Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Diaspora

Diaspora

Titel: Diaspora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
Vom Netzwerk:
mit ganzem Körper tun.« Hie lachte. »Sie sind geradezu davon besessen, keine Polis-Bürger zu werden. Sie glauben, wenn sie es wagen, den Kopf von den Schultern zu nehmen, um ein wenig Masse zu sparen, würden sie als nächstes völlig den Kontakt mit der Realität verlieren.«
    Orlando warf verächtlich ein: »In eintausend Jahren werden sie durch die Milchstraße streifen und überall ihre Duftmarken setzen, um wie pinkelnde Hunde ihr Territorium zu kennzeichnen.«
    »Das ist ungerecht!« protestierte Yatima. »Sie mögen bizarre Prioritäten verfolgen … aber sie sind dennoch zivilisiert. Mehr oder weniger.«
    »Lieber Gleisner als Körperliche da draußen«, sagte Liana. »Kann sich jemand Statische im Weltraum vorstellen? Sie hätten den Mars vermutlich längst einer Terraformung unterzogen. Die Gleisner haben den Planeten kaum berührt, hauptsächlich beobachten sie ihn nur aus dem Orbit. Sie sind keine Vandalen. Sie sind keine Kolonisten.«
    Orlando war trotzdem nicht überzeugt. »Wer ausschließlich daran interessiert ist, astrophysikalische Daten zu sammeln, braucht das Sonnensystem nicht zu verlassen. Ich habe Pläne gesehen, in denen es darum ging, ganze Welten mit sich selbst replizierenden Fabriken zu impfen, die Galaxis mit Von-Neumann-Maschinen zu überschwemmen …«
    Liana schüttelte den Kopf. »Falls solche Vorstellungen jemals ernst gemeint waren, dann höchstens in der Prä-Introdus-Ära – bevor es überhaupt Gleisner gab. Zeitgenössische Beiträge sind nicht mehr als Propaganda: Protokolle der Ältesten der Maschinenheit und ähnliches Zeug. Wir sind diejenigen, die den alten Trieben immer noch am nächsten sind. Wenn irgend jemand Mist baut und exponentiell wird, dann sind es höchstwahrscheinlich wir.«
    Andere Mittler beteiligten sich an der Debatte, die sich über Stunden hinzog. Ein Agronom argumentierte mittels eines Dolmetschers: Wenn die Raumfahrt nicht nur eine Phantasie für unreife Kulturen darstellt, wo sind dann all die Aliens? Yatima blickte ab und zu zum tristen Himmel hinauf und stellte sich vor, wie ein Gleisner-Raumschiff landete und sie zu den Sternen davontrug. Vielleicht wurde eine Art Notrufsender in den Gleisner-Körpern aktiviert, als wir sie wieder in Betrieb nahmen … Es war eine absurde Vorstellung, aber trotzdem war es seltsam, sich die Tatsache bewußt zu machen, daß sie nicht völlig unmöglich war. Selbst in der atemberaubendsten astronomischen Landschaft, in der man Lichtjahre überspringen und die Oberfläche des Sirius als hochaufgelöste Montage aus simulierten und durch Teleskope ermittelten Daten betrachten konnte … selbst dort konnte man niemals von verrückten Astronauten entführt werden.
    Es war kurz nach Mitternacht, als Orlando Liana fragte: »Und wer steht um vier Uhr morgens auf, um unsere Gäste zur Grenze zu begleiten?«
    »Du natürlich.«
    »Dann sollte ich lieber schlafen gehen.«
    Inoshiro war verblüfft. »Ihr braucht immer noch Schlaf? Ihr habt dieses Bedürfnis noch nicht genetisch entfernt?«
    Liana gab einen erstickten Laut von sich. »Das wäre so, als wollte man die Leber gentechnisch zum Verschwinden bringen. Schlaf ist ein integraler Bestandteil der Säugetierphysiologie. Wenn man versucht, ihn zu ›entfernen‹, kommen psychotische Kretins mit schweren Immunschäden heraus.«
    Orlando fügte murrend hinzu: »Und Schlafen ist sehr angenehm. Ihr wißt gar nicht, was euch entgeht.« Er küßte Liana erneut und ging.
    Die Menge im Restaurant hatte sich bereits gelichtet, und nun waren fast alle Mittler, die noch geblieben waren, auf ihren Stühlen eingenickt. Nur Liana leistete ihnen in der zunehmenden Stille Gesellschaft.
    »Ich bin froh, daß ihr gekommen seid«, sagte sie.
    »Jetzt haben wir durch euch eine Art Brücke nach Konishi geschlagen – und damit zur gesamten Koalition. Selbst wenn ihr nicht zurückkehren könnt – wird man intern über uns reden. Laßt nicht zu, daß wir vollständig aus eurer Erinnerung verschwinden.«
    »Wir werden zurückkommen!« sagte Inoshiro ernst. »Und wir werden unsere Freunde mitbringen. Wenn sie verstanden haben, daß ihr hier draußen keine Wilden seid, wird jeder euch besuchen wollen.«
    Liana lachte leise. »Wirklich? Und der Introdus wird rückwärts laufen, und die Toten werden sich aus ihren Gräbern erheben, wie? Darauf freue ich mich bereits.« Sie streckte den Arm über den Tisch und strich mit den Fingern über Inoshiros Wange. »Du bist ein seltsames Kind. Ich werde dich

Weitere Kostenlose Bücher