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Die 101 Wichtigsten Fragen - Bundesrepublik Deutschland

Die 101 Wichtigsten Fragen - Bundesrepublik Deutschland

Titel: Die 101 Wichtigsten Fragen - Bundesrepublik Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wolfrum
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Furcht vor dem «amerikanischen Imperialismus» hinein, und die USA verfingen sich in ihrer Angst vor der revolutionären Dynamik des Sowjetkommunismus. Bei näheremHinsehen waren viele Vorstellungen übertrieben, und immer wieder machten sich in beiden Lagern Stimmen bemerkbar, die daran zweifelten, ob die Gegenseite wirklich so aggressiv und so mächtig war, wie die furchtsamen Dogmatiker behaupteten. Es kam zu einer Eskalation der Ängste und diese wiederum löste neue Präventivmaßnahmen aus. Aus der «Strategie der Abschreckung», dem «Gleichgewicht des Schreckens» und der «atomaren Overkill-Kapazität» wurde eine Wissenschaft gemacht. Das Ende des Kalten Krieges 1989 mit dem Fall der Berliner Mauer allein der westlichen Politik der Stärke zuzuschreiben, greift zu kurz. Entscheidend für seine Überwindung war auch die Entspannungspolitik: Sie erwies sich für die kommunistischen Diktaturen als Trojanisches Pferd.
    19. Worum handelte es sich bei der Hallstein-Doktrin? Am 19. Oktober 1957 brach die Bundesrepublik Deutschland ihre diplomatischen Beziehungen mit Jugoslawien ab, denn Belgrad hatte in ihren Augen etwas Unerhörtes getan: einen Botschafteraustausch mit der DDR angekündigt. Während die Sowjetunion seit einiger Zeit die Zwei-Staaten-Theorie verfocht, die darauf pochte, dass zwei deutsche Staaten existierten, war es für Bonn undenkbar, an seinem Alleinvertretungsanspruch zu rütteln. Man sagte auch nicht DDR, wenn man von Ostdeutschland sprach, sondern «Sowjetzone» oder schlicht «Zone». Da nur im Westen Selbstbestimmung und freie Wahlen gewährleistet waren, trat die Bundesrepublik mit dem Selbstverständnis auf, der einzige legitime deutsche Staat zu sein und alle Deutschen zu vertreten, auch jene, die im Osten in Unfreiheit leben mussten.
    1955 kam es jedoch zum Sündenfall. Kanzler Adenauer reiste mit einer großen Delegation nach Moskau. Sein Ziel war es, die letzten deutschen Kriegsgefangenen heimzuholen. Dies war eine menschliche Notwendigkeit und für den Kanzler auch eine Prestigefrage. Die Sowjetführung wusste, dass sie dafür einen hohen Preis verlangen konnte und sie tat es auch: Sie forderte die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen – womit der Alleinvertretungsanspruch ausgehöhlt und die DDR völkerrechtlich aufgewertet wurde. Fortan gab es in Moskau zwei deutsche Botschaften. Noch auf dem Rückflug von Moskau nach Bonn entwarf deshalb der Leiter der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amtes, Wilhelm G. Grewe, eine Abwehrstrategie, die bald als «Hallstein-Doktrin» – benannt nach dem Staatssekretär im Außenministerium, Walter Hallstein – berühmt und berüchtigt werdensollte. Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur Sowjetunion wurde darin zur absoluten Ausnahme erklärt. Wenn andere Staaten die DDR anerkennen würden, sei dies ein «unfreundlicher Akt» gegen die Bundesrepublik und gegen die Lebensinteressen des deutschen Volkes. Deshalb werde die Bundesrepublik zu solchen Staaten sämtliche Beziehungen abbrechen, dies beträfe auch Wirtschaftsbeziehungen oder, da die DDR um Staaten der Dritten Welt buhlte, Entwicklungshilfe. Mit dieser Drohung gelang es Bonn, vielen ausländischen Regierungen einen offiziellen Umgang mit der DDR auszureden und diese vom internationalen Parkett fernzuhalten. Am Ende der 1960er Jahre jedoch wirkte die Doktrin für die Bundesrepublik selbst wie eine Fessel, da sie keinerlei Kontakte zu Ostblockstaaten aufnehmen konnte, wenn sie nicht unglaubwürdig werden wollte. Als schließlich das neutrale Kambodscha 1969 als erstes nichtkommunistisches Land die DDR anerkannte, eskalierte der Streit über eine angemessene Außenpolitik in der damals regierenden Großen Koalition. Die Neue Ostpolitik und die Entspannung seit 1969/70 läuteten das Ende der Hallstein-Doktrin ein.
    20. Warum scheiterte die Europäische Verteidigungsgemeinschaft? War es nicht eine Zumutung, nur fünf Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wieder über deutsche Soldaten nachzudenken? Fast alle Europäer, vor allem aber die Franzosen beantworteten diese Frage 1950 mit einem entschiedenen Ja. War es nicht eine Zumutung, dass der Schutz Westeuropas fast ausschließlich auf den Schultern der USA lastete? Fast alle Amerikaner beantworteten diese Frage ebenfalls mit einem entschiedenen Ja. Die Sicherheitslage Westeuropas hatte sich 1950 dramatisch verschlechtert: Der Sowjetunion war es 1949 gelungen, eine Atombombe zu zünden, womit die USA ihr atomares Monopol einbüßten; und

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