Dicke Moepse
Der Mann versteht ja alles!
Etwas später landen wir dann noch im Einstein, wo wir uns eine Flasche Rotwein teilen.
»Ich finde es immer traurig, wenn Freundschaften zerreißen!«, beginnt Marion, und ich genieße den Blick in seine klugen Augen.
»Mir ist Freundschaft auch sehr wichtig, aber die drei waren ja noch verdammt jung.«
»Du meinst, tiefe Freundschaft kann man erst später entwickeln?«
»Das vielleicht nicht, aber sie bekommt einen anderen Stellenwert. Hier endet sie wegen politischer Differenzen. Das hätte man auch schon vorher feststellen können.«
»Stimmt. Aber da standen wohl eher die Hormone im Vordergrund.«
Ich liebe es, wenn man mit einem Mann reden kann. Und noch besser ist es, wenn man auch noch einer Meinung ist. Sosehr ich auch suche, ich finde an Marion einfach keinen Fehler. Nicht, dass ich unbedingt einen Fehler finden wollte, aber ich möchte sichergehen, schließlich habe ich mir fest vorgenommen, endlich etwas gegen mein Singletum zu tun. Und von nichts kommt eben nichts. Schuhe probiert man schließlich auch an, bevor man sie kauft, und die nimmt man im Normalfall noch nicht mal mit ins Bett. Bei Marion könnte ich schon schwach werden. Nicht gleich heute Abend, aber vielleicht bei der nächsten Verabredung.
»Ich finde, das ist ein richtig schöner Abend!«, sage ich, um einen Schritt auf ihn zu zu machen.
»Da hast du nicht ganz unrecht. Ein toller Film, eine Flasche guter Rotwein und eine schöne Frau …« Hach … charmant ist er auch noch! Er prostet mir zu und nimmt einen Schluck aus seinem Weinkelch. Ich lehne mich entspannt in meinem Stuhl zurück. Ein Mann, eine Frau und eine Flasche Cabernet Sauvignon. Das Leben kann wirklich schön sein.
»Rosi …«, beginnt er nach einer kurzen Pause. »Du bist wirklich eine großartige Frau, Jens hat mir nicht zu viel versprochen. Deshalb möchte ich völlig ehrlich zu dir sein.«
Oh nein! Erfolgreiche Liebesgeschichten haben noch niemals mit dem Satz »Ich möchte ehrlich zu dir sein« begonnen! Eigentlich enden sie mit diesem Satz. Mir wird übel. Das könnte auch an dem halben Eimer Popcorn liegen, aber das ist mir jetzt auch egal.
»Jens hat dir sicher erzählt, dass ich für zwei Monate ins Ausland muss. Geschäftlich«, fährt Marion ernst fort.
»Ja?«, antworte ich heiser. Vielleicht endet diese Geschichte ja doch noch gut.
»Er hat dir auch erzählt, warum ich mich für diesen Aufenthalt entschieden habe. Dass ich mich gerade von meiner Frau getrennt habe und die Sache mir wirklich an die Nieren gegangen ist.«
»Nun, ganz so hat es Jens nicht formuliert«, erwidere ich. Schließlich wollte Jens mir seinen Freund Marion ja auch schmackhaft machen. »Heißt das, du hängst noch an deiner Exfrau?«, frage ich vorsichtig.
»Du meinst, ob ich sie noch liebe? Nein. Das ist ein für alle Mal vorbei. Allerdings ist die Trennung noch recht frisch, und ich dachte, ein bisschen Abwechslung könnte mir guttun.« Super. Ich bin also die Abwechslung. Die Übergangsfrau, um die alte zu vergessen.
»Abwechslung …«, seufze ich laut vor mich hin, und Marion greift beschwichtigend nach meiner Hand.
»Nein, so war das nicht gemeint. Deswegen sage ich dir das jetzt auch so offen und ehrlich. Du bist ein toller Mensch, klug, gutaussehend, aber für eine Affäre bist du mir zu schade.«
Und deswegen wirfst du einfach mal von Beginn an die Flinte ins Korn, statt das Risiko anzugehen, möchte ich am liebsten sagen, halte aber lieber den Mund.
»Ich möchte nicht, dass hier irgendjemand verletzt wird, und ich möchte auch nicht, dass wir zwei Monate lang krampfhaft versuchen, etwas per Telefon in Gang zu setzen, ohne zu wissen, ob es funktionieren kann.«
»Na ja, die Garantie hat man ja auch nicht, wenn man nebeneinander wohnt«, flachse ich. Langsam finde ich meinen Humor wieder.
Ich leere mein Weinglas und entschließe mich, den schönen Abend nicht in trostloser Stimmung enden zu lassen.
»Marion, ich finde auch, dass du ein toller Mann bist. Leider fehlt dir der Sinn für Romantik. Vielen Dank fürs Kino! Und vielleicht sieht man sich ja in zwei Monaten doch nochmal. Viel Spaß im Ausland!«, sage ich, um nicht meine Würde zu verlieren. Richtig abserviert hat er mich ja nicht. Doch kaum ein Mann hat heutzutage noch den Mumm, um eine Frau zu kämpfen. Aber aufgeben werde ich nicht. Der Richtige kommt bestimmt. Irgendwann.
Unter Feinden
»Um ehrlich zu sein, hatte ich eine Wette verloren, und Harald hatte einen gut bei
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