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Die 101 Wichtigsten Fragen - Bundesrepublik Deutschland

Die 101 Wichtigsten Fragen - Bundesrepublik Deutschland

Titel: Die 101 Wichtigsten Fragen - Bundesrepublik Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wolfrum
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realisieren und für die weiteren Schritte eine Stiftung zu gründen. Am 10. Mai 2005 wurde das Denkmal für die ermordeten Juden Europas eingeweiht.

 
     
     
        Kunst, Kommerz, Kurzweil – Kulturelles und Sportliches

72. Warum waren die «Heimatfilme» so beliebt? «Sauber und rein» sollte es auf der Leinwand zugehen. Unberührte Natur und wahre Liebe – so hießen die beiden großen Themen der Kino-Kassenschlager der 1950er Jahre. «Schwarzwaldmädel», «Grün ist die Heide», «Dort oben, wo die Alpen glühn» oder «Der Förster vom Silberwald», solche Heimatfilme brachen alle Rekorde und zogen jeweils zwischen 14 und 22 Millionen Zuschauer in die Lichtspielhäuser. Ein Viertel der bis Mitte der 1960er Jahre produzierten Filme in der BRD gehörte zu diesem Genre und allein zwischen 1951 und 1958 gelangten 240 Heimatfilme in die Kinos. In ihnen kam eine Sehnsucht des Publikums nach Idylle, privatem Glück und häuslichem Frieden zum Ausdruck. Diese Sehnsucht ist begreiflich und es hat sie immer gegeben, doch nach den Bombennächten, den zerstörten Städten, der moralischen Konfusion der Trümmerzeit und dem Schmerz von Tod und Verlust ist sie noch besser verständlich. Die Leinwandprodukte waren Tagträume einer hektischen nachkriegerischen und posttotalitären Gesellschaft.
    In der heilen Welt der grünen Täler und frischen Wälder wohnten anständige Förster und ehrliche Bauern. Die Zuschauer erkannten sofort, wer gut und wer böse war, Förstern standen Wilderer, Landbewohnern Städter gegenüber. Das Happy-End war obligatorisch. Ganz so harmlos, wie die Filme auf den ersten Blick daherkamen, waren sie in Wirklichkeit jedoch nicht. Sie verfügten nämlich über einen «Subtext» und griffen indirekt immer zentrale Punkte der Nachkriegszeit auf: den verlorenen Gutsbesitz im Osten, die heile Welt des Waldes als Kontrast zu den zerbombten Städten, die Heimat, auch die verlorene, mit Blick auf die Flüchtlinge und Vertriebenen, und vor allem die «natürliche» Autorität. So gesehen transportierte der Heimatfilm einerseits zeitgenössische Normen und autoritäre Verhaltensmuster und kann andererseits auch als Ausdruck zeittypischer Mentalitäten gelten. Er war der Reflex einer kollektiven subjektiven Wirklichkeit. Sonja Ziemann und Rudolf Prack spielten das Traumpaar im ersten deutschen Farbfilm, «Schwarzwaldmädel», und Ziemann erhielt dafür den Burda-Medienpreis «Bambi». Natürlich gab es auch andere Filme, amerikanische zumal, aber ebenso deutsche. Kurt Hoffmanns politisch-satirische Komödie «Wir Wunderkinder» von 1958, der dieKarriere eines Nazis und seinen erstaunlichen Wiederaufstieg nach 1945 aufs Korn nahm, muss ebenso erwähnt werden wie etwa Rolf Thieles als Sensation empfundener gesellschaftskritischer Film «Das Mädchen Rosemarie» von 1958 mit Nadja Tiller in der Hauptrolle, der das Leben und die Ermordung der Frankfurter Edelprostituierten Rosemarie Nitribitt erzählte, oder aber, ganz am Anfang der 1950er Jahre der Skandalfilm «Die Sünderin» mit Hildegard Knef als Protagonistin. Trotz solcher Beispiele: Die noch alles beherrschende Sehnsucht nach der – vermeintlich – «guten alten Zeit» deutet darauf hin, dass die die meisten Bürgerinnen und Bürger noch nicht in der Bundesrepublik angekommen waren. Die «Sissi»-Filme mit der jungen Romy Schneider – Herz-Schmerz-Episoden um die bayerische Prinzessin, die in der alten k.u.k.-Monarchie zur Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn aufstieg – sind inzwischen zur Legende geworden.
    73. Was war die «Gruppe 47»? Wo konnte ein neues kulturelles und literarisches Leben beginnen, wo sollte man anfangen? Was war noch geblieben nach dem Kahlschlag und der Deutschtümelei der Nationalsozialisten? Man konnte sich zum Vertrauten zurücktasten, zu den Klassikern, vor allem zu Goethe, der nach 1945 hoch im Kurs stand, weil er dokumentierte, dass das zertrümmerte Deutschland zumindest als Kulturnation noch weiter bestand. Oder zu Thomas Mann, den die Nazis verfemt hatten und dessen Menschheitspathos wieder in die Zeit passte. Oder zu Hermann Hesse, dessen Geschichten von Gut und Böse neue Leuchtkraft erhielten. Oder zu Gottfried Benn, der den individuellen Nihilismus der Trümmerzeit so treffend bediente. Und wer es klassenkämpferisch mochte und sich der sozialistischen Zukunft zuwandte, griff zu den Stücken von Bert Brecht. Aus der Idee heraus, dass ein bloßer Rückgriff nicht ausreichte, sondern offensiv

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