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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ihr Gesicht, als ich sagte: »Zwiehafte auch nicht.«
    »Einige schon«, widersprach sie mir sofort. »Oh, nicht alle, nein. Aber als ich noch ein Kind war, hatte meine Mutter zwei Milchziegen. Beide starben am selben Tag, und erst eine Woche zuvor, hat meine Mutter sich geweigert, eine davon einer Zwiehaften zu verkaufen. Wie du siehst, sind Zwiehafte wie alle anderen Menschen auch. Einige von ihnen sind rachsüchtig und grausam, und sie benutzen ihre Magie in dieser Richtung.«
    »Die Alte Macht funktioniert so nicht, Jinna. Das wäre genau so, als würde ich behaupten, wenn eine Krudhexe mir in die Hand schaut, kann sie eine neue Linie hinzufügen, sodass ich früher sterbe. Oder wenn du meinem Sohn in der Hand liest und mir dann sagst, er werde dann sterben … Wenn das eintritt, ist das dann deine Schuld? Nur weil du es gesehen hast?«
    »Nun, natürlich nicht, aber das ist nicht das Gleiche wie jemandes Ziegen umzubringen.«
    »Das versuche ich dir ja gerade zu erklären. Ich kann niemanden mit der Alten Macht töten.«
    Sie neigte den Kopf zur Seite. »Oh, komm schon, Tom. Dein großer Wolf hätte doch die Schweine dieses Mannes getötet, wenn du es ihm gesagt hättest, oder?«
    Ich schwieg lange Zeit. Dann musste ich sagen: »Ja.
    Ich nehme an, das hätte er getan. Wenn ich diese Art von Mensch wäre, hätte ich meinen Wolf und die Alte Macht auf diese Art missbrauchen können. Aber das bin ich nicht.«
    Jinnas Schweigen dauerte noch länger als meins. Schließlich sagte sie widerwillig: »Tom. Du hast drei Männer getötet. Und ein Pferd. War das nicht der Wolf in dir? War das nicht deine Alte Macht?«
    Nach einer Weile stand ich auf. »Auf Wiedersehen, Jinna«, sagte ich. »Danke für deine Freundlichkeit.« Ich ging zur Tür.
    »Bitte, geh nicht so«, flehte sie mich an.
    Unglücklich blieb ich stehen. »Ich weiß nicht, wie ich sonst gehen sollte. Warum hast du mich heute überhaupt hereingelassen?«, fragte ich verbittert. »Warum hast du versucht, mich zu besuchen, als ich verletzt war? Es wäre eine größere Freundlichkeit von dir gewesen, dich einfach von mir abzuwenden, anstatt mir zu zeigen, wie du wirklich über mich denkst.«
    »Ich wollte dir eine Chance geben«, sagte sie traurig. »Ich wollte … Ich habe gehofft, dass es irgendeinen anderen Grund dafür gegeben hat – irgendetwas, was nichts mit deiner Alten Macht zu tun hat.«
    Mit der Hand auf der Türklinke hielt ich noch einmal inne. Ich hasste meine letzte Lüge, aber sie musste gesagt werden. »Den hat es auch gegeben. Da war Fürst Leuenfarbs Börse.« Ich schaute nicht zurück, um zu sehen, ob sie mir glaubte. Sie wusste schon zu viel von der Wahrheit, als sicher für sie war.
    Leise schloss ich die Tür hinter mir. Der Himmel hatte sich bewölkt, und die Schatten auf der verschneiten Erde waren dunkelgrau. Alles hatte sich so schnell verändert, wie es nur im frühen Frühling der Fall sein kann. Irgendwie war es Finkel gelungen, mit mir hinauszuhuschen. »Du solltest wieder reingehen«, sagte ich zu ihm. »Hier draußen wird's kalt.«
    Kälte ist nicht so schlimm. Kälte kann dich nur töten, wenn du stehen bleibst. Beweg dich einfach.
    Das ist ein guter Rat, Kater. Lebwohl, Finkel.
    Ich schwang mich in den Sattel und wendete Meine Schwarze in Richtung Bocksburg. »Lass uns nach Hause gehen«, sagte ich ihr.
    Gerne war sie bereit, wieder in ihren Stall zurückzukehren. Ich ließ sie ihr eigenes Tempo finden, während ich im Sattel über mein Leben nachdachte. Gestern hatte ich Pflichtgetreus Verehrung gefühlt, heute Jinnas Furcht und Ablehnung. Mehr noch: Heute hatte Jinna mir gezeigt, wie tief die Vorurteile gegen die Zwiehaften gehen konnten. Ich hatte geglaubt, dass sie mich als der akzeptierte, der ich war, aber das hatte sie nicht. Sie war bereit gewesen, eine Ausnahme für mich zu machen, aber als ich getötet hatte, hatte ich ihre Regel bestätigt. Den Zwiehaften konnte man nicht trauen; sie nutzten ihre Magie zum Bösen. Ich versank in Verzweiflung, als ich erkannte, wie tief das wirklich ging, denn da war noch mehr als das. Wieder einmal hatte ich erfahren müssen, dass ich nicht den Weitsehern dienen und gleichzeitig mein eigenes Leben führen konnte.
    Nicht das schon wieder, Veränderer. Wie könnten die Augenblicke deines Lebens jemand anderem gehören als dir? Die Weitseher sind dein Blut, dein Rudel. Du musst das Ganze sehen. Es ist weder eine Bindung noch eine Trennung. Das Rudel ist das Ganze. Das Leben des Wolfs

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