Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
Gescheckten-Freunden weh tun? Vielleicht sollte ich deinen Rat annehmen und ihnen genau das antun, was sie mir angetan haben.«
»Du bist so dumm! Siehst du nicht, dass sie für uns alle kämpfen und unsere Unterstützung verdienen? Ich habe Gerüchte gehört, dass Lutwin etwas herausgefunden hätte, etwas, das die Weitseher stürzen könnte. Vielleicht ist dieses Geheimnis mit ihm gestorben, vielleicht aber auch nicht.«
»Jetzt bist du die Dumme hier«, mischte sich Gentil entschlossen ein. »Die Weitseher stürzen? Was für ein Plan! Stürzt die einzige Königin, die je versucht hat, den Hinrichtungen Einhalt zu gebieten. Was würde uns das bringen? Nur eine großangelegte Verfolgung, und diesmal würden keine Gardisten auftauchen, um das zu unterbinden. Wenn das Alte Blut versucht, die Monarchie zu stürzen, wird man das als Beweis für unsere Boshaftigkeit ansehen. Bist du verrückt?«
»Das ist sie«, sagte Web ruhig. »Und dafür sollten wir Mitleid mit ihr haben, nicht sie verdammen.«
»Ich will euer Mitleid nicht!«, spie Silberauge. »Ich brauche niemands Mitleid. Und auch eure Hilfe brauche ich nicht. Kriecht ruhig vor eurer WeitseherKönigin. Verzeiht ihr alles, was euch angetan wurde, und lasst sie euch als Diener missbrauchen. Ich verzeihe nichts, und ich werde meine Rache bekommen. Ja, das werde ich.«
»Wir haben es geschafft«, flüsterte mir Chade ins Ohr. »Oder vielleicht sollte ich eher sagen, dass Silberauge es für uns geschafft hat. Sie hat jeden in unsere Arme getrieben, der nicht von Blut und Feuer träumt, und das sind die meisten von ihnen, denke ich.«
Mit diesen Worten ließ er mich wieder allein und huschte wie eine graue Spinne durch die Tunnel. Ich selbst verließ meinen Posten erst spät in der Nacht, um mir was zu essen zu suchen und dann ins Bett zu gehen. Aber es lief so, wie Chade gesagt hatte. Gentil blieb bei jenen vom Alten Blut, und als die Königin, Chade und die Repräsentanten der Sechs Provinzen wieder zurückkehrten, stellte er sich vor sie und begrüßte sie als zwiehafter Edelmann. Ich sah das Unbehagen in den Gesichtern der anderen Adeligen, als Gentil ihnen versicherte, dass es in jedem Herzogtum zwiehafte Edelleute gäbe, die seit Generationen gezwungen waren, ihre Magie zu verbergen. Mehrere der jungen Männer, zu denen er jetzt sprach, kannten ihn gut. Sie waren mit ihm geritten, hatten mit ihm getrunken und mit ihm gespielt. Sie blickten einander an, und was sie dachten, war klar: »Wenn er zwiehaft ist, wer noch?« Doch Gentil sah ihre Bedenken entweder nicht, oder er ignorierte sie, während er mit seiner Rede fortfuhr. Er beabsichtigte nun, seine Magie zum Wohle des Prinzen und der Weitseher hell leuchten zu lassen. Diesem Ziel verschwor er sich, und ich glaubte, auf den Gesichtern dreier Repräsentanten so etwas wie widerwillige Bewunderung zu sehen. Vielleicht würde dieser Jüngling vom Alten Blut ihre Vorurteile widerlegen.
Am letzten Tag der Verhandlungen wurden erhebliche Fortschritte erzielt. Der Barde erschien unmaskiert und bat Kettricken, am Hof bleiben zu dürfen. Die Königin wiederum präsentierte den Repräsentanten der Herzöge eine Proklamation, in der zu lesen stand, dass von diesem Tage an, Hinrichtungen jedweder Art nur unter Aufsicht und Anordnung eines herzoglichen Hauses durchgeführt werden durften, und für jedwede Ungerechtigkeit trage das Oberhaupt dieses Hauses persönlich die Verantwortung. Die Herzöge und Herzoginnen sollten nicht nur die lokalen Würdenträger davon abhalten, Hinrichtungen auf eigene Faust durchzuführen, sie sollten auch jeden einzelnen Fall persönlich begutachten. Gegen diese Anordnung durchgeführte Hinrichtungen würden als Mord betrachtet werden, und die Königin behielt sich vor, über diese Mörder zu Gericht zu sitzen. Das löste zwar nicht das Problem, wie die Zwiehaften solche Anklagen vorbringen sollten, ohne Repressalien fürchten zu müssen, aber wenigstens hatten sie jetzt erst einmal etwas in der Hand.
Mit solch winzigen Schritten, versicherte mir Chade, könnten wir Fortschritte erzielen. Als ich mit der Garde der Königin losritt, um die Delegierten des Alten Blutes zu ihren Freunden zurückzubringen und unseren Prinzen sowie Laurel wieder abzuholen, fiel mir eine deutliche Veränderung bei diesen Leuten auf. Sie sprachen und lachten miteinander, und einige unterhielten sich sogar mit den Soldaten. Die Kuhfrau ritt mit ihrer Kuh und dem Kalb im Schlepptau neben Gentil Bresinga und
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