Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
Gabenunterricht aufgebracht hatte, hatte er da insgeheim gehofft, ich würde ihn anschauen? Und warum hatte ich nie ernsthaft darüber nachgedacht? Oh, ja, einmal hatte ich das angesprochen, doch nur so, wie man einem Hund einen Knochen vorwirft; aber ich hatte mir nie wirklich überlegt, ob er den Umgang mit der Gabe lernen könnte. Warum war mir das nie als eine Möglichkeit erschienen?
Ich hatte mehr Fragen über mich als über Chade. Während ich darüber nachdachte, erhitzte ich Wasser und fand Chades Spiegel. In Chades AssassinenWaffenkammer gab es genug scharfe Messer, um sich damit zu rasieren. Das gelang mir auch ganz gut, trotz meiner Schwäche. Nach und nach schälte sich mein narbenloses Gesicht heraus.
Ich saß am Tisch und betrachtete mich im Spiegel, als Chade den Raum betrat. Ich wartete nicht, bis er das Wort ergriff.
»Es war mir nicht klar, dass meine alten Narben verschwunden waren. Ich glaube, die Kordiale hat die Räder ins Rollen gebracht, und als der Heilungsprozess beendet war, ist mein Karren einfach immer weiter gerollt. Ich weiß wirklich nicht, was da genau passiert ist und wie.«
Chade sprach im gleichen demütigen Tonfall wie ich. »So viel hat Fürst Leuenfarb mir schon klargemacht.« Dann kam er näher. Als er über mir stand, musterte er mein Gesicht und neigte den Kopf leicht zur Seite. Als ich zu ihm hinaufschaute, lächelte er nostalgisch. »Oh, mein Junge. Du siehst wie dein Vater aus. Für unsere Zwecke ähnelst du ihm sogar zu sehr. Du hättest dich nicht rasieren sollen. Der Bart hat zumindest einige der Veränderungen in deinem Gesicht verdeckt. Jetzt musst du warten, bis er wieder nachgewachsen ist; erst dann wirst du dich wieder frei in der Burg bewegen können.«
Ich schüttelte den Kopf. »Das funktioniert nicht, Chade. Selbst ein dichter Bart wird dafür nicht ausreichen.« Ich schaute mich ein letztes Mal selbst im Spiegel an, wie ich hätte sein können. Dann lachte ich und legte den Spiegel beiseite. »Komm. Setz dich. Wir wissen beide, was getan werden muss. Ich habe deine Schriftrollen gelesen, aber zu diesem Fall scheinen sie nicht zu passen. Bei dem, was wir heute Nacht tun müssen, müssen wir unserem Gefühl folgen.«
Wir arbeiteten nicht gut zusammen. Ich glaube, von Natur aus waren wir beide Einzelgänger in der Gabe, und doch würden wir lernen müssen, als Teil von Pflichtgetreus Kordiale zu funktionieren. So kam es zu einigen Fehlversuchen. Die Schuld daran gab ich verärgert Galen, der meinen Gabensinn vernebelt hatte, mir selbst, weil ich zu viel Elfenrinde getrunken hatte, und dem kurzsichtigen Volk, das Chade seine Ausbildung verwehrt hatte. Aber nach einiger Zeit floss die Gabe zögernd zwischen uns hin und her, und wie schon so oft zuvor, vertraute ich mich Chades langfingrigen Händen an. Ich gab ihm Stärke und auch die Gabe selbst, denn seine eigene Magie war nur ein unregelmäßiges Tropfen. Chades Kenntnis des menschlichen Körpers kam mit meinem eigenen Körperbewusstsein zusammen, um uns bei dem zu führen, was wir taten. In mancherlei Hinsicht war das eine schwierigere Aufgabe als meine Heilung, denn jeder einzelne Teil musste getrennt vom Rest getan werden, und im Gegensatz zu dem, wovon mein Körper sagte, es sei richtig. Aber wir hielten durch.
Als wir fertig waren, nahm ich mir wieder den Spiegel. Meine neue Narbe war weniger auffällig als die alte, und meine Nase nicht ganz so krumm, aber es würde reichen. Die Makel waren da. Ebenso wie die alte Bisswunde an meinem Hals und die sternförmige Narbe an meinem Rückgrat; ja, selbst ein Narbennetz war dort vorhanden, wo Lutwins Schwertwunde gewesen wäre. Diese neuen Narben waren einfacher hinzunehmen als die alten, denn für sie nahmen wir nur die Haut und nicht die darunter liegenden Muskeln. Trotzdem spürte ich dort ein ärgerliches Ziehen. Ich wusste, dass ich mich irgendwann daran gewöhnen würde. Es war Chade, der sich an die Unregelmäßigkeit in meinen Haaren erinnerte. Er schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung, wie wir das verändern könnten. In den Schriftrollen steht nichts davon, wie man die Haarfarbe verändern kann. Wenn du meinen Rat hören willst, würde ich das ganze weiße Haarbüschel schwarz färben. Lass diese Veränderung offensichtlich sein. Die Leute werden glauben, dass du eitel geworden bist. Eitelkeit ist einfach zu erklären.«
Ich nickte und legte den Spiegel beiseite. »Aber später. Nicht jetzt. Im Augenblick bin ich erschöpft«, sagte ich,
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