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Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Titel: Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Arndt
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Entwicklungsstand zunächst einmal gezwungen werden müssten, um selbst zum Geschichtsakteur werden zu können. Aber immerhin wird hier den «Anderen» überhaupt die Möglichkeit zu dieser Entwicklung zugestanden.
    45. Warum kennt sich Tarzan so gut im «Dschungel» aus?   Edgar Rice Burroughs’
Tarzan
ist eine Legende, die am 27. August 1912 geboren wurde, als
Tarzan bei den Affen
in der Oktoberausgabe des
All-Story Magazine
erschien – 23 Fortsetzungen folgten. Die
Internet Movie Database
enthält mehr als 100 Filme, die das Wort
Tarzan
im Titel führen.
    Seit der Antike kennen wir Geschichten von Helden, die von Tieren aufgezogen werden. Die Wolfskinder Remus und Romulus sind das berühmteste Beispiel. Tarzan wird von Affen aufgezogen – jenen Tieren, die wie keine anderen vom Rassismus benutzt wurden, um afrikanische Menschen zu symbolisieren. John Locke (1632–1704) etwa erklärte, dass Weiße und Afrikaner_innen verschiedene Spezies seien, weil Letztere aus einer «Kreuzung» von Menschen und Gorillas hervorgegangen seien. Diese angebliche Verbindung lässt das
Grammatisch-kritische Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart
1793 behaupten, dass sich der Name Afrika «von den Affen» herleite. 1855 schreibt Ludwig Büchner (1824–1899) in einem kommerziell überaus erfolgreichen Buch: Dagegen erinnerten Schwarze «nach der vortrefflichen Schilderung von Burmeister ebensowohl in seinem geistigen wie in seinem physischen Wesen aufs auffallendste an den Affen. Dieselbe Nachahmungssucht, dieselbe Feigheit, kurz dasselbe in allen Charaktereigentümlichkeiten! (…) Man hört oft sagen, die Sprache sei ein so charakteristisches Unterscheidungszeichen zwischen Mensch und Tier, welches keinen Zweifel über die tiefe Kluft zwischen beiden lasse. Die so reden, wissen freilich nicht, dass auch die Tiere sprechen können.»
    Burroughs’ Affen sind nicht als eine real existierende Affenart zu erkennen, sondern als «große Anthropoiden», die eine eigene Sprache sprechen, das Mangai, und damit menschlicher sind als jede real existierende Affenart. Seine Präsentation der Affen unterscheidet sich nur graduell von der Darstellung afrikanischer Menschen, diebei Burroughs mit allen bekannten rassistischen Vokabeln als «primitiv» und «wild» bezeichnet werden. Tarzan bleibt ihnen ebenso entrückt und überlegen wie dem Kontinent Afrika.
    In der Fiktivsprache Mangai bedeutet
Tar-zan
«weiße Haut», die ihn von den Menschenaffen und den afrikanischen Menschen gleichermaßen absetzt. Tarzans
weiße
Haut symbolisiert eine durch keine noch so wilde Natur auszulöschende Verwurzelung in der westlichen Kultur. Dies erklärt, warum er – so wenig wie Robinson Crusoe – das Beherrschen des Regenwaldes nicht erst von jenen erlernen muss, die schon immer dort leben. Vielmehr ist seiner prinzipiellen «zivilisatorischen Überlegenheit» die Fähigkeit immanent, auch die Natur (des kolonisierten Raums) beherrschen zu können, einschließlich der Dort-Geborenen.
    Das «Tarzan-Syndrom» ist ein gängiger Topos, der in zahlreichen Filmen, Texten und Dokumentationen zugereiste Weiße den Ortsansässigen die Natur erklären und sie vor deren Gefahren beschützen lässt. In logischer Konsequenz hieß das auch, dass nichteuropäische Gesellschaften von den «zivilisierten Kulturen» kontrolliert und beherrscht werden müssten – im Mythos Tarzan lebt dieses Denken fort.
    46. Haben Nationalsozialismus und Kolonialismus etwas miteinander zu tun?   Diese Frage ist in der Wissenschaft heftig umstritten. In die Antworten fließen nicht nur wissenschaftliche, sondern auch geschichtspolitische Argumente ein. Eine nüchterne Betrachtung ruft in Deutschland auch heute noch harsche Gegenwehr auf, die schnell mit dem Vorwurf agiert, dahinter stecke der Versuch, den Nationalsozialismus zu relativieren. Dass diese Torwächter_innen historischer Erkenntnisse wiederum den Kolonialismus verharmlosen könnten, stört – zumindest sie selbst – weitaus weniger.
    Die rassistischen Herrenmenschenideologien, die den westlichen Handel mit Schwarzen Menschen und den Kolonialismus ideologisch zu legitimieren suchten, und die kolonialistische Praxis von Vertreibung, Verschleppung, Rassengesetzgebung, Konzentrationslagern, Massenmord oder Genozid bildeten zusammen mit der Theorie und Praxis des Antisemitismus den Boden, auf dem der Nationalsozialismus gedieh.
    Der Nationalsozialismus benötigte keine neuen «Rassentheorien». Er konnte anschließen an längst

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