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Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus

Titel: Die 101 wichtigsten Fragen - Rassismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Arndt
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Vorhandenes. Der Eugeniker Eugen Fischer (1874–1967) betonte z.B. folgerichtig, er habe dieseDisziplin in Deutschland lange vor den Nationalsozialist_innen eingeführt. Dem Aufstieg des Nationalsozialismus lag ein Ursachenbündel zugrunde, das mit Stichworten wie I. Weltkrieg, Weltwirtschaftskrisen, Versailles u.a. nicht hinreichend umrissen ist. Denn die Entfaltung des Nationalsozialismus geschieht im Kolonialzeitalter gerade in dem Land, das sämtliche kolonialen Besitztümer verloren hatte und an kolonialen Sehnsuchtsfantasien umso intensiver festhielt. Der Zweite Weltkrieg wurde von Deutschland nicht einfach nur global geführt, sondern mit dem Ansinnen, die Welt neu aufzuteilen. Hitler strebte zunächst die Herrschaft über Europa an, die dann automatisch auch Deutschlands imperiale Expansion und die Herrschaft über die Kolonialreiche eingeschlossen hätte: So schreibt er 1927 im zweiten Band von
Mein Kampf:
«Der richtige Weg wäre schon damals [Ende des 19. Jahrhunderts, S. A.] der dritte gewesen: Stärkung der Kontinentalmacht durch Gewinnung neuen Bodens in Europa, wobei gerade dadurch eine Ergänzung durch spätere koloniale Gebiete in den Bereich des natürlich Möglichen gerückt erschien.» Spätere Planungen im Zweiten Weltkrieg zeigten, dass die Nationalsozialist_innen nach diesen Ideen vorgingen. So beschreibt auch der postkoloniale Theoretiker Robert Young den Nationalsozialismus zutreffend als «European colonialism brought home to Europe by a country that had been deprived of its overseas empire after World War I.»
    In Konsequenz der Kontinuität von Kolonialismus und Nationalsozialismus stilisierten die Nationalsozialist_innen die Pioniere des deutschen Kolonialismus zu Nationalhelden. Insbesondere in Carl Peters (1856–1918), einem deutschen Kolonialverbrecher, sahen sie das national-heroische Vorbild eines Herrenmenschen. So wurde 1940 der Film
Carl Peters
mit dem Kinostar Hans Albers (1891–1960) in der Titelrolle gedreht, in dem Peters als aufrechter, gerechter Kolonisator erscheint. Obwohl der Film militant nach einem deutschen Kolonialreich verlangt und zudem noch antisemitisch und antibritisch ist, wurde er noch 1980 von einer ARD-Anstalt ausgestrahlt. Mittlerweile ist es verboten, mehr als zehn Minuten dieses Films öffentlich zu zeigen.
    47. Was erachteten Deutsche nach dem Ersten Weltkrieg als «Schande»?   Im Ersten Weltkrieg kämpften nicht nur Weiße gegeneinander. In allen Armeen waren auch Schwarze kriegsdienstverpflichtet, die zumeist in den Kolonien kämpften. Vor allem Frankreichsetzte auch in Europa Schwarze Soldaten ein. Die deutsche Kriegspropaganda stellte dies als besondere Ungeheuerlichkeit heraus, weil dadurch die «deutsche weiße Rasse» von einer niederen «Rasse» bekämpft werde. Diese «Rassenpropaganda» verschärfte sich nach dem Krieg, als im Zuge der französischen Besatzung auch etwa 20–25.000 Schwarze Soldaten im Rheinland stationiert wurden. Eine bis dahin beispiellose und über Jahre hinweg andauernde Propagandahetze gegen Schwarze wurde daraufhin von den Deutschen entfesselt, die die «reine
weiße
Frau» und damit die deutsche Nation bedroht sahen. Auf einem berühmten Titelblatt des
Kladderadatsch
war am 30. Mai 1920 ein angsteinflößender Gorilla mit französischer Militärmütze und Marschgepäck abgebildet, der eine
weiße
Frau gegen ihren Willen verschleppt. Im Hintergrund ist ein Fluss zu erkennen, der sich durch die Bildunterschrift als Rhein zu erkennen gibt. Dort steht: «Der schwarze Terror in deutschen Landen.» Die Soziologin Iris Wigger hat gezeigt, dass sich an dieser «Schwarzen Schande», wie es zeitgenössisch hieß, Rassismus zeige, der die Kategorien Geschlecht, Nation, «Rasse» und Klasse gleichermaßen miteinander verknüpfte. Niemand anderes als Adolf Hitler hat dies im ersten Band von
Mein Kampf
1925 verdeutlicht, als er seinen bevorstehenden Kampf gegen Kapitalismus, Marxismus, Jüd_innen und «Nicht-Arier_innen» u.a. auch so begründete: «Juden waren und sind es, die den N. an den Rhein bringen, immer mit dem gleichen Hintergedanken und klaren Ziele, durch die dadurch zwangsläufig eintretende Bastardisierung die ihnen verhasste weiße Rasse zu zerstören, von ihrer kulturellen und politischen Höhe zu stürzen und selber zu ihren Herren aufzusteigen.»
    In den 1920er Jahren gingen aus Beziehungen zwischen
weißen
deutschen Frauen und Schwarzen Soldaten der französischen Besatzungsarmee etwa 600 Kinder hervor. Sie

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