Die 13. Stunde
mir schuldet, dass sie heute Abend nach dem Mord an Julia von hier abfliegen wollten.« Marcus lächelte. »Aber so weit wird es nicht kommen. Denn Julia wird nichts geschehen. Du hast die Namen der Dreyfus-Brüder, du hast von einem ein Foto, und du hast ein Foto von einem der Einbrecher. Wenn ich du wäre, Nick, würde ich damit zur Polizei gehen. Erzähl von dem Einbruch, sag, dass sie es auf Julia abgesehen haben, und lass sie die Ermittlung aufnehmen, während du auf eigene Faust weitermachst.«
Nick lächelte. »Tust du mir einen Gefallen?«
»Noch einen? Mann, wirst du bei mir in der Kreide stehen!«
»Schreib einen Brief an dich selbst.«
»Wieso?«
»Weil ich noch immer deine Hilfe brauche.«
»Ich lass dich nicht im Stich, alter Junge.«
»Ich weiß, Marcus. Aber wenn ich dich wiedersehe, ist es Stunden früher, und du erinnerst dich an nichts von alledem. Und ich kann es mir nicht leisten, dich immer wieder von Neuem zu überzeugen.«
»Das ist verrückt!«
»Komm schon, tu mir den Gefallen. Schreib irgendetwas auf, von dem ich keine Ahnung habe. Nur du allein darfst es wissen.«
»Also gut.« Marcus griff in seinen Schreibtisch und zog ein Blatt persönliches Briefpapier heraus. Er überlegte kurz, schrieb dann zwei Minuten lang, unterzeichnete, griff in die Schreibtischschublade und nahm eine Prägezange für sein Firmensiegel heraus. Er hielt sie über die Unterschrift, drückte den Griff zusammen und prägte das Firmensiegel ins Briefpapier.
»Die erhabene Prägung über meiner Unterschrift ist mein persönliches Siegel«, sagte er. »Ich benutze es nur auf Firmendokumenten und nur bei meiner Unterschrift, um ihre Gültigkeit zu bestätigen. Es gibt nur ein Exemplar davon.«
Marcus faltete den Brief zusammen, nahm einen Umschlag und schob ihn hinein. »Warte mal«, sagte er dann und drehte sich zum Computer um. Er rief den Internetbrowser auf und ging auf die Homepage des Wall Street Journal . Die Schlagzeile galt dem Absturz von Flug 502; dazu kamen die Abschlusswerte des DOW, des S&P 500, des Russell Index und des 10-Year-Treasury, während darunter die neusten Finanznachrichten vorbeiliefen. Rasch druckte Marcus die Seite aus und schob das Blatt mit in den Umschlag.
»Wenn ich mir schon einen Brief aus der Zukunft schreibe, kann ich ruhig das Profitpotenzial ausnutzen«, sagte er lächelnd, während er den Umschlag zuklebte, an sich selbst adressierte und ihn dann Nick reichte. »Ich werde uns beide für verrückt halten, wenn ich das lese.«
Nick steckte den Brief in die Innentasche seines Sportsakkos.
»Solange es dich überzeugt, ist es mir egal, was du denkst«, sagte er und schaute auf die Uhr: eine Minute vor sieben. »Ich muss Julia von hier wegschaffen. Versprich mir, dass du dich um sie kümmerst.«
»Ich gebe dir mein Ehrenwort«, erwiderte Marcus.
»Und wenn mir etwas zustoßen sollte …«
»Wenn dir etwas passiert, stelle ich eine Armee auf, um die Dreckskerle zu finden. Dann werden sie jeden Atemzug bereuen, den sie je getan haben.«
Nick lächelte. Anerkennung für seinen Freund lag in seinem Blick, als er die Bibliothek verließ, das Foyer durchquerte und rasch zur Haustür hinausging.
Blick, als er die Bibliothek verließ, das Foyer durchquerte und rasch zur Haustür hinausging.
Marcus beobachtete Nick durch das Erkerfenster, als dieser über den Rasen zum Haus der Quinns ging. Plötzlich fiel ihm etwas ein. Er eilte zur Haustür, riss sie auf und rief: »He, was ist mit …«
Doch die weite Rasenfläche zwischen ihren Häusern war leer.
Nick war wie vom Erdboden verschluckt.
S ullivan Field war ein ausgedehntes Areal mit Sport- und Spielplätzen, zwei Meilen vom Stadtzentrum entfernt. Sechs Jahre zuvor hatte ein Großunternehmen, die International Data Systems, das Grundstück der Stadt gestiftet und dafür beim Bau ihres Firmenhauptsitzes in der Nähe großzügige Nachlässe bei der Grunderwerbsteuer erhalten. Die Firma hatte nicht nur das Baugelände zur Verfügung gestellt, sondern auch die Architekten, Baufirmen und Landschaftsgärtner bezahlt, um einen der besten Sportparks im Bundesstaat zu bekommen.
Es gab Footballfelder mit Trainerbänken und Tribünen, Fußball- und Baseballplätze, Tenniscourts und Basketballplätze. Hinzu kam ein Sportstadion mit 400-Meter-Bahn. Es gab sogar ein Eishockey-Spielfeld, das von November bis März in Betrieb war. In einem Zentralgebäude waren Umkleideräume und Duschen untergebracht. Der Rasen war
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