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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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geendet hatte, waren nicht wenige der anderen Zwiehaften nur allzu bereit, ihre Liste von Tod und Verlust zu erweitern. Namen von Leuten wurden gerufen, die den Tod verdienten, und die Wut im Raum entwickelte sich zu einem Strudel, der alles zu verschlingen drohte. Meine Königin hob jedoch die Hand und fragte ruhig: »Wo soll das enden?«
    »Es endet, wenn auch der Letzte bestraft worden ist!«, antwortete Silberauge leidenschaftlich. »Sollen die Galgen sich unter ihrem Gewicht durchbiegen und der Rauch ihrer Scheiterhaufen den Himmel verdunkeln. Lasst mich ihre Familien vor Kummer heulen hören, Kummer, den wir gezwungen waren zu verbergen, aus Furcht, dass andere uns als vom Alten Blut erkennen. Lasst einen Vater für jeden Vater sterben, der getötet worden ist. Tötet eine Mutter für jede Mutter und ein Kind für jedes Kind.«
    Die Königin seufzte. »Und wenn die, die eure Rache über sich haben ergehen lassen müssen, selbst Rache suchen? Wie könnte ich sie ihnen dann verwehren? Du schlägst vor, wenn ein Mann die Kinder einer Familie des Alten Blutes tötet, sollen seine Kinder mit ihm sterben. Aber was ist mit den Cousinen und Vettern dieser Kinder und den Großeltern? Sollen sie dann nicht vor mich treten und verlangen, was du gerade verlangt hast? Hätten sie dann nicht das Recht zu sagen, dass Unschuldige einer wahnsinnigen Verfolgung zum Opfer gefallen sind? Nein. Das kann nicht sein. Du bittest mich um etwas, was ich dir nicht geben kann, und das weißt du.«
    Ich sah Hass und Wut in Silberauges Augen. »Ja, das habe ich gewusst«, erklärte sie verbittert. »Leere Versprechungen sind alles, was Ihr uns bietet.«
    »Ich biete euch dieselbe Gerechtigkeit, die jeder in den Sechs Provinzen von mir verlangen kann«, sagte die Königin müde. »Tritt am Gerichtstag mit Zeugen für die Verbrechen vor mich. Wenn es einen Mord gegeben hat, wird der Mörder bestraft werden. Aber nicht seine Kinder. Was du suchst, ist keine Gerechtigkeit, sondern Rache.«
    »Ihr bietet uns gar nichts an!«, erklärte Silberauge. »Ihr wisst nur allzu gut, dass wir es nicht wagen, vor Euch zu treten und Gerechtigkeit zu verlangen. Zu viele würden zwischen uns und Bocksburg stehen, um uns zum Schweigen zu bringen.« Sie hielt kurz inne. Königin Kettricken blieb ruhig, und Silberauge beging den Fehler, das auszunutzen, was sie für ihren Vorteil hielt. »Oder war das immer Eure Absicht, WeitseherKönigin?« Selbstgerecht ließ Silberauge ihren Blick über die Versammelten schweifen. »Will sie uns mit ihren leeren Versprechungen ins Freie locken, damit sie uns allesamt beseitigen kann?«
    Ein kurzes Schweigen folgte ihren Worten. Dann meldete Kettricken sich ruhig zu Wort. »Du wirfst mit Worten um dich, die du selbst nicht glaubst. Deine Absicht ist es zu verletzen. Doch würden deine Anschuldigungen auf Tatsachen beruhen, wäre ich nicht verletzt von ihnen, sondern ich würde mich in meinem Hass auf das Alte Blut bestätigt fühlen.«
    »Dann gebt Ihr also zu, dass Ihr das Alte Blut hasst?«, verlangte Silberauge zu wissen.
    »Das habe ich nicht gesagt!«, erwiderte Kettricken entsetzt und wütend zugleich.
    Die Stimmung wurde immer aufgeheizter und das nicht nur bei jenen vom Alten Blut. Kettrickens Repräsentanten der Sechs Provinzen wirkten sowohl beleidigt als auch nervös angesichts des heraufziehenden Sturms im Raum. Ich weiß nicht, was aus den Verhandlungen geworden wäre, hätte sich das Schicksal nicht in Gestalt der Kuhfrau eingemischt. Sie stand unvermittelt auf und sagte: »Ich muss in den Stall. Die Zeit ist da für Weißnase, und sie will, dass ich dabei bin.«
    Irgendjemand im hinteren Teil des Raums lachte resignierend, und ein anderer verfluchte sie. »Du hast gewusst, dass sie bald kalben würde. Warum hast du sie überhaupt mit hierher gebracht?«
    »Hätte ich sie etwa allein daheim lassen oder von hier fernbleiben sollen, Briggan? Ich weiß sehr wohl, dass du mich für schusselig hältst, aber ich habe genauso ein Recht hier zu sein wie du.«
    »Haltet Frieden«, sagte Web plötzlich. Seine Stimme klang krächzend; dann räusperte er sich und versuchte es erneut. »Haltet Frieden. Das ist ein guter Zeitpunkt, um sich erst einmal ein wenig abzukühlen, und wenn Weißnase ihren Partner braucht, wird sicher niemand hier in Frage stellen, dass sie gehen muss. Wenn sie will, werde ich sie begleiten. Und wenn wir dann wieder zurückkehren, werden sich vielleicht alle wieder daran erinnern, dass wir nach einer

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