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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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und das war schlicht die Wahrheit.
    Chade schaute mich seltsam an. »Und deine Kopfschmerzen?«
    Ich verzog das Gesicht und legte die Hand auf die Stirn. »Sie sind nicht schlimmer als gewöhnliche Kopfschmerzen und das trotz der Tatsache, dass wir die Gabe heute Nacht so ausgiebig genutzt haben. Vielleicht hast du Recht gehabt. Vielleicht war das alles nur Gewöhnungssache.«
    Langsam schüttelte er den Kopf, kam um den Tisch und legte mir die Hand auf den Kopf. »Hier«, sagte er und fuhr mit dem Finger meine nun nicht mehr existierende Narbe unter dem Schopf weißen Haars entlang. »Und hier.« Er tippte auf einen Bereich nahe meiner Augenhöhle.
    Aus Gewohnheit zuckte ich unwillkürlich zusammen, dann saß ich still da. »Es tut nicht weh. Mein Kopf hat immer wehgetan, wenn ich mein Haar gekämmt habe, und mein Gesicht hat immer geschmerzt, wenn ich zu lange in der Kälte war. Ich habe noch nie darüber nachgedacht.«
    »Ich würde die Verletzung unter deinem Auge auf den Zeitpunkt datieren, da Galen versucht hat, dich auf der Turmspitze umzubringen. Im Garten der Königin, als du sein Schüler warst. Burrich hat erzählt, dass du auf dieser Seite fast das Augenlicht verloren hättest. Hast du die Schläge vergessen, die er dir verabreicht hat?«
    Stumm schüttelte ich den Kopf.
    »Dein Körper auch nicht. Ich habe dich von innen nach außen gesehen, Fitz. Ich habe den Schaden gesehen, den dein Schädel in Edels Verließ davongetragen hat, und auch andere lange verheilte Brüche in deinem Gesicht und Rücken. Die Gabenheilung scheint viel von diesem Schaden beseitigt zu haben. Ich finde es interessant, dass du nach dem Gebrauch der Gabe keine Kopfschmerzen empfindest, und mir scheint sogar, dass du keine Angst vor Anfällen mehr haben musst.«
    Er ging zum Regal mit den Schriftrollen und kehrte mit der Kopie eines ungeheuer entsetzlichen Buchs wieder zurück: Das Menschliche Fleisch von Verdad dem Häuter. Es war wunderschön, in reich beschnitztes Holz gebunden, und es roch nach den Tinten, die dafür verwendet worden waren. Offensichtlich war diese Kopie noch recht neu. Verdad, dieser verdorbene und erbarmungslose jamailianische Priester, hatte Menschen über Jahre hinweg in seinem Kloster gehäutet und auseinander geschnitten, und nachdem seine Verderbtheit bekannt geworden war, hatte sich seine traurige Berühmtheit bis in die Sechs Provinzen verbreitet. Ich hatte von dieser Schrift gehört, aber noch nie eine Kopie davon gesehen.
    »Wo kommt das denn hier her?«, fragte ich überrascht.
    »Vor einigen Jahren habe ich danach geschickt. Es hat zwei Jahre gedauert, bis ich ein Exemplar gefunden habe, und der Text ist offensichtlich korrumpiert worden. Verdad bezeichnete sich selbst nie als ›der Häuter‹, wie es in diesem Manuskript gemacht wird. Außerdem bezweifele ich, dass er den Geruch fauligen Fleisches genossen hat, wie es hier zu lesen steht. Nein, ich habe ein Exemplar wegen der Illustrationen gesucht, nicht wegen der Worte, die hinzugefügt worden sind.«
    Ehrfürchtig öffnete Chade das Buch und legte es vor mich. Wie er mich gebeten hatte, ignorierte ich die jamailianische Schmuckschrift und konzentrierte mich stattdessen auf die detaillierten Darstellungen des Körperinneren. Als Junge hatte ich Zeichnungen von Chade gesehen und die hatte er von seinem Meister geerbt, doch die waren im Vergleich zu diesen hier äußerst grob gewesen. Zeichnungen, die die tödlichsten Stellen zeigten, um einem Mann den Dolch in den Leib zu rammen, konnte man nicht mit einer Karte der lebenswichtigen Organe vergleichen. Die Farben waren äußerst naturgetreu. Sie waren seltsam anzusehen; ich fühlte mich an die dampfenden Eingeweide eines ausgeweideten Tieres erinnert. Wie soll ich erklären, wie verwundbar ich mich plötzlich fühlte? All diese weichen Gebilde, dunkelrot und grau, die schimmernde Leber und der kompliziert gewickelte Darm … all war so präzise in meinen Körper angeordnet. Dann hatte Lutwin mir ein Schwert durch den Rücken in all diese Organe hinein gerammt. Instinktiv legte ich die Hand auf die falsche Schwertnarbe auf meinem Rücken. An dieser Stelle schützten keine Rippen meine Innereien, nur Muskelschichten. Chade bemerkte die Geste. »Jetzt weißt du, warum ich solche Angst um dich gehabt habe. Von Anfang an hatte ich vermutet, dass nur die Gabe dir deine Gesundheit wiedergeben konnte.«
    »Mach es bitte wieder zu«, sagte ich und wandte mich von seinem Buch ab. Mir war übel. Chade

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