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Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Moehrs
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danebentrat, stürzte ins Nichts. Deshalb war die Kunst des Knüpfens die angesehenste unter den Künsten dieser Dimension.
    Man bemühte sich geradezu, aus jedem Bewohner von 2364 (wie ich Qwerts Heimat aus Mangel eines richtigen Namens nennen muß) einen tüchtigen Teppichknüpfer zu machen. Alle anderen Tätigkeiten galten als Müßiggang. Die Vielzahl der verschiedenen Muster, Webarten, Formen und Farbgestaltungen, Größen und Materialien, aus denen sich die Teppiche zusammensetzten, war selbst für Qwert unbeschreiblich, auch wenn er sich wirklich bemühte, ein Bild davon zu vermitteln.
    Teppichboden war natürlich verpönt. Es gab zwar Auslegeware von unerhörten Ausmaßen, aber sie reichte nie von Wand zu Wand, denn in 2364 existierten keine Wände. Qwert berichtete von Läufern aus puren Goldfäden, liebevoll handgeknüpft, und anderen aus Spinnenseide, vielfach gebündelt aus Stabilitätsgründen. Die Bewohner von 2364 hatten die Kunst des Webens und Knüpfens auf ein für uns unvorstellbares Niveau gebracht, sie konnten eigentlich jedes Material, das man sich vorstellen kann, zu einem Knüpfwerk verarbeiten. Qwert behauptete, es gäbe dort Teppiche aus Glas, aus Holz, Blech, Marmor und sogar aus Tee.
    Alles mögliche wurde in Teppichform ausgedrückt, Gedichte, ganze Romane und Epen wurden verwebt, es gab geknüpfte Zeitungen für die Erwachsenen und lange bunte Bahnen mit vielen Bildern und wenig Text für die Jugend, von denen Qwert begeistert berichtete. Sehr kleine und hauchdünne Miniaturteppiche dienten als Zahlungsmittel, die Fortbewegung erfolgte auf mittelgroßen fliegenden Exemplaren oder größeren Teppichbussen, für die es überall in der 2364. Dimension Haltestellen gab.
    Wenn man sich zerstreuen wollte, ging man ins Knüpfkunstmuseum. Dort lagen Teppiche vergangener Epochen, aus überholten Materialien mit primitiven Mustern, bedeckt mit geheimnisvollen Runen in verschollenen Sprachen, antike Exemplare, die durch ständiges Begehen in vielen Jahren so fadenscheinig geworden waren, daß man durch sie hindurch ins Nichts blicken konnte. Zeitgenössische Künstler wetteiferten darin, den Teppichen neue Farben und Formen zu geben, es gab runde und dreieckige, sternförmige und gewellte, unglaublich breite und welche, deren Fasern so hoch standen, daß man sich hindurchkämpfen mußte wie durch ein wogendes Kornfeld.
    Jeder Bewohner von 2364 webte nebenher an seinem Lebensteppich, eine Art Tagebuch, Altersversorgung und Begräbnisritual in einem. Im Laufe seines Lebens knüpfte man in dieses Werk alle Erinnerungen, Daten, Bilder und Ereignisse, die einem wichtig erschienen. Das Alter, in dem es immer gefährlicher wurde, sich auf fremden Webbahnen zu bewegen, verbrachte man vorwiegend auf seinem eigenen Lebensteppich und verkürzte sich die Zeit mit der Betrachtung der Bilder und Erinnerungen. Wenn man starb, wurde man in diesen Teppich eingerollt und in ein Dimensionsloch geworfen. Was ich übrigens persönlich angesichts der ganzen Bemühungen, zu Lebzeiten Dimensionslöcher zu meiden, ziemlich barbarisch finde.
    Qwert litt sehr darunter, seinen Lebensteppich nicht mehr zu besitzen.

    Mit der Ernährung war es in der Nachtschule so eine Sache. Professor Nachtigaller aß nie, so wurde jedenfalls behauptet. Man munkelte, er ernähre sich von Dunkelheit. Für alle anderen - außer Qwert - gab es Ölsardinen. Da Prof. Nachtigaller selbst auf Ernährung keinen Wert legte, war ihm auch die seiner Schüler ziemlich schnurz. »Es ist mir egal, was meine Schüler essen, es muß nur immer dasselbe sein«, war sein Motto. Lebensmittel waren für ihn nur dann attraktiv, wenn sie extrem lange haltbar, einfach zuzubereiten, stark sättigend und leicht stapelbar waren. Diese Voraussetzungen erfüllten Ölsardinen auf das vorbildlichste. Die Schüler der Nachtschule entwickelten aus dieser Not die Fähigkeit, Ölsardinen auf die phantasievollsten Arten zuzubereiten. Zu trinken gab es dazu ausschließlich reines Quellwasser, das direkt dem Fels entsprang.

    Wie schon gesagt, gab es keine Hausaufgaben, keine Prüfungen, kein Mittel, das Professor Nachtigaller gewährleistet hätte, daß wir ihm überhaupt zuhörten, erst recht nicht, daß wir das Gehörte auch behielten. Trotzdem hatte ich das Gefühl, immer klüger zu werden, und ich konnte sogar beobachten, daß es den anderen genauso ging.
    Wir hatten nämlich angefangen, nach dem Unterricht Problemstellungen, die der Professor nur angetippt und dann

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