Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
irgendjemandes Geschwistertier war, doch ich hegte einen starken Verdacht in diese Richtung. Ich hatte sie aufbewahrt, um sie Chade zu zeigen. Ich wusste, dass wir einen Spion in den Burgmauern hatten. Der Lorbeerzweig an dem kleinen Galgen, den Laurel im Stall gefunden hatte, war Beweis genug dafür. Nun schien es möglich zu sein, dass die Ratte und damit auch der Mensch, mit dem sie verschwistert gewesen war, zumindest teilweise Kenntnis von unseren Geheimgängen hatten. Ich hoffte nur, dass der alte Mann heute Abend in den Turm hinaufkommen würde.
Nun wandte ich mich erst einmal den beiden alten Gabenschriften zu, an denen wir schon gearbeitet hatten. Sie waren weit schwieriger als die EisfeuerPergamente, doch die Arbeit an ihnen war deutlich befriedigender. Chade glaubte, dass beide Schriftrollen Teil des gleichen Werkes waren; das hatte er aus dem verwendeten Pergament und der Schriftart geschlossen. Ich wiederum hielt sie anhand der Wortwahl und Illustrationen für nicht miteinander verwandt. Beide Schriftrollen waren ausgeblichen und brüchig; Worte und manchmal auch ganze Sätze waren nicht mehr zu lesen. Beide waren sie in einer archaischen Schrift geschrieben, die mir Kopfschmerzen bereitete. Neben jeder Schriftrolle lag ein frisches Stück Pergament, auf dem wir, Chade und ich, unsere Übersetzung niederschrieben. Mir fiel auf, dass meine Handschrift inzwischen die Überhand gewonnen hatte. Ich schaute mir Chades letzten Beitrag an. Es war ein Satz, der mit den Worten begann: »Die Verwendung von Elfenrinde«. Ich runzelte die Stirn, als ich das las, und fand die entsprechende Zeile auf der alten Schriftrolle. Die Illustration daneben war zwar verblasst, aber es handelte sich eindeutig nicht um Elfenrinde. Das Wort, das Chade mit »Elfenrinde« übersetzt hatte, war teilweise von einem Fleck unkenntlich gemacht. Als ich die Augen zusammenkniff, um es mir genauer anzusehen, musste ich zugeben, dass »Elfenrinde« in der Tat die wahrscheinlichste Übersetzung war. Nur das ergab keinen Sinn. Es sei denn, die Illustration bezog sich nicht auf diesen Textabschnitt. In diesem Falle wäre dann der Teil, den ich übersetzt hatte, vermutlich falsch. Ich seufzte.
Das Weinregal schwang auf. Chade betrat den Raum gefolgt von Dick, der ein Tablett mit Essen und Trinken trug. »Guten Abend«, begrüßte ich die beiden und legte sorgfältig meine Arbeit beiseite.
»Guten Abend, Tom«, grüßte Chade.
»Abend, Meister«, Stinkehund, echote Dick.
Nenn mich nicht so. »Guten Abend, Dick. Ich dachte, wir beide wären früher am Tag verabredet gewesen.«
Der Schwachkopf stellte das Tablett auf den Tisch und kratzte sich. »Vergessen«, sagte er und zuckte mit den Schultern, doch er kniff die Knopfaugen zusammen, als er das sagte.
Ich blickte Chade resignierend an. Ich hatte es versucht, doch der alten Manne warf mir einen säuerlichen Blick zu, der mir sagte, dass ich es wohl nicht hart genug versucht hatte. Ich suchte nach einer Möglichkeit, Dick loszuwerden, um mit Chade über die Ratte sprechen zu können.
»Dick? Wenn du das nächste Mal Feuerholz raufbringst, könntest du noch eine Extraladung mitbringen? Abends wird es manchmal recht kalt hier oben.« Ich deutete auf die schwächer werdenden Flammen. Ich hatte das Feuer runterbrennen lassen müssen, da nicht genug Holz dagewesen war.
Kalter Stinkehund. Der Gedanke erreichte mich klar und deutlich, doch Dick stand einfach nur da, als hätte er mich nicht verstanden.
»Dick? Zwei Ladungen Feuerholz heute Abend. Verstanden?« Chade sprach ein wenig lauter zu ihm, als nötig gewesen wäre, und er betonte jedes einzelne Wort über Gebühr. Fühlte er nicht, wie sehr das Dick ärgerte? Der Mann mochte ja vielleicht nicht gerade helle sein, aber er war nicht taub und auch nicht wirklich dumm.
Dick nickte langsam. »Zwei Ladungen.«
»Du könntest sie jetzt direkt holen«, sagte Chade.
»Jetzt«, willigte Dick ein. Als er sich zum Gehen wandte, warf er mir aus den Augenwinkeln heraus einen Blick zu. Stinkehund. Mehr Arbeit.
Ich wartete, bis er verschwunden war, bevor ich mich an Chade wandte. Er hatte das Tablett gegenüber den Schriftrollen auf den Tisch gestellt. »Er versucht nicht mehr, mich mit der Gabe anzugreifen; aber er benutzt sie, um mich insgeheim zu beleidigen. Er weiß, dass du ihn nicht hören kannst. Ich habe keine Ahnung, warum er mich so wenig mag. Ich habe ihm nichts getan.«
Chade hob eine Schulter. »Nun, ihr beide werdet schon darüber
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