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Diaspora

Diaspora

Titel: Diaspora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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vorbei war. Hie hob zum Zeichen des Dankes die Hand und zog dann hein Icon und heinen Blickpunkt von der Lichtung zurück.
    Vorübergehend war Yatima isoliert, ohne Landschaft, die Input-Kanäle geschlossen und allein mit heinen Gedanken. Hie wußte, daß hie das Wesen der Krümmung immer noch nicht ganz verstanden hatte – denn es gab noch Dutzende anderer Methoden, sie zu beschreiben –, aber zumindest hatte hie wieder einen Teil des Gesamtbildes erkannt.
    Dann sprang er in die Wissensminen.
    Hie traf in einem höhlenartigen Raum ein, dessen Wände aus dunklem Felsen bestanden, Aggregate aus grauen Eruptivgesteinen, tristem braunem Lehm mit rostroten Streifen. In den Boden der Höhle war ein seltsames leuchtendes Objekt eingebettet: Dutzende schwebender Lichtfunken, die von einem komplexen Muster aus ätherischen Membranen umschlossen waren. Die Membranen bildeten Nester konzentrischer Familien, dalieske Zwiebelschalen, und jede Serie kulminierte zu einer Blase um einen einzelnen Funken, gelegentlich auch zu einer Gruppe von zweien oder dreien. Während die Funken umhertrieben, folgten ihnen die Membranen, so daß kein Funke jemals seiner Umhüllung entkam.
    In gewisser Weise waren die Wissensminen nicht mehr als eine Index-Landschaft. Hunderttausende spezialisierter Abteilungen der Bibliotheksinhalte waren auf ähnliche Weise zugänglich – und Yatima hatte bereits den Stammbaum der Evolution erklommen, war im Periodensystem herumgesprungen und über die Zeitstraßen zur Geschichte der Körperlichen, Gleisner und Bürger gewandelt. Vor einem halben Megatau war hie durch die Eukaryontenzelle geschwommen, und jedes Protein, jedes Nukleotid, jedes Kohlehydrat, das durchs Zytoplasma trieb, war mit Gestalt-Etiketten versehen gewesen, die Referenzen zu allem darstellten, was die Bibliothek zum fraglichen Molekül zu sagen hatte.
    In den Wissensminen dagegen waren die Etiketten nicht nur Referenzen, sondern enthielten vollständige Aussagen über die jeweiligen Definitionen, Axiome oder Theoreme, die von den Objekten repräsentiert wurden. Die Minen waren unabhängig und vollständig, denn jedes mathematische Resultat, das jemals von Körperlichen und ihren Abkömmlingen bewiesen worden war, wurde komplett präsentiert. Die Kommentare der Bibliothek mochten hilfreich sein, aber hier waren alle Wahrheiten versammelt.
    Das leuchtende Objekt im Höhlenboden sendete die Definition eines topologischen Raums: eine Menge von Punkten (die Funken), die sich in ›offene Untermengen‹ gruppierten (die Inhalte einer oder mehrerer Membranen), die spezifizierten, wie die Punkte untereinander zusammenhängend waren – ohne daß auf Begriffe wie ›Entfernung‹ oder ›Dimension‹ zurückgegriffen wurde. Abgesehen von einer bloßen Menge ohne jede Struktur stellte es das grundsätzlichste aller möglichen Konzepte dar: den gemeinsamen Vorfahren praktisch jeder Entität, die die Bezeichnung ›Raum‹ verdiente, wie exotisch sie auch sein mochte. Ein einziger Tunnel führte tiefer in die Höhle, ein Link zu den notwendigen Grundbedingungen, und ein halbes Dutzend Tunnel führte nach draußen, in leichter Neigung ›hinunter‹ in den Felsen, um verschiedene Konsequenzen der Definition zu verfolgen. Nehmen wir an, T sei ein topologischer Raum – was folgt dann daraus? Diese Wege waren mit kleinen Edelsteinen gepflastert, von denen jeder ein Zwischenresultat des Theorems darstellte.
    Jeder Tunnel in den Minen war aus den Stufen eines wasserdichten Beweises erbaut; jedes Theorem, mochte es auch noch so tief vergraben sein, konnte zu jeder einzelnen seiner Voraussetzungen zurückverfolgt werden. Und um genau festzuhalten, was mit einem ›Beweis‹ gemeint war, benutzte jedes Gebiet der Mathematik seine eigene Sammlung formeller Systeme: Mengen von Axiomen, Definitionen und Deduktionsregeln sowie das Fachvokabular, das benötigt wurde, um Theoreme und Vermutungen präzise zu formulieren.
    Als hie Radiya zum ersten Mal in den Minen begegnet war, hatte Yatima hie gefragt, warum nicht ein nicht-bewußtes Programm auf jedes formelle System angesetzt worden war, das von den Wissenssuchern benutzt wurde, um sämtliche Theoreme automatisch zu berechnen – um den Bürgern die Mühe zu ersparen.
    Radiya hatte geantwortet: »Zwei ist eine Primzahl. Drei ist eine Primzahl. Fünf ist eine Primzahl. Sieben ist eine Primzahl. Elf ist eine Primzahl. Dreizehn ist eine Primzahl. Siebzehn ist …«
    »Hör auf!«
    »Wenn mir nicht langweilig wird,

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