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Die 10. Symphonie

Die 10. Symphonie

Titel: Die 10. Symphonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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»Doch, das bin ich.«
    »Und das ist Ihrer Meinung nach ein überzeugendes Indiz dafür, dass er der Mörder sein könnte?« »Dem Opfer wurde der Kopf mit einer Guillotine abgetrennt.« »In dem Fall wäre ein Durchsuchungsbefehl angebracht, um zu überprüfen, ob die Schneide der Guillotine von Marañón dieselbe ist, mit der dieser Musiker enthauptet wurde.«
    »Na gut, dann beantrage ich also einen Durchsuchungsbefehl.«
    »Antrag abgelehnt. Zuerst müssen Sie mir einmal sagen, welches Interesse Jesus Marañón daran gehabt haben könnte, diesen Unglücklichen zu ermorden.« »Dieser Musikwissenschaftler, mit dem Sie anscheinend gesprochen haben ...«
    »Was ist mit dem?«, unterbrach ihn die Richterin. »Gestern Nachmittag habe ich mich mit ihm getroffen. Er versicherte mir, dass die Noten von Thomas' Hinterkopf ein Morsecode seien. Ihm zufolge entsprechen sie Zahlen.«
    »Das ist endlich einmal eine Information. Haben Sie den Bericht dabei?«
    »Ich hatte keine Zeit, Frau Richterin. Ich erstatte Ihnen jetzt mündlich Bericht, und morgen früh haben Sie eine schriftliche Fassung auf Ihrem Schreibtisch.« »Was sind das für Zahlen?«
    Der Inspector nahm ein Notizbuch aus seiner Tasche und schlug die Seite auf, wo er sich die von Daniel genannten Ziffern notiert hatte.
    Die Richterin betrachtete sie aufmerksam und sagte dann: »Dies erscheint mir eine sehr interessante Entdeckung. Aber wenn die Zahlen nichts mit Don Jesus Marañón zu tun haben, sehe ich keinen Grund, sein Haus zu durchsuchen.«
    »Erlauben Sie mir wenigstens, sein Telefon abzuhören.« »Ich habe nein gesagt.« »Nur eine Woche lang.«
    »Nicht einen Tag.«
    »Aber Frau Richterin, er bekommt doch überhaupt nichts davon mit!«
    Da herrschte pl ötzlich betretenes Schweigen im Büro, nur der Gerichtsmediziner stieß ein ungläubiges Lachen aus. Die Richterin dagegen bekam einen stahlharten Blick, und ihr Kollege befürchtete, sie würde den Polizisten kurzerhand in eine Arrestzelle stecken lassen. »Aus genau diesem Grund - weil derjenige, in dessen Privatsphäre eingedrungen wird, sich nicht dagegen wehren kann - bin ich hier: um seine Rechte zu wahren. Sie müssen einfach mehr und besser arbeiten. Es gibt unzählige Dinge, die Sie tun können, um die Ermittlungen voranzutreiben, ohne dass es nötig wäre, die Verfassungsgarantien auszusetzen. Es ist zum Beispiel unglaublich, dass Sie in der Umgebung der Leiche nicht eine einzige Spur gefunden haben.«
    »In dieser Frage sind wir abhängig von den Kriminaltechnikern, Frau Richterin. Wir arbeiten mit deren Berichten. Die haben geschrieben, dass es dort keinen einzigen Fußabdruck, keine Fasern, keine Haare gab.« »Und niemand hat zu dem Zeitpunkt, als der Körper dorthin geschafft wurde, irgendetwas Verdächtiges gesehen?« »Da waren nur Prostituierte, die meisten von ihnen ohne Papiere. Die haben Angst, mit der Polizei zu reden. Und aus naheliegenden Gründen wollen natürlich auch ihre Kunden nicht öffentlich machen, dass sie sich in dieser Gegend aufgehalten haben.« »Haben Sie die Tochter befragt?« »Ja, aber von ihr kam nichts Aufschlussreiches.« »Lassen Sie sie überwachen. Schauen Sie, wen sie so trifft, wohin sie geht. Dafür brauchen Sie keine Verfügung. In dem letzten Bericht stand, das Opfer habe einen Partner gehabt? «
    »Ja. Er heißt Olivier Delorme und ist französischer Staatsangehöriger. Wir hoffen, noch diese Woche mit ihm sprechen zu können.«
    »Sie haben ihn also noch nicht befragt?« »Er musste Spanien für eine Weile verlassen.« »Na, großartig. Die Verdächtigen kommen und gehen, wie es ihnen gefällt, und Sie verschwenden inzwischen Ihre Zeit damit, Telefonüberwachungen unbescholtener Bürger zu beantragen. Muss ich Ihnen etwa sagen, was Sie zu tun haben, Inspector?« »Nein, Frau Richterin.«
    »Sie können sich darauf verlassen: Wenn Sie mir als Ergebnis Ihrer Ermittlungen irgendein Indiz bringen, das auf eine der erwähnten Personen hindeutet, stelle ich Ihnen die Verfügung aus. Felipe, erklär doch bitte dem Inspector, was wir an diesem Gericht unter Indiz verstehen.« »Ich denke, das ist nicht nötig, Frau Richterin«, sagte der Inspector, durch den herablassenden Tonfall der Juristin sichtlich gedemütigt. Doch der Gerichtsmediziner wollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, Salz in Mateos' Wunde zu streuen.
    »Der Begriff Indiz, Inspector, kommt vom lateinischen indictum, was so viel bedeutet wie offenkundiges und wahrscheinliches

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