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Diamond Age - Die Grenzwelt

Titel: Diamond Age - Die Grenzwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Wahlspruch in zehn Meter hohen Buchstaben: H ALTET DIE P RINZIPIEN DER L EHRE M AOS UND G ONZALOS IN E HREN !
    Das Tor wurde, wie immer, von zwei zwölfjährigen Kindern mit roten Halstüchern und Armbinden bewacht, die uralte Schlagbolzengewehre mit echten Bajonetten an die Brust hielten. Ein blondes weißes Mädchen und ein dicklicher asiatischer Junge. Bud und sein Sohn Harv hatten manch müßige Stunde mit Versuchen verbracht, diese Kinder zum Lachen zu bringen: sie hatten alberne Grimassen geschnitten, kurz ihre nackten Ärsche gezeigt, Witze erzählt. Nichts war je von Erfolg gekrönt. Aber das Ritual hatte er gesehen: Sie würden ihm den Zutritt mit den Gewehren versperren und ihn erst einlassen, wenn er der Mao-Gonzalo-Doktrin ewige Treue geschworen hatte, und dann -
    Ein Pferd oder etwas, das nach dem ungefähren Schema konstruiert war, kam im Trab die Straße entlang. Seine Hufe erzeugten nicht die klappernden Geräusche von Hufeisen. Bud kapierte, daß es sich um ein Chevalin handelte - ein vierbeiniges Roboterding.
    Der Mann auf dem Chev war Afrikaner in ausgesprochen farbenfroher Kleidung. Bud erkannte das Muster des Stoffs und wußte, ohne erst nach der Narbe zu sehen, daß es sich um einen Ashanti handelte. Kaum hatte er Bud gesehen, schaltete er einen Gang hoch in gestreckten Galopp. Er wollte Bud den Weg abschneiden, bevor er Sendero erreichen konnte. Und er war noch zu weit entfernt für die Schädelkanone, deren winzige Geschosse eine enttäuschend kurze Reichweite hatten.
    Bud hörte ein leises Geräusch hinter sich, wirbelte herum und spürte, wie etwas an seine Stirn klatschte und haftenblieb. Einige weitere Ashanti hatten sich barfuß an ihn herangeschlichen.
    »Sir«, sagte einer von ihnen. »Ich würde Ihnen den Einsatz Ihrer Waffe nicht empfehlen, es sei denn, das Geschoß soll in Ihrer eigenen Stirn detonieren. Klar?« Damit lächelte er breit, mit gewaltigen, makellos weißen Zähnen, und griff sich selbst an die Stirn. Bud hob die Hand und spürte etwas Hartes auf der Haut seiner Stirn, direkt über der Schädelkanone.
    Das Chev trabte wieder und kam auf ihn zu. Plötzlich wimmelte es überall von Ashanti. Er fragte sich, wie lange sie ihm schon auf den Fersen gewesen waren. Alle hatten ein wunderschönes Lächeln aufgesetzt. Alle hatten kleine Geräte in den Händen, die sie auf das Pflaster gerichtet hielten, Zeigefinger an den Läufen, bis der Typ auf dem Chev ihnen anderslautende Befehle gab. Dann schienen plötzlich alle auf ihn gerichtet zu sein.
    Die Projektile blieben auf seiner Haut und der Kleidung haften, platzten seitlich auf und spulten meterweise eine gewichtslose filmartige Substanz ab, die klebenblieb und sich zusammenzog. Eines traf Bud am Hinterkopf, eine Lage der filmartigen Substanz wirbelte um seinen Kopf und Hüllte ihn ein. Die Masse war etwa so dick wie eine Seifenblase, weshalb er ziemlich gut durchsehen konnte – und sie hatte ihm ein Lid nach oben geklebt, weshalb ihm gar nichts anderes übrigblieb, als zu sehen -, und alles hatte jetzt das großartige Regenbogenfunkeln von Seifenblasen. Der gesamte Zellophanierungsvorgang dauerte etwa eine halbe Sekunde, und dann kippte der in Plastik mumifizierte Bud Gesicht voran um. Einer der Ashanti hatte Mitleid genug, ihn aufzufangen. Sie legten ihn auf die Straße und drehten ihn auf den Rücken. Jemand schnitt mit der Klinge eines Taschenmessers durch den Film über Buds Mund, damit er wieder atmen konnte.
    Mehrere Ashanti machten sich an die Aufgabe, Handgriffe an der Folie zu befestigen, zwei an den Schultern, zwei unten an den Knöcheln, während der Mann von seinem Chev abstieg und sich über ihn kniete.
    Dieser Reitersmann hatte mehrere deutliche Narben auf den Wangen. »Sir«, sagte der Mann lächelnd, »ich beschuldige Sie der Verletzung mehrerer Artikel des Gemeinschaftlichen Ökonomischen Protokolls, welche ich zu einem angemesseneren Zeitpunkt zu spezifizieren gedenke, und nehme Sie hiermit fest. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, daß jeder derart Festgenommene im Falle versuchten Widerstands - der - ha! ha! - in Ihrem Falle momentan nicht sehr wahrscheinlich erscheint, was mich freilich nicht von der Pflicht entbindet, darauf hinzuweisen - mit tödlichen Gegenmaßnahmen zu rechnen hat. Da diese Parzelle einem Nationalstaat gehört, der das Gemeinschaftliche Ökonomische Protokoll anerkennt, haben Sie das Recht, sich jede mögliche Anklage im Rahmen der Rechtsprechung des betreffenden Nationalstaates anzuhören,

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