Die 13. Stunde
war ein Produkt der zweiten Generation mit seinem Achteck-Schlüsselsystem und besaß drei Öffnungen für drei achteckige Schlüssel, die mit einem bestimmten, auf die Flächen eingravierten Buchstaben nach oben eingesetzt werden mussten, wodurch sich mehr als dreitausend Kombinationen ergaben. In Mahagoni gekleidet, sah der Kasten nach außen hin wie ein Ziergegenstand aus, während er sich in Wahrheit mit den Safes im Weißen Haus messen konnte, was Härte und Widerstandskraft anging.
Paul hatte das Gespräch mit Shamus beendet, war, so schnell er konnte, zum Flugplatz gefahren und in weniger als einer Stunde nach Westchester geflogen. Sein kleines Privatflugzeug konnte Luftkorridore benutzen, die für den kommerziellen Flugverkehr zu niedrig lagen.
Und mit vollem Zugangsrecht – und ohne sich um Videokameras Gedanken machen zu müssen – war Paul in den wartenden Leihwagen gesprungen und zum Washington House gefahren. Dort hatte er den Kasten aus Hennicots Safe genommen und durch den leeren letzten Prototyp ersetzt, den er während der Entwicklungsphase gebaut hatte.
Über den einspurigen Verbindungsweg lenkte Dance seinen grünen Taurus auf den großen Parkplatz vor dem Privatflugzeugterminal, an den ein Meer aus kleinen Propellermaschinen und Jets grenzte, die in einer Reihe abgestellt waren, um ihren Besitzern Zugang zu ermöglichen, sobald sie eintrafen. Die Maschinen standen gegenüber der Seitenpiste, die zu den Startbahnen des Flughafens führte.
Dance parkte zwischen einem BMW und einem blauen Chevy Impala, die direkt neben einem schlanken weißen Flugzeug standen. Auf der Motorhaube des BMW stand ein Kasten aus dunklem Holz, als wäre er als Trophäe ausgestellt.
Ein fülliger Mann mit ordentlich frisiertem grauem Haar stand neben dem BMW, eine Hand auf dem Kasten. Er hatte kräftige Schultern und einen zwingenden Blick. Ein zweiter Mann – ein Countryclub-Typ, der größer war und kultivierter wirkte – saß hinter dem Lenkrad des BMW. Die Fahrertür war geöffnet; die Füße des Mannes ruhten auf dem Asphalt.
»Warten Sie hier«, sagte Sam, stieg aus und knallte die Tür hinter sich zu.
Die beiden Brüder waren in vieler Hinsicht völlig unterschiedlich. Sam war schmächtig und hager, sein Bruder kräftig und massig; Paul strahlte die Selbstsicherheit eines Erfolgsmenschen aus, während Sam sich nervös und schreckhaft zeigte.
Sam wusste, dass sein sorgfältig ausgeklügelter Plan vereitelt war, weil das Ziel seiner Wünsche offen auf der Motorhaube des BMW lag.
»Was hast du getan?«, stieß er hervor.
»Das ist nicht dein Ernst, oder?«, fuhr Paul ihn an. »Du stöberst in meinen Akten und Dateien und hast vor, einen Mann zu bestehlen, der nicht nur mein bester Kunde ist, sondern auch einer meiner engsten Freunde! Und dann hast du den Nerv, mich zu fragen, was ich getan habe?«
»Du kannst mich mal!« Sam kniff die blutunterlaufenen Augen zusammen.
»Tolle Antwort.«
»Behandle mich nicht wie ein Kind«, versetzte Sam.
»Das habe ich nie getan«, erwiderte Paul. »Ist dir schon mal der Gedanke gekommen, dass es an deinem Lotterleben liegen könnte, wenn man dich nicht für voll nimmt?«
»Erzähl du mir nichts über das Leben!«
»Ach Gott, ja, dein Leben ist so furchtbar hart.« Pauls Körpersprache war so deutlich wie seine Worte.
»Leck mich am Arsch!«, explodierte Sam.
»Weißt du was, Sam? Du bist faul, dumm und rücksichtslos. Ahnst du überhaupt, wie einfach es war, dir auf die Schliche zu kommen? Hierherzufliegen und den Kasten aus dem Safe zu nehmen, ehe du auch nur in seine Nähe kommst?« Paul fuhr mit der Hand über das glatte Holz des Deckels.
Sams Atem ging vor Aufregung schneller.
»Sag mir einfach, was du willst«, schlug Paul vor, während er den Kasten tätschelte. »Ist es das Geld? Ist es Anerkennung? Oder ist es wirklich dieser Kasten?«
Dance stieg aus dem Auto und trat auf Sam zu. »Würden Sie mir langsam mal sagen, was hier los ist?«
»Warten Sie im Wagen«, erwiderte Sam.
»Wer ist das?« Dance wies mit dem Finger auf Paul und warf einen Blick auf den Kasten. »Und was ist das da?«
»Nichts«, sagte Sam.
»Na klar – nichts«, höhnte Dance.
»Das geht nur mich und meinen Bruder etwas an.«
»Ihren Bruder?«, fragte Dance überrascht. »Was ist hier los, verdammt?«
Keiner der Dreyfus-Brüder antwortete; beide schwiegen in gegenseitiger Verärgerung.
Dance blickte den Mann an, der im BMW saß. »Wer sind Sie?«, wollte er
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