Diamonds & Rust
dass sie sich irgendwo eine kleine Wohnung suchen konnte.
Immer wieder hatte sie in den letzten Wochen gegrübelt, wie es weitergehen sollte, und irgendwann war ihr der Gedanke gekommen, dass sie zwar den Job hier kündigen und ausziehen könnte, doch sich irgendwo in der Nähe eine Unterkunft suchen könnte.
Damit würde sie einen Schlussstrich unter die Sache mit David setzen, hätte aber die Möglichkeit, sich immer noch um Danny zu kümmern. Für Danny wäre es sicherlich nicht so schlimm, wenn sie nicht mehr hier im Haus wohnen würde, solange er sie sehen konnte, so oft er wollte.
Sie könnten gemeinsam etwas unternehmen, er könnte sie besuchen, und vielleicht auch ab und zu bei ihr übernachten, es würde ihm so sicherlich gut gehen.
Außerdem hätte sie dann auch immer noch Jeremy in der Nähe und würde sich nicht so allein fühlen – es war der perfekte Plan.
Konzentriert klapperte sie auf ihrem Laptop herum, vergaß völlig die Zeit, einigermaßen beflügelt von dem Gedanken, eine passable Lösung in Aussicht zu haben.
Es wurde Abend, und zusammen mit der einkehrenden Dunkelheit ballten sich draußen dicke, schwarze Wolken zusammen. Immer wieder heulten heftige Windböen ums Haus, Donner und Blitz wechselten sich in rascher Reihenfolge ab.
Unwohl schaltete Vanessa das Licht ein.
Sie warf einen kurzen, besorgten Blick aus dem Fenster, beschloss dann aber, sich von dem Unwetter nicht ablenken zu lassen, und setzte ihre Arbeit fort.
Gerade hatte sie ein längeres Kapitel beendet, las es noch einmal durch und korrigierte das ein oder andere, als plötzlich ein heftiger Donnerschlag in unmittelbarer Nähe krachte, gefolgt von einem Blitz, der über den Himmel zuckte.
In der gleichen Sekunde ging das Licht aus.
Erschrocken fuhr sie zusammen.
»Was ist denn jetzt los?«, dachte sie bestürzt, und hoffte, es würde gleich wieder hell werden.
Eine Weile saß sie da, ängstlich aus dem Fenster starrend, doch nichts geschah, der Strom blieb weg.
Sie holte tief Luft.
»Okay Vanessa, nichts passiert, es ist nur der Strom – du gehst jetzt nach unten und suchst eine Kerze«, murmelte sie vor sich hin, und versuchte, sich so Mut zu machen.
Ein wenig zitternd schob sie sich langsam zur Tür, sie konnte kaum die Hand vor Augen sehen.
Irgendwann hatte sie den Türgriff gefunden, tastete sich an der Wand entlang zur Treppe.
Ein gedämpfter Lichtschein aus dem Wohnzimmer beleuchtete die untersten Stufen, zögernd ging sie weiter.
Das Wohnzimmer war dunkel bis auf den Kamin, in dem ein gemütliches Feuer brannte und für notdürftige Beleuchtung sorgte.
David saß vor dem Kamin auf dem Boden und betrachtete gedankenverloren die züngelnden Flammen, offenbar hatte er sie nicht gehört.
Zunächst wollte sie spontan umdrehen und wieder nach oben gehen, sie hatte nicht die geringste Lust ihm zu begegnen.
Doch die Aussicht, den restlichen Abend ohne Licht in ihrem Zimmer zu sitzen, erschien ihr noch weniger wünschenswert, also nahm sie sich ein Herz und ging langsam weiter in Richtung Küche, still hoffend, dass er sie nicht bemerken würde.
»Kerzen sind hier«, hörte sie plötzlich Davids Stimme vom Kamin.
Erschrocken zuckte sie herum.
Fieberhaft überlegte sie, was sie jetzt tun sollte. Sollte sie ihn einfach ignorieren und selbst suchen? Sollte sie ohne Kerze nach oben gehen?
»Das ist albern«, dachte sie im gleichen Moment, »er wird dich nicht fressen. Du gehst jetzt einfach dahin, nimmst dir eine Kerze und bist ein ein paar Minuten wieder oben in deinem Zimmer.«
Unsicher bewegte sie sich ein Stück durchs Wohnzimmer auf den Kamin zu, blieb dann aber in gebührender Entfernung stehen.
Auf dem Tisch stand ein Glas Wein, daneben lag ein Buch, offenbar hatte er hier gesessen und gelesen, bevor der Strom ausfiel.
Er saß noch immer auf dem Boden, ihr halb zugewandt, das Hemd offen. Der Feuerschein flackerte über sein Gesicht, die spärliche Beleuchtung ließ seine Augen noch undurchdringlicher erscheinen als sonst.
Vanessa schluckte. Noch immer hatte er diese Wirkung auf sie, noch immer fühlte sie sich wie ein Magnet zu ihm hingezogen, noch immer brachte er ihr Herz zum Klopfen, noch immer würde sie am liebsten …
»Nein, nein, nein«, bremste sie vehement die Gedanken, die ihr bei seinem Anblick durch den Kopf schossen, und war froh, dass er in der Dunkelheit nicht erkennen konnte, wie sie über und über rot wurde.
»Wo?«, fragte sie schroff.
»Hier auf dem Tisch.«
Entschlossen steuerte sie auf den Tisch zu,
Weitere Kostenlose Bücher