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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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konnte sie von einer anderen Person stammen, beweisen tat das aber kaum etwas. Das Papier war bei allen drei Nachrichten gleich. Das war auch nicht überraschend: Gutes Papier war teuer; Rinde konnte jedoch jeder von einer Birke abziehen. Das bedeutete allerdings noch lange nicht, dass die drei Nachrichten aus einer oder aus zwei Quellen stammten. Ich wog einzelne Theorien gegeneinander ab. Hatte es bereits vor der Entführung des Prinzen zwei Fraktionen unter den Zwiehaften gegeben, die beide für ein Ende der Verfolgung ihresgleichen kämpften? Oder dachte ich nur so, weil ich das einfach glauben wollte? Es war schon schlimm genug, dass der Schwarze Rolf und seine Freunde vermutet hatten, wer ich war: der zwiehafte Bastard, der angeblich in Edels Kerker gestorben war. Ich wollte nicht, dass die Gescheckten wussten, dass FitzChivalric noch lebte.
    Ich betrachtete erneut die Liste der Toten. Da war noch ein anderer Name: Nat aus dem Fenn. Das hätte einer von jenen sein können, die ich einmal beim Schwarzen Rolf getroffen hatte. Allerdings konnte ich mir nicht sicher sein. Ich trommelte mit den Fingern auf den Tisch und fragte mich, ob ich es wagen konnte, die Gemeinde der Zwiehaften nahe Kronhals zu besuchen. Was wollte ich dort tun? Sie fragen, ob sie der Königin eine Nachricht geschickt hatten, in der sie mein Leben bedrohten? Das schien mir nicht gerade die beste Strategie zu sein. Vielleicht war das alles nur ein Bluff gewesen. Wenn ich dorthin gehen und sie mich sehen würden, würde ich ihnen bestätigen, dass ich noch lebte, auch nach all den Jahren. Nein. Das war nicht die Zeit für Konfrontationen. Vielleicht hatte Chade wirklich das Beste getan. Er hatte mich aus meinem Haus fortgeholt und nach außen hin so getan, als hätte es diese Drohung nie gegeben. Meine Wut auf ihn schwand rasch dahin. Nichtsdestotrotz musste ich ihn davon überzeugen, dass es keine gute Idee gewesen war, die Wahrheit vor mir zu verheimlichen. Wovor hatte er Angst gehabt? Dass ich dem Prinzen nicht zur Hilfe kommen, sondern irgendwo aufs Land fliehen würde, um dort ein neues Leben zu beginnen? War das wirklich, was er von mir dachte?
    Ich schüttelte den Kopf. Offensichtlich war es an der Zeit, ein paar Dinge mit Chade zu klären. Er musste akzeptieren, dass ich nun ein Mann war, der sein eigenes Leben voll im Griff hatte und durchaus fähig war, Entscheidungen zu treffen. Mit Kettricken würde ich auch reden müssen. Ich würde Chade bitten, ein Treffen mit ihr zu arrangieren, damit ich ihr persönlich von meinen Ängsten um meine Tochter erzählen und sie darum bitten konnte, mir zu versprechen, Nessel in Ruhe zu lassen. Und der Narr … Das sollte ich wohl besser auch klären. Das waren meine Gedanken, als ich Chades Turm verließ, um mich in mein Bett zu legen und den Rest der Nacht zu schlafen.
    Ich schlief nicht gut. Meine Träume zogen Nessel an, wie das Licht eine Motte. Ich schlief, aber es war der Schlaf eines Mannes, der mit dem Rücken an einer belagerten Tür lehnte. Ich war mir Nessels Gegenwart bewusst, sie versuchte, eine Verbindung zu mir aufzubauen. Zuerst war sie schlicht entschlossen, dann wütend. Gegen Morgen wurde sie verzweifelt. Es fiel mir unendlich schwer, meine Mauern gegen ihr Flehen aufrecht zu erhalten. »Bitte. Bitte.« Das war alles, was sie sagte, doch ihre Gabe machte aus diesen Worten einen Wirbelwind in meinem Geist.
    Ich erwachte mit einem dumpfen Pochen im Schädel. All meine Sinne fühlten sich verschlissen an, aufgescheuert. Das gelbe Kerzenlicht in meinem Zimmer kam mir viel zu hell vor und jedes Geräusch viel zu laut. Das war definitiv ein Morgen, den man mit einem Stückchen Elfenrinde beginnen sollte – egal, ob mit oder ohne Chades Erlaubnis. Ich stand auf, spritzte mir Wasser ins Gesicht und zog mich an.
    Ich verließ unsere Gemächer. Langsam stieg ich zur Küche hinunter. Auf dem Weg dorthin traf ich Fürst Leuenfarbs Pagen. Ich gab Char für den Morgen frei und sagte ihm, dass ich heute das Frühstück unseres Herrn holen würde. Sein erfreutes Grinsen und die wiederholten Danksagungen erinnerten mich daran, dass ich selbst einmal ein Junge gewesen war, der jede freie Minute mit Dutzenden von Aktivitäten hatte füllen können. Plötzlich kam ich mir alt vor. Außerdem erfüllte mich Chars ›Danke, Danke‹ mit Scham. Ich wollte allein in unseren Zimmern essen, und wenn ich so tat, als würde ich Fürst Leuenfarbs Frühstück holen, war das einfach.
    Das Klappern, der Dampf

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