor sich hin, »bloß Frischkäse, simpler Quark
oder Topfen, wie man bei euch sagt. Schmeckt cherrlich. Wenn ich nur an den
Strudel denke oder gar an diese Palatschinken. Fantastisch.«
    Palinski, der diese rhetorisch-kulinarischen Exkurse seines
Gegenübers gleichsam kannte und fürchtete, verzog das Gesicht.
    Falls er Pech und der sture Juri Lust dazu hatte, konnte er
sich jetzt auf stundenlange Tiraden des Mannes aus Kasan über die Vorzüge der
Wiener Küche einstellen. Vielleicht sollte er den Russen einmal zum Essen zu
Frau Wurminzer mitnehmen. Ja, das war eine gute Idee.
    Aber Malatschew schien heute auf Kooperation setzen zu wollen
und tat Palinski den Gefallen, von sich aus auf den Punkt zu kommen.
    »Übrigens Gratulation, ich chabe gehört, dass man dich in die
Sonderkommission berufen hat, die auf diese verschwundene Countrysängerin
angesetzt wird«, lobte er nach einem kurzen, sehr befriedigt klingenden
Rülpser, mit dem er wohl anzeigen wollte, die Nahrungsmittelaufnahme vorerst
abgeschlossen zu haben.
    »Diese … Gitti, nein, Childe Forderberg ist das
weibliche Pendant zu dem trällernden Weltmeister der Eisstockschützen, diesem
Franzi Rückschauer. Oder? Wieso diese Menschen nicht singen lernen, wenn sie es
schon unbedingt vor Zeugen tun müssen?«
    Palinski verzichtete bewusst darauf, sich auf eine Diskussion
zu diesem Thema einzulassen. Einerseits kannte er sich zu wenig mit der
volkstümlichen Musik aus, andererseits hatte er weder Zeit noch Lust auf einen
stundenlangen fruchtlosen Diskurs mit Juri. Er begnügte sich daher mit einem
kurzen Nicken des Kopfes.
    »Das Problem, das wir von der SOKO mit diesem Fall haben,
ist, dass es kein plausibles Motiv für die Entführung Hildi Forderbergs gibt«,
wagte sich Palinski nun forsch in medias res. »Oder besser ausgedrückt, es
kommen eine ganze Menge Motive infrage. Die Bandbreite reicht von Entführung
zwecks Erpressung bis hin zur Möglichkeit, dass sich die junge Frau einfach
etwas Auszeit nehmen und das mit entsprechender Publicity verbinden wollte.«
Gedankenverloren wollte er in der Nase bohren, nahm aber gerade

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