Die 101 Wichtigsten Fragen - Bundesrepublik Deutschland
im chinesischen Bürgerkrieg siegten die Kommunisten unter Mao über die Nationalchinesen, die vom Westen unterstützt wurden. 1950 brach auch noch der Koreakrieg aus, in den die USA eingriffen. Frankreich focht in Indochina einen blutigen Entkolonialisierungskrieg aus. Washington und auch London ging es nicht mehr um das Ob eines westdeutschen Verteidigungsbeitrags, sondern nur noch um das Wie. Kanzler Adenauer wusste, wie unpopulär in der Bundesrepublik eine Wiederbewaffnung war und wer konnte es verdenken, dass sich hier eine breite «Ohne-Mich-Bewegung» formierte. Andererseits spekulierte derschlaue Fuchs auf einen Deal: deutsche Soldaten gegen Erlangung der Souveränität. Als die Amerikaner den Franzosen fast die Pistole auf die Brust setzten, präsentierte der französische Ministerpräsident René Pleven den Plan einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG). Dieser diskriminierte die Deutschen in hohem Maße. Deutsche Soldaten sollten eine Art Söldner sein, mehr nicht. Das war skandalös, erfüllte jedoch seinen Zweck, denn man weiß heute, dass es Paris nur um ein Verzögerungsmanöver ging. Eine deutsche Wiederbewaffnung war schlicht der Albtraum aller Franzosen. Drei Jahre lang wurde über insgesamt 67 Nachbesserungsvorschläge debattiert, schließlich lehnte die französische Nationalversammlung am 30. August 1954 die EVG ab. Adenauer notierte in sein Tagebuch, es handele sich um einen schwarzen Tag für Europa. Dass es sich dagegen für die junge Bundesrepublik um einen guten Tag handelte, wurde jedoch bald darauf deutlich, denn auf Drängen der USA durfte sie unter viel günstigeren Bedingungen der NATO beitreten.
21. Wer war von «Sputnik» geschockt? Im Radio hörte man in regelmäßigen Abständen lediglich ein Piepsen, doch im Ostblock und den befreundeten Staaten der Dritten Welt ließ dieser Laut die Herzen der Menschen höher schlagen. Er zeugte nämlich von der Überlegenheit des Sozialismus. In der westlichen Welt hingegen herrschten Schrecken und Niedergeschlagenheit. Bald sollte man vom «Sputnik-Schock» sprechen. Was war geschehen?
Am 5. Oktober 1957 stürzten die Ingenieure des Kreml den Westen in eine schwere Krise, manche sprachen von einem technischen Pearl Harbor, verglichen das Ereignis also mit dem verheerenden japanischen Luftangriff auf die US-Flotte im Zweiten Weltkrieg. Dass es der angeblich so rückständigen Sowjetunion gelungen war, einen künstlichen Erdtrabanten in den Weltraum zu schießen, bedeutete den größten Triumph des Ostblocks im Kalten Krieg. Sputnik 1 war ein Schock für den Westen, verursacht von einer Diktatur, die auf Wissenschaft und Technik setzte. War die sowjetische Supermacht der amerikanischen überlegen? Hatte der Kommunismus im militärischen Bereich die Nase vorn? Drohte Gefahr, gar Kriegsgefahr? Die sowjetische Nachrichtenagentur Tass triumphierte: «Künstliche Erdsatelliten werden dem Weltraumflug den Weg bereiten, und es hat den Anschein, als werde die gegenwärtige Generation Zeuge sein, wie die befreite und bewusste Arbeit der Menschen der neuen sozialistischenGesellschaft selbst die kühnsten Träume der Menschheit verwirklicht.» Und das SED-Organ «Neues Deutschland» erinnerte mit einem Gedicht an den Beginn des neuen Menschen mit der russischen Oktoberrevolution: «Der neue Mensch war vierzig Jahre kaum/und seine roten Siegesfahnen wehten/von vielen mächt’gen Zinnen des Planeten/Da stieß er vor schon in den Weltenraum/Sein Stern umflog die Erde hoch und weit/und funkte Botschaft viele tausend Male/Es klang wie
Völker, höret die Signale
/Es war wie Anbruch einer neuen Zeit.» Die kommunistische Selbstwahrnehmung, dass man in vielen Dingen dem Westen überlegen sei, erfuhr eine Bestätigung, und für die USA ging der Nimbus der technologischen Überlegenheit verloren. Dementsprechend düster waren die westlichen Kommentare; Daily Mirror titelte: «Up goes a man-made moon. Russia beats America to it», und News Chronicle verkündete sogar schon: «Russia wins Space Race».
Sputnik 1 war nur einer von bald mehreren Triumphen für die Sowjetunion: Kaum vier Wochen später folgte Sputnik 2, der mit der Polarhündin Laika das erste Lebewesen in die Erdumlaufbahn schoss. Am 12. April 1961 war der Kosmonaut Jurij Gagarin in seiner «Wostok»-Raumkapsel der erste Mensch im Weltall, und zwei Jahre später umkreiste Valentina Tereschkowa als erste Frau der Welt 70 Stunden lang die Erde. Der Sputnik-Schock traf den Westen ins
Weitere Kostenlose Bücher