Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
nur, dass er mich mehr oder weniger aus seinem Schlafzimmer ausgesperrt hatte, während er Jek zu Gesprächen unter vier Augen hereinließ. Nicht dass ich an seiner Tür geklopft und Einlass verlangt hätte. Ihm gegenüber hatte ich mürrisches Schweigen bewahrt, während ich hungrig darauf gewartet hatte, dass er mich fragen würde, was mich bekümmerte. Das Problem war nur, dass er das nicht tat. Seine Gedanken schienen auf etwas anderes gerichtet zu sein; mein Schweigen und mein mürrisches Auftreten bemerkte er offenbar gar nicht. Gibt es etwas Provozierenderes, als darauf zu warten, dass irgendjemand einen schwelenden Streit eröffnet? Meine Stimmung wurde immer düsterer. Dass Jek den Narren für eine Frau mit Namen Amber hielt, trug auch nicht gerade dazu bei, mich zu beruhigen. Das machte die Situation sogar noch bizarrer.
Erfolglos versuchte ich, mich mit anderen Mysterien abzulenken. Laurel war verschwunden. In den kürzer werdenden Wintertagen war mir ihre Abwesenheit aufgefallen. Meine diskreten Nachfragen, wo die Jagdmeisterin wohl sein mochte, hatten Gerüchte zutage gefördert, dass sie ihre Familie besuchen sei. Unter den Umständen zweifelte ich daran. Auf meine offene Frage erklärte Chade mir, dass es mich nichts anginge, wenn die Königin beschlossen habe, ihre Jagdmeisterin irgendwohin zu schicken, wo ihr keine Gefahr mehr drohte. Als ich nachhakte, wo dieses Irgendwo wohl liegen mochte, warf er mir einen vernichtenden Blick zu. »Je weniger du weißt, desto geringer die Gefahr für sie und dich.«
»Gibt es da noch zusätzliche Gefahren, von denen ich wissen sollte?«
Er dachte einen Moment nach, bevor er mir antwortete; dann seufzte er. »Ich weiß es nicht. Sie hat um eine Privataudienz bei der Königin gebeten. Was dort besprochen wurde, weiß ich nicht, denn Kettricken wollte es mir nicht sagen. Sie hat der Jagdmeisterin das dumme Versprechen gegeben, dass es ein Geheimnis zwischen ihnen beiden bleiben würde. Dann war Laurel verschwunden. Ich weiß nicht, ob die Königin sie fortgeschickt oder ob sie um Erlaubnis gebeten hat zu gehen; vielleicht ist sie auch schlicht geflohen. Ich habe Kettricken gesagt, dass es unklug sei, mich darüber im Unklaren zu lassen; aber sie rückt keinen Deut von ihrem Versprechen ab.«
Ich dachte an Laurel, wie ich sie zuletzt gesehen hatte. Ich vermutete, sie war losgezogen, um die Gescheckten auf ihre eigene Art zu bekämpfen. Wie das jedoch aussehen mochte, das konnte ich mir noch nicht einmal vorstellen; aber ich hatte Angst um sie. »Haben wir irgendwas von Lutwin und seinen Anhängern gehört?«
»Nichts, wovon wir ausgehen könnten, dass es wirklich der Wahrheit entspricht. Aber drei zusammenhängende Gerüchte könnten durchaus die Wahrheit ergeben, wie man so sagt, und es gibt eine Menge Gerüchte, dass Lutwin sich wieder von seinen Verletzungen erholt hätte, die du ihm zugefügt hast, und das er schon bald wieder die Macht bei den Gescheckten übernehmen würde. Die beste Neuigkeit, die wir haben, ist, dass einige ihm offensichtlich dieses Recht streitig machen. Wir können nur hoffen, dass er genug eigene Probleme hat, sodass er sich um nichts anderes mehr kümmern kann.«
Dieser Hoffnung konnte ich mich nur von ganzem Herzen anschließen, auch wenn ich nicht so recht dran glauben konnte.
Ansonsten gab es auch nicht viel, was mir das Leben leichter gemacht hätte. Am Morgen der Abreise der Narcheska war der Prinz nicht in den Gabenturm gekommen. Das hatte mir allerdings kein Kopfzerbrechen bereitet. Er hatte eine lange Nacht hinter sich, und früh morgens hatte er an den Docks erscheinen müssen. Aber auch an den zwei Morgen danach hatte ich vergeblich auf ihn gewartet. Ich erschein zur verabredeten Stunde, wartete, arbeitete allein an den Übersetzungen und ging wieder. Er sandte mir kein Wort der Erklärung. Nachdem ich am zweiten Morgen in meiner Wut vor mich hin geschmort hatte, beschloss ich, keinen Kontakt mit ihm aufzunehmen. Das stand mir nicht zu, sagte ich mir entschlossen. Ich versuchte, mich in die Haut des Prinzen zu versetzen. Wie hätte ich mich gefühlt, hätte ich herausfinden müssen, dass Veritas mir den Gabenbefehl erteilt hatte, loyal zu sein? Ich konnte mich noch allzu gut daran erinnern, wie ich mich gefühlt hatte, als Gabenmeister Galen meinen Geist vernebelt und so mein Talent vor mir verborgen hatte. Pflichtgetreu hatte das Recht, sowohl wütend auf mich zu sein als auch mich mit königlicher Verachtung zu strafen.
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