Die 13. Stunde
fünften Datei entdeckte er Bilder, die er kannte: Bilder vom Tresor, dem Lagerraum, den Fluren und Konferenzräumen. Die Bilder wechselten vom noch unbeschädigten Schaukasten, in dem zierliche Schwerter, Dolche und Pistolen lagen, zu Hennicots Büro und den Panzerschränken, deren Türen beide noch geschlossen waren. Dann, nach dem Zeitstempel um 11.15 Uhr, verwandelten sich auch die Bilder dieser beiden Dateien in flimmernden Schnee.
Nick klickte auf die sechste und letzte Datei und fand sich in einer Sackgasse wieder: Eine Dialogbox öffnete sich und gab bekannt, dass der Dateityp nicht erkannt sei. Nick versuchte es noch einmal und kopierte die Datei abermals vom Palm Pilot, als Marcus zurückkam.
»Sieht verschlüsselt aus«, sagte er, als er Nick über die Schulter blickte. »Vertraulich, nehme ich an.«
Nick zog die Taschenuhr hervor. Von der Stunde waren nur noch zehn Minuten übrig, und aus den Dateien hatte er längst nicht so viel erfahren, wie er sich erhofft hatte.
»Was hast du herausgefunden?«, fragte Marcus.
»Nicht viel.« Nick reichte ihm den Ausdruck. »Wie es aussieht, begann der Einbruch um viertel nach elf.«
»Okay«, sagte Marcus, wobei er das Foto betrachtete, »ein Gesicht hast du jetzt. Das ist doch schon mal ein Anfang.«
»Ja, wenn ich einen Monat Zeit hätte. Mir bleiben aber nur noch ein paar Stunden. Was hast du über den Wagen herausgefunden?«
Marcus wedelte mit einem Fax und einem Fotoabzug, die er in der Hand hielt. »Dein Chevy ist ein Leihwagen.«
»Verdammt.«
»Nur die Ruhe.« Marcus reichte Nick das Foto eines Mannes mit kantigem Gesicht, der sein blondes Haar aus der Stirn zurückgekämmt trug. Dem Hemdkragen und der breiten Krawatte nach zu urteilen, war das Bild wenigstens zwanzig Jahre alt. »Er heißt Paul Dreyfus.«
Nick verglich die beiden Bilder. Es gab kaum Ähnlichkeiten.
»Und was soll ich damit anfangen? Das kann weiß Gott wer sein.«
»Warte erst mal ab. Ich habe meine sämtlichen Mitarbeiter darauf angesetzt, den Burschen zu überprüfen.« Marcus las von dem Fax ab. »Dreyfus ist ziemlich erfolgreich. Ihm und seinem Bruder Sam gehört die Dreyfus Security Group, das bedeutendste Sicherheitsunternehmen des Landes. Er wohnt auf der Main Line in Haverford, Pennsylvania. Verheiratet, zwei Kinder. Keine besonderen Hobbys, außer das eigene Flugzeug zu steuern.«
»Er kommt aus Philly?«, fragte Nick überrascht.
»Ja. Er ist heute mit seiner eigenen Maschine zum Flughafen Westchester geflogen. Allerdings war weder in Philly noch in Jersey sein Abflug verzeichnet, als meine Leute es überprüft haben.«
»Vielleicht habt ihr einen Flughafen übersehen. Spielt es denn eine Rolle, woher er kam?«
»Das wissen wir noch nicht. Jedenfalls hat Hertz einen Vertrag mit Dreyfus’ Firma. Der Mietwagen wurde heute Morgen um acht Uhr fünfunddreißig zum Privatjetterminal geliefert. Dreyfus konnte aus dem Flugzeug gleich in den Wagen umsteigen.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte Nick. »Wenn er einen Einbruch verüben wollte, wieso hinterlässt er dann eine so offensichtliche Spur, indem er sich ein Auto mietet?«
»Eins nach dem anderen«, entgegnete Marcus. »Dreyfus ist als Sicherheitsguru der Reichen bekannt. Zusammen mit Michael St. Pierre von Secure Systems gilt er als der beste Sicherheitssystemdesigner der Branche. Er hat seine Finger überall drin. Vielleicht hat er sein Geld mit dem Verkauf von Passcodes verdient.«
»Das ist doch Unsinn«, sagte Nick. »Wenn sich herumspräche, dass auch nur eines seiner Sicherheitssysteme versagt hat, wäre er in null Komma nichts aus dem Geschäft und man würde gegen ihn ermitteln.«
»Sicher, aber findest du es nicht seltsam, dass er am Tag des Einbruchs hier ist? Außerdem haben meine Leute seinen Namen auf der Passagierliste eines Fluges gefunden, der um acht Uhr dreißig ab Philly ging.«
»Aber du hast doch gesagt, er hat den Wagen um acht Uhr fünfunddreißig bekommen. Das passt doch nicht zusammen«, sagte Nick.
»Ja, eben. Und es kommt noch merkwürdiger. Der Mann im Flugzeug war Sam Dreyfus, Pauls Bruder. Die Maschine ist heute Morgen um zehn Uhr zehn in Westchester gelandet.«
»Brüder, die zusammenarbeiten«, murmelte Nick.
»Ja. Einer bereitet alles vor und holt den anderen ab. Dann ziehen sie die Sache durch und verbringen die nächsten Stunden damit, ihre Spuren zu beseitigen …«
»Und Julia zu ermorden«, fügte Nick düster hinzu.
»Ich wette die zweitausend Dollar, die Mitch
Weitere Kostenlose Bücher