Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
sie zu bedeuten hätten. Ich antwortete ihm offen: »Ich kenne den Status des Mannes nicht in Bezug auf das Angebot der Narcheska an Königin Kettricken. Aber ich glaube nicht, dass er sich durch das Verlöbnis gebunden fühlt, und sein Rat an das Mädchen lautete eindeutig, dass auch sie sich nicht gebunden fühlen muss.«
»Ich finde das äußerst interessant. Das ist ein wertvolles Stück Information, Fitz, das muss ich sagen. Diese seltsame Dienerin fasziniert mich ebenfalls. Wenn es deine Zeit erlaubt, könntest du sie dir ja noch einmal genauer ansehen und mir berichten, was du herausfinden kannst.«
»Kann dein neuer Lehrling das nicht genauso gut tun?«
»Du schnüffelst schon wieder herum, und du weißt es; aber diesmal will ich dir antworten. Nein. Mein Lehrling kennt meine Geheimgänge durch die Burg genauso wenig, wie du sie damals gekannt hast. Das ist keine Aufgabe für Lehrlinge. Lehrlinge haben genug damit zu tun, sich um ihre eigenen Geheimnisse zu kümmern, da muss man sie nicht auch noch mit meinen belasten. Aber ich glaube, ich werde meinen Lehrling bitten, die Dienerin im Auge zu behalten. Sie ist das Puzzleteil, das ich am meisten fürchte. Aber die Spionagetunnel und Geheimgänge von Bocksburg sind nur etwas für dich und mich. Also …«, und hier erschien ein schiefes Lächeln auf seinem Gesicht, »… ich nehme an, du kannst davon ausgehen, den Gesellenstatus erreicht zu haben. Natürlich heißt das nicht, dass du noch immer ein Assassine bist. Wir wissen beide, dass dem nicht mehr so ist.«
Dieser Scherz traf mich an einer schwachen Stelle. Ich wollte nicht darüber nachdenken, wie tief ich bereits wieder in meine alte Rolle als Spion und Assassine gerutscht war. Ich hatte bereits wieder für meinen Prinzen getötet – mehrere Male. Das war in der Hitze des Zorns gewesen, als ich mich verteidigt und Prinz Pflichtgetreu gerettet hatte. Würde ich wieder töten und zwar im Geheimen, mit Gift und in dem kaltblütigen Wissen, dass es eine Notwendigkeit für das Haus Weitseher war? Das Beunruhigendste an dieser Frage war die Tatsache, dass ich sie nicht beantworten konnte. Ich lenkte meinen Geist auf ergiebigere Wege.
»Wer ist der Mann im Gemach der Narcheska? Abgesehen davon, dass er ihr Onkel Peottre ist, meine ich.«
»Ah. Nun, du hast dir unwissentlich schon selbst geantwortet. Er ist ihr Onkel, der Bruder ihrer Mutter. In der alten Tradition der Äußeren Inseln ist die Mutter bedeutender als der Vater. Für sie war die Blutlinie der Mutter die wichtigere. Die Brüder einer Frau waren wichtige Männer im Leben eines Kindes. Ehemänner schlossen sich den Clans ihrer Ehefrauen an, und die Kinder übernahmen das Clansymbol ihrer Mütter.«
Ich nickte stumm. Während des Kriegs der Roten Schiffe hatte ich nach einem Sinn für die Auseinandersetzung gesucht, hatte alles über Outislander gelesen, was in der Bibliothek von Bocksburg zu finden war. Ich hatte auch auf dem Kriegsschiff Rurisk neben abtrünnigen OutislanderKriegern gedient, von denen ich viel über ihre Länder und ihre Sitten lernte. Was Chade sagte, stimmte mit meiner Erinnerung zu dem Thema überein.
Nachdenklich zupfte sich Chade am Kinn. »Als Arkon Blutschwert uns diese Allianz angeboten hat, konnte er sich der Unterstützung seines Obhaupten sicher sein. Ich habe das akzeptiert und auch die Tatsache, dass er, als ihr Vater, solch eine Ehe arrangieren konnte. Ich dachte, die Äußeren Inseln hätten das Matriarchat vielleicht überwunden, aber jetzt frage ich mich, ob Ellianias Familie nicht vielleicht daran festhält. Aber warum ist dann kein weiblicher Verwandter hier, um für Elliania zu sprechen und die Verbindung auszuhandeln? Arkon Blutschwert scheint derjenige zu sein, der die Verhandlungen führt. Peottre Schwarzwasser war für mich der Leibwächter der Narcheska; aber jetzt sehe ich, dass er auch ihr Ratgeber ist. Hm. Vielleicht war es falsch, unsere Aufmerksamkeit auf ihren Vater zu richten. Ich werde dafür sorgen, dass Peottre mehr Beachtung findet.« Chade runzelte die Stirn und überdachte rasch seine Einschätzung des Eheangebots. »Ich wusste von der Dienerin. Ich dachte, sie wäre die Vertraute der Narcheska, vielleicht ihre alte Amme oder eine verarmte Verwandte. Doch deinen Erkenntnissen nach steht sie nicht gerade auf gutem Fuß mit Elliania und Peottre. Irgendetwas stimmt hier nicht, Fitz.« Er seufzte und räumte widerwillig seinen Fehler ein. »Ich dachte, wir würden die Ehe mit Blutschwert
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