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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Dummheit noch sein Aussehen ausgesucht. Mir kam der Gedanke, dass es da eine Frage gab, die niemand bis jetzt gestellt hatte, eine Frage, die mir plötzlich als wichtig erschien, und die die Sache mit der Kordiale für Pflichtgetreu in einem ganz neuen Licht darstellte.
    »Dick«, sagte ich. Er grunzte. Ich sagte nichts weiter, bis er sein wildes Holzstapeln beendet hatte, sich umdrehte und mich grimmig anblickte. Jetzt war vielleicht nicht gerade der beste Zeitpunkt, ihn überhaupt irgendwas zu fragen; aber ich bezweifelte, dass sich uns je eine bessere Gelegenheit für dieses Gespräch bieten würde. Als ich sicher war, dass ich seine Aufmerksamkeit hatte, redete ich weiter. »Dick. Möchtest du, dass ich dich in der Gabe unterweise?«
    »Was?« Er blickte mich misstrauisch an, als wolle ich mich über ihn lustig machen.
    Ich atmete tief durch. »Du besitzt eine Fähigkeit.« Sein Gesicht verfinsterte sich weiter. Ich drückte mich deutlicher aus. »Du kannst etwas tun, was andere nicht tun können. Manchmal benutzt du es, damit Leute dich ›nicht sehen‹. Manchmal benutzt du es, um mir Schimpfnamen zu geben, Namen, die Chade nicht hören kann. Wie ›Stinkehund‹.« Das ließ ihn grinsen. Ich ignorierte das. »Möchtest du, dass ich dir beibringe, diese Fähigkeit auch auf andere Art zu benutzen? Auf eine gute Art, die dir dabei hilft, deinem Prinzen zu dienen?«
    Er dachte noch nicht einmal darüber nach. »Nein.« Er drehte sich um, sammelte Holzsplitter vom Boden und warf sie auf den Stapel.
    Die Schnelligkeit seiner Antwort überraschte mich ein wenig. »Warum nicht?«
    Er schaukelte auf den Fersen und blickte zu mir herüber. »Ich habe genug Arbeit.« Bedeutungsvoll schaute er von mir zum Feuerholz. S tinkehund.
    Lass das. »Nun. Wir alle haben Arbeit. So ist das Leben.«
    Dick erwiderte nichts darauf, weder auf die eine noch auf die andere Art; er fummelte nur weiter an dem Stapel herum. Wieder atmete ich tief durch und beschloss, nicht darauf zu reagieren. Ich fragte mich, was ich wohl tun könnte, um ihn wenigstens ein wenig freundlicher zu stimmen, denn plötzlich wollte ich ihn unterrichten. Mit ihm konnte ich einen Anfang machen, als Zeichen für meine Königin. Konnte man Dick bestechen, es mit dem Unterricht zu versuchen, wie Chade es vorgeschlagen hatte? Konnte ich die Sicherheit meiner Tochter erkaufen, indem ich ihn verführte? »Dick«, fragte ich, »was willst du?«
    Das ließ ihn innehalten. Er drehte sich wieder zu mir um und verzog das Gesicht. »Was?«
    »Was willst du? Was würde dich glücklich machen? Was willst du vom Leben?«
    »Was ich will?« Er blinzelte mich an, als könne er mich dadurch besser verstehen. »Du meinst, was ich haben will? Für mich?«
    Ich nickte. Langsam stand er auf und kratzte sich im Nacken. Er schürzte die Lippen beim Denken und schob gleichzeitig die Zunge heraus. »Ich will … Ich will den roten Schal, den Rüpel hat.« Er schwieg und starrte mich mürrisch an. Ich glaube, er erwartete von mir, dass ich ihm sagte, den könne er nicht haben. Ich wusste noch nicht einmal, wer oder was dieser ›Rüpel‹ war.
    »Ein roter Schal. Ich glaube, ich könnte dir einen besorgen. Was sonst noch?«
    Minutenlang starrte er mich einfach nur an. »Und einen rosa Zuckerkuchen, den ich ganz alleine essen darf. Keinen verbrannten. Und … und einen ganzen Haufen Rosinen.« Wieder hielt er inne und blickte mich herausfordernd an.
    »Was noch?«, fragte ich. Bis jetzt klangen seine Wünsche nicht unerfüllbar.
    Dick trat näher an mich heran. Er glaubte, dass ich ihn verspotten wollte. Mit sanfter Stimme fragte ich: »Wenn du all diese Dinge hättest, jetzt, was würdest du sonst noch wollen?«
    »Wenn … Wenn ich Rosinen und Kuchen hätte?«
    »Rosinen und Kuchen, und einen roten Schal. Was sonst noch?«
    Sein Mund arbeitete, und er kniff die kleinen Augen zusammen. Ich glaube nicht, dass er je darüber nachgedacht hatte, mehr als das zu wollen. Ich musste ihn den Hunger lehren, wenn ich ihn bestechen wollte. Gleichzeitig versetzte die Schlichtheit der Wünsche, die diesem Mann als unerreichbar erschienen, meinem Herzen einen Stich. Er bat weder um mehr Lohn noch um mehr Zeit für sich – nur um diese kleinen Dinge, diese kleinen Freuden, die ein hartes Leben erträglich machten.
    »Ich will … ein Messer, wie du eins hast. Und eine von diesen Federn, den großen mit den Augen darauf. Und eine Trillerpfeife. Eine rote. Ich hatte eine … Meine Mama hat mir eine rote

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