Dicke Hose (German Edition)
ist doch hier keine Peepshow!
«Ich … äh … sollte vielleicht besser mal vorn nach dem Rechten schauen», stottere ich, ohne genau zu wissen, was eigentlich dagegen spricht, einer Fremden beim Ausziehen zuzugucken. Schließlich bin ich Single. Jedenfalls so gut wie. Ich könnte sie also im Grunde genommen hier auf dem Tisch vögeln, wenn mir danach wäre. Andererseits muss ich aber aufpassen, dass im Laden nichts geklaut wird und es nicht –
«Hiergeblieben!», befielt die Verrückte. «Sie werden hier gebraucht!»
«Aber …»
«Ich werde mir doch die Gelegenheit nicht entgehen lassen, von Henning Baum in Wäsche betrachtet zu werden.»
«Aber ich bin nicht Henning Baum!»
«Das soll Ihr Nachteil nicht sein.» Mit Schwung wird der Vorhang zur Seite geschoben. Panisch klammere ich mich an Die Kunst der Verführung , die ich immer noch in den Händen halte. Nein, mir steht der Sinn wirklich nicht danach, die Kundin hier auf dem Tisch zu vögeln. Und ich weiß auch, warum: weil ich nämlich gerade erst Sex hatte, und zwar mit einer Frau, die wunderbar zu mir passt. Und weil meine Fingerkuppen noch immer aufgeweicht sind vom Baden und mein Schädel allenfalls nach einer Aspirin verlangt, keineswegs jedoch nach ungestümen Stoßbewegungen. Außerdem ist diese Frau eindeutig plemplem. Und es gibt noch einen anderen Grund. Einen sehr maßgeblichen: Sie hat sich ausgerechnet das Wäscheset ausgesucht, in dem ich mir gestern Nachmittag Victoria vorgestellt habe. Und der stand das Teil eindeutig besser.
Wie aufs Stichwort wird mir wieder schwindelig. Es muss dieser Name sein, gegen den ich allergisch bin.
«Gefalle ich Ihnen?», will die Kundin jetzt wissen. Es ist eine Fangfrage, das weiß ich natürlich. Kein Mann hat es je überlebt, diese Frage mit Nein zu beantworten.
«Es ist … äh … es sieht …»
… kompliziert aus, denke ich und lasse das Buch sinken.
Tatsächlich scheint das Teil nur aus Aussparungen zu bestehen, insbesondere in der Taille. Dort finden sich an beiden Seiten Löcher, durch die ein rotes Satinband geführt ist, das neben der Brust zu einer Schleife geknotet wird. Das hatte ich mir in meiner Phantasie irgendwie anders ausgemalt. So etwas kann nur eine Frau entworfen haben, Männer HASSEN Schleifen!
«Wenn Sie schon nicht sprechen, würden Sie dann bitte wenigstens gucken, ob alles richtig sitzt?», werde ich jetzt aufgefordert. «Vor allem am Po. Dort darf es nicht kneifen.» Sie stemmt ihre Hände in die Hüften und dreht sich selbstsicher um die eigene Achse.
Mein Mund wird trocken, und ich muss schlucken. Vor meinen Augen flimmert es. Jedes Mal, wenn sie mir den Rücken zuwendet, erscheint mir das Bild von Victoria. Jedes Mal, wenn sie mir das Gesicht zuwendet, verstärkt sich mein Kopfschmerz.
«Nun treten Sie doch mal näher, junger Mann. Oder haben Sie etwa Angst?»
«Natürlich nicht!» Immer diese Unterstellungen.
«Dann öffnen Sie bitte an der Seite die Schleife, ich habe sie falsch zugeknotet.»
«Aber …»
«Also, Henning Baum wüsste jetzt mit Sicherheit, was zu tun ist», erfahre ich nun.
Dumme Nuss. Ich weiß natürlich auch, was zu tun ist. Weil mir nämlich inzwischen ein Licht aufgegangen ist: Diese Frau ist eine Testkäuferin. Sie soll mich im Auftrag von Victoria provozieren. Oder Kai hat sie mir auf den Hals gehetzt, weil er mir den Top-Verkäufer nicht abkauft. Aber in die Falle tappe ich nun wirklich nicht.
Wütend knalle ich Die Kunst der Verführung auf den Tisch. Es wäre mit Sicherheit besser gewesen, wenn die Trulla vorher mal ein paar Seiten davon gelesen hätte. Dann wäre ihr Schauspiel vielleicht um einiges überzeugender rübergekommen.
«Ich weiß auch sehr gut, was zu tun ist», sage ich energisch und ergreife statt der Flucht nun die Schnüren an ihrem Mieder. «Ein Profi weiß so etwas natürlich.»
«Ein Profi weiß vor allem, dass er an der Vordertür die Alarmglocke einschalten muss, wenn er sich im hinteren Teil des Ladens aufhält», sagt plötzlich eine Stimme hinter mir.
Ich wirbele herum. Vor mir steht – mit funkelnden Augen und Mordlust in der Stimme – Victoria.
In Zeitlupentempo lasse ich die Hände sinken.
«Haben wir schon zwei Uhr?» Es ist das Erste, was mir zu ihrem Vorwurf einfällt. Natürlich wäre es deutlich schlauer gewesen, etwas zu sagen, das erklärt, warum ich die Kellys und Jackies im Foyer unbewacht sich selbst überlassen habe. Etwas, das mich ein bisschen mehr nach Sohn des Hauses und
Weitere Kostenlose Bücher