Diamantenschmaus
nicht.
Seltsam, wie sehr sie alle sich inzwischen daran gewöhnt
hatten, sich auf Palinski zu verlassen.
Doch konnte man das ja wirklich. Dass es auch Mario hin und
wieder zu viel wurde, war nur zu verständlich, dachte sie, bereits wieder
versöhnlicher gestimmt.
Aha, da war ein Foto des falschen Palinski. Sehr gut, endlich
eine echte Chance, auch bei diesem Dauerbrenner einen Schritt weiterzukommen.
Was stand da auf der Rückseite? Der … Gesuchte
hat … wer immer das geschrieben hatte, besaß eine absolut unleserliche
Handschrift. Das letzte Wort schien ›Narbe‹ zu bedeuten.
Sie holte eine starke Lupe aus der Schreibtischlade und
betrachtete das Foto nochmals. Ja, Narbe schien zu stimmen, die war in der
Vergrößerung klar und deutlich auf der Stirn des Mannes zu erkennen.
Mit einem derartigen unveränderlichen Merkmal war der Kerl
wahrscheinlich leicht zu identifizieren.
Daraufhin veranlasste Franka alles Notwendige, damit
sämtliche Polizeidienststellen, die an der landesweiten Fahndung nach dem
Scheißkerl beteiligt waren, der sich seit Monaten für Mario Palinski ausgab,
eine Kopie des Fotos erhielten.
So, und nun musste sie nur noch danach trachten, den echten
Mario zu sprechen, ihn zumindest ans Telefon zu bekommen. Sie wusste hingegen,
dass er bei dieser SOKO für die verschwundene Volksmusiksängerin, wie hieß die
Frau noch gleich, dabei war. Aber einige Minuten für ein paar Auskünfte zum
Fall Lesonic würde Palinski hoffentlich erübrigen können.
*
Die Wurminzer
war doch tatsächlich auf der Bank im Hof gesessen und hatte ihn abgepasst. Da
war sich Palinski völlig sicher. Warum sonst war die alte Frau seit mindestens
zehn Minuten vor acht da gehockt? War sofort aufgestanden und gegangen, nachdem
er mit ihr gesprochen hatte?
Hatte den Hund, diese dicke, kurzbeinige,
mitleiderregende Kreatur, zärtlich unter den Arm geklemmt und ihn die Stiegen
hinaufgetragen.
»Die Stufen sind für Drafi einfach zu hoch«, hatte
sie verlegen lächelnd erklärt, als Palinski ihr höflichkeitshalber die Türe zur
Stiege 3 aufgehalten hatte.
Dass sie schon so früh da gewesen war, wusste er ganz genau,
weil er auf die Uhr gesehen hatte, als er der Frau erstmals ansichtig geworden
war.
Dabei hatte es bis zum frühen Morgen wie aus Schaffeln
geschüttet [31] und selbst die betonierten Wege im Hof zeigten noch feuchte Flecken. Sicher war
auch die Sitzfläche der Bank noch nicht ganz trocken gewesen, als sie darauf
Platz genommen hatte, obwohl inzwischen wieder die Sonne schien.
Dass es für die Wurminzer so wichtig zu sein schien, ihn bei
diesem komischen Essen dabeizuhaben, war ja irgendwie rührend, gleichzeitig
auch beängstigend.
Also gut, er hatte für morgen Abend zugesagt. Wenn sie sich
solche Mühe gab, sollte das honoriert werden. Nein, heute ging es auf keinen
Fall, hatte er ihr klargemacht, es gab einfach wahnsinnig viel zu tun.
Allerdings würde er es sich morgen sicherlich irgendwie einteilen können.
Er musste ihr bei dieser Gelegenheit unbedingt klarmachen,
dass das mit dem Schlemmen nicht so weitergehen konnte und dass er den Schmäh
mit dem ›Ehrengast‹ sehr wohl durchschaut hatte, obwohl er sich in gewisser
Weise durchaus geehrt fühlte. Doch vor allem schmeckte es einfach köstlich bei
ihr.
Genau das war der springende Punkt. Die Wurminzer kochte so
gut, dass ihm nach einer Woche Essen mit Hermine, wie er die Fressorgien
euphemistisch für sich nannte, nichts mehr passen würde.
Ach endlich, das Taxi war beim Bundeskriminalamt angelangt.
Palinski zahlte, stieg aus und steuerte das Büro von Chefinspektor Helmut
Wallner an.
Als er kurz nach 9 Uhr erschien, wurde er bereits dringend
mit zwei aktuellen Nachrichten erwartet, die in Verbindung mit dem Raub der
Leiche des Kammersängers Boreskov standen.
Erstens hatte ein Internetspezialist des BK im Laufe der
Nacht herausfinden können, dass es sich bei einem Posten im Angebot des größten
Online-Auktionärs ohne Zweifel um einen Edelstein handeln musste, der mit
Konstantin Boreskov in Verbindung zu stehen schien.
Natürlich war das Angebot so geschickt spezifiziert und
dadurch völlig harmlos zu interpretieren, dass man niemanden direkt darauf
festnageln konnte. Aber wenn man wusste, wonach man zu suchen hatte, war die
Botschaft eindeutig und das Ergebnis hieb- und stichfest.
Da der Kammersänger, soweit bekannt, abgesehen von kleineren
medizinischen Problemen zu Lebzeiten keinerlei Steine sein Eigen genannt
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