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Dich schlafen sehen

Dich schlafen sehen

Titel: Dich schlafen sehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brasme
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wusste, was mir blühte. Der kleine schwarze 106 bog in eisiger Nacht von der Autobahn ab. Ich lehnte den Kopf gegen die beschlagene Scheibe und stierte in die Wirbel von künstlichem Licht, die auf der Straße vorbeizogen.
    Der Wagen hielt an, die Reifen knirschten auf dem Kiesweg vor dem Eingang des Chalets. Es war stockdunkel. Stimmen, Gelächter, einige Klaviernoten und Lichter drangen aus dem Inneren des Chalets und wirkten in der seltsamen Stille dieses abgelegenen und verschneiten Orts wie ein Lebenszeichen mitten in der Wüste. Wir gingen hinein. Ich folgte Sarah und schleppte das Gepäck, wie sie mir aufgetragen hatte.
    Drinnen herrschte eine fröhliche Partystimmung, jeder kannte jeden. Die Gäste kamen uns entgegen. Sie umarmten Sarah, die wie gewohnt alle Blicke auf sich zog. Ich blieb einfach stehen, da ich nicht wusste, was ich tun sollte. Was wollte Sarah? Dass ich mitmachte oder unbemerkt blieb? Ich kam mir lächerlich vor. Ich sah mich in der großen Eingangshalle um: auf der einen Seite die Küche, ganz in Stahl, auf der anderen das Esszimmer, in dem ein Eichentisch thronte, bereits gedeckt und so lang, dass dreißig Gäste daran Platz fanden, und in der Mitte ein behaglich eingerichteter Salon. Eine breite Treppe schwang sich ins Obergeschoss, wo zweifellos die Zimmer hergerichtet waren.
    Dann hob sich Sarahs Stimme vom allgemeinen Stimmengewirr ab. Sie drehte sich nach mir um, sah mich aber kaum an und sagte nur, dass ich Charlie sei, ihre »beste Freundin«, eine Art Tierkamerad für die Zeit des Aufenthalts. Ich erwiderte das Lächeln der Unbekannten, und schon nahm Sarah ihr Publikum wieder in Beschlag.
    Danach folgte ich ihr ins Obergeschoss, in das Zimmer, das für die Jüngeren reserviert war. Wir traten ein. Vier Mädchen lagen auf einem der Betten und reichten fröhlich schwatzend Fotos von ihren Freunden herum. Sie waren ungefähr in unserem Alter. Bei unserem Erscheinen unterbrachen sie ihre Gespräche und sahen uns an. Sarah stieß einen Freudenschrei aus und stürzte sich auf sie. Umarmungen, ausgelassenes Gelächter, Wiedersehensfreude. Sie bildeten bereits eine Clique, aus der ich ausgeschlossen war. Ich stand wie ein begossener Pudel in der Tür. Bis Sarah mir sagen würde, was ich tun sollte, sah ich ihnen einfach nur zu. Ich wartete unsicher. Natürlich hatte Sarah mich schon längst vergessen. Ich kannte sie zu gut, um nicht zu wissen, dass sie alles von Anfang an so geplant hatte.
    Und dann löste ihre Stimme meine Erstarrung. Ihre Worte waren für mich ein Schlag ins Gesicht: »Was stehst du denn noch so blöd da herum? Statt Däumchen zu drehen, geh lieber zu meiner Mutter und hilf ihr beim Ausladen, ich bin beschäftigt.«
    Eine lange Stille trat ein. Die Mädchen hatten aufgehört zu reden und sahen mich fragend an. Sie verstanden nicht, warum ich Sarah so mit mir reden ließ und warum ich ihr, ohne aufzumucken, gehorchte...
    Na also. Soeben hatte Sarah vor den anderen Mädchen ihre Autorität durchgesetzt. Auf diese Weise demonstrierte sie ihnen, dass sie wieder einmal alle Macht besaß und dass ich diejenige war, die, mehr denn je, zu gehorchen hatte.
    Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war ich allein in dem großen Zimmer. Offensichtlich waren die anderen Mädchen vor mir aufgestanden und frühstücken gegangen, ohne auf mich zu warten. Mit schwerem Schritt schlurfte ich ins Esszimmer hinunter. Ich hatte einen dicken Kopf, weil ich zu wenig geschlafen hatte. Die Nacht war kurz gewesen. Ich hatte den ganzen Abend neben den anderen auf dem Bett gelegen und schweigend zugehört, wie sie lachten und redeten, von ihren neusten Liebesabenteuern erzählten und sich dabei den Bauch mit Süßigkeiten voll schlugen und schachtelweise Marlboros rauchten, die sie auf Vorrat stibitzt hatten. Ich war bei ihnen geblieben, weil ich nirgendwohin gehen konnte, und irgendwann hatte ich den Gesprächsfaden verloren. Mehrmals hatten sich die Mädchen zu mir umgedreht und mich, offensichtlich neugierig, gefragt, was ich so machte, was ich mal werden wollte, ob ich einen Freund hätte – kurz, ob ich etwas zu sagen hätte. Da ich nicht wusste, was ich antworten sollte, mischte sich Sarah ein und tat es für mich: »Die und einen Freund? Ihr macht wohl Witze! Die ist noch nie mit jemand gegangen. Und das ist ja auch kein Wunder, nicht wahr, Charlène, denn welcher halbwegs vernünftige Junge will denn so eine Trantüte wie dich?« Sie lachte kurz auf, aber sie blieb die Einzige: Zu meiner

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