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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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und Silberauge von vergangenem Unrecht und Wiedergutmachung, doch sie waren diesmal nicht die Einzigen, die die Stimmen hoben. Einige sprachen staunend von Webs Vorstellung. Ich hörte zumindest eine Frau zu einer anderen sagen, dass es ihr nichts ausmachen würde, ihren Sohn der Königin als Pagen anzuvertrauen, nachdem sie sie nun kennen gelernt hatte, zumal sie gehört habe, dass man allen Kindern in der Burg Schreiben und Rechnen beibringe. Und ein junger Mann, der Stimme nach eindeutig ein Barde, fragte sich laut, wie es wohl sei, die Lieder des Alten Bluts am Kamin der Königin zu singen, und ob man so den Nicht-Zwiehaften nicht am Besten beibringen könne, dass seine Leute weder furchterregend noch monströs seien.
    Ein Spalt war geöffnet worden. Im Licht von Webs Optimismus boten sich für morgen ganz neue Möglichkeiten. Ich fragte mich, ob das ausreichte, um Licht in die Schatten vergangener Ungerechtigkeiten zu bringen.
    Der Nachmittag war jedoch eine Enttäuschung, lang und mühselig. Als die Königin und ihre Ratgeber mit Web wieder zurückkehrten, erhob sich Boyo und beanspruchte Redezeit für sich. Von Chade und mir vor ihm gewarnt, hörte meine Königin ihm ruhig zu, während er zunächst in allen Einzelheiten aufzählte, welche Ungerechtigkeiten die Weitseher dem Alten Blut im Allgemeinen zugefügt hatten, um dann auf seinen speziellen Fall zu sprechen zu kommen. Da gelang es meiner Königin endlich, ihn zum Schweigen zu bringen. Mit fester Stimme, aber höflich, erklärte sie ihm, dass dies nicht die rechte Zeit für sie sei, persönliche Dinge zu klären. Falls man ihm und seiner Familie ungerechtfertigterweise ihre Ländereien und ihr Vermögen abgenommen habe, dann solle er ihr seinen Fall an einem Gerichtstag vorlegen, nicht jetzt. Chade würde ihm dabei helfen, einen entsprechenden Zeitpunkt zu vereinbaren, sowie ihm erklären, welche Art von Dokumentation dafür vonnöten sei. Das Wichtigste dabei sei, dass er die direkte Erbfolge bis zu seiner Person nachweisen könne, vor allem mittels eines Barden, der bezeugen konnte, dass er der älteste Sohn des ältesten Sohnes sei und das über Generationen hinweg.
    Äußerst geschickt ließ sie es so aussehen, als stelle er seine persönlichen Interessen über die der anderen hier Versammelten, und das war ja auch tatsächlich so. Sie weigerte sich nicht, ihm Gerechtigkeit zu gewähren, doch sie setzte ihn auf den Weg, dem jeder Bürger der Sechs Provinzen folgen musste. Sie erinnerte alle daran, dass diese Versammlung dazu diene, ihre Gedanken darüber auszutauschen, wie man der Verfolgung der Zwiehaften in den Sechs Provinzen generell ein Ende bereiten könne.
    Silberauge wühlte Dreck auf, der nicht so einfach beiseite gewischt werden konnte. Sie sprach von jenen, die ihre Familie ermordet hatten, und während sie sprach, hob sie die Stimme in Zorn, Hass und Schmerz, und ich sah, wie diese Emotionen sich in den Gesichtern vieler am Tisch wiederspiegelten. Web sah krank und bekümmert aus, und das Gesicht meiner Königin war wie versteinert; Gleiches galt für Chade. Doch Zorn ruft oft Zorn hervor, und die Repräsentanten der Sechs Provinzen blickten mürrisch drein. Die Rache und die Bestrafung, die Silberauge verlangte, waren zu extrem, als dass irgendjemand darüber hätte nachdenken können, sie zu gewähren.
    Es war, als hätte sie ein Hindernis errichtet, das niemand zu beseitigen imstande war, und dann erklärte sie auch noch, dass sie sich mit nicht weniger zufrieden geben würde. Das, so fuhr sie fort, sei die einzige Möglichkeit, der Verfolgung des Alten Blutes ein Ende zu bereiten. Man musste sie zu einem Verbrechen machen, das so drakonisch bestraft wurde, dass niemand auch nur einen Gedanken darauf verschwendete, es noch einmal zu begehen. Außerdem sollten alle gesucht und hingerichtet werden, die solch eine Tat gegen das Alte Blut begangen oder toleriert hatten. Von ihrem persönlichen Leid ausgehend dehnte Silberauge ihre Trauer auf alle Zwiehaften aus, die im vergangenen Jahrhundert hingerichtet worden waren. Sie verlangte sowohl Bestrafung als auch Wiedergutmachung, wobei die Bestrafung exakt wiederspiegeln sollte, was den Opfern widerfahren war. Meine Königin war weise genug, sie sprechen zu lassen, bis ihr die Worte ausgingen. Ich war sicherlich nicht der Einzige, der den Wahnsinn in Silberauges Forderungen gehört hatte. Doch da Trauer diesen Wahnsinn antrieb, wer war ich da schon, sie zu kritisieren?
    Nachdem Silberauge

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