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Die 101 Wichtigsten Fragen - Bundesrepublik Deutschland

Die 101 Wichtigsten Fragen - Bundesrepublik Deutschland

Titel: Die 101 Wichtigsten Fragen - Bundesrepublik Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wolfrum
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Strafverfolgung von DDR-Unrecht abgeschlossen. Die Bilanz der justiziellen Vergangenheitsbewältigung fällt sehr gemischt aus. Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte fest, dass sich sowohl die Schützen wie auch die Mitglieder des Politbüros des Zentralkomitees der SED wegen der Todesschüsse strafbar gemacht hatten; es habe eine ununterbrochene Verantwortlichkeitskette vom Politbüro bis zum Schützen bestanden. Der BGH nahm dabei die DDR-Verfassung und die von der DDR anerkannten internationalen Menschenrechtsvereinbarungen beim Wort. Demnach waren die Persönlichkeit und Freiheit eines jeden DDR-Bürgers unantastbar, und die SED-Führung sei persönlich zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit verpflichtet gewesen. Die Gerichte verhängten jedoch zumeist nur Bewährungsstrafen. Daher kann man einem Experten beipflichten, der sagt: «Das Unrecht ist überwiegend nur noch beurkundet, nicht aber geahndet worden.» Insgesamt wurden 466 Personen angeklagt, 385 davon wurden abgeurteilt, bei 110 lautete das Urteil Freispruch, 275 wurden rechtskräftig verurteilt. Bei der Strafzumessung unterschieden die Gerichte nach der Hierarchie der Angeklagten: Für die Grenzposten kam es in der Regel zu Bewährungsstrafen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren. Die Strafzumessung stieg kontinuierlich für Regimentskommandeure, Chefs von Grenzkommandos und so fort bis hin zu den Mitgliedern des Politbüros. Insgesamt lediglich 20 Befehlsgeber der Grenzschützen erhielten Freiheitsstrafen ohne Bewährung und wurden wegen Totschlags, nicht wegen Mordes, verurteilt: DDR-Verteidigungsminister Heinz Kessler zu 7 ½ Jahren, der letzte Partei- und Staatschef Egon Krenz zu 6 ½ Jahren, ebenso der frühere Chef der DDR-Grenztruppen, Klaus-Dieter Baumgarten. Sie alle wurden vorzeitig entlassen. Außer Krenz wurden im Politbüro-Prozess der Ostberliner SED-Chef und unfreiwillige Maueröffner Günter Schabowski und der SED-Wirtschaftsexperte Günther Kleiber zu dreijährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Zuvor waren gegen die Mitglieder des «Nationalen Verteidigungsrates» Haftstrafen ausgesprochen worden: Neben Kessler gegen seinen Vize Fritz Streletz und den früheren SED-Chef von Suhl, Hans Albrecht. Gegen viele Angeklagte wurden die Verfahren wegen Krankheit eingestellt, der bekannteste Fall ist Erich Honecker. Im März 1991 war Honecker in die chilenische Botschaft nach Moskau geflohen. Da gegen ihn in der Bundesrepublikein Haftbefehl bestand, holten ihn russische Soldaten in einer zweifelhaften Aktion aus der Botschaft heraus. Honecker wurde ausgeliefert. Vor Gericht rechtfertigte er den Mauerbau als «Friedenstat». Wegen seines schlechten Gesundheitszustandes beantragte er die Einstellung des Verfahrens, was zunächst abgelehnt wurde. Erfolg hatte er jedoch mit einer Verfassungsbeschwerde. Als das Verfassungsgericht des Landes Berlin seinem Antrag am 12. Januar 1993 stattgab, stellte das Landgericht Berlin noch am gleichen Tag das Verfahren gegen den Diktator ein. Am 14. Januar 1993 landete Honecker auf dem Flughafen in Santiago de Chile. Seine Frau Margot war bereits dort und seine Tochter lebte schon seit einigen Jahren in Chile. Freilassung und Ausreise des an Leberkrebs erkrankten Honecker lösten ein geteiltes Echo und eine juristische Auseinandersetzung um das Vorgehen der Berliner Justiz aus. Im Jahr darauf starb er.
    71. Weshalb steht in Berlin ein Holocaust-Mahnmal und wieso gab es Streit darüber? 1988 entstand die private Idee eines «Holocaust-Mahnmals», die es bis 1992 zur staatlichen Förderung schaffte. Die Journalistin Lea Rosh forderte bei einer öffentlichen Diskussion zur Gestaltung des Prinz-Albrechts-Geländes in Berlin, dort ein «Denkmal für die ermordeten Juden Europas» zu errichten, eine Idee, die sie gemeinsam mit dem Historiker Eberhard Jäckel während eines Besuchs in der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem entwickelt hatte. Mit Presseaufrufen wandten sich die beiden Initiatoren an die Öffentlichkeit, an den Berliner Senat, an die Regierungen der Bundesländer und an die Bundesregierung. Zu den Erstunterzeichnern gehörten Willy Brandt, Günter Grass, Walter Jens und Christa Wolf. Kurze Zeit darauf warnte der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma in einem Aufruf vor einer Hierarchisierung der Opfer, die in einem ausschließlich den Judenmord thematisierenden Denkmal zum Ausdruck komme – ein Konflikt, der in den folgenden Jahren immer wieder aufflammte. Im November 1989 konstituierte

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