Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
den ihren, und sie kam mir entgegen. Ein plötzliches schreckliches Verlangen nach ihr überkam mich: zu berühren, Haut auf Haut, in Nähe und Leidenschaft, mich selbst vollkommen mit einem anderen Lebewesen zu teilen, das Gefühl hinter mir zu lassen, in meinem eigenen Fleisch isoliert zu sein. Ich hielt mich nicht zurück, und ich glaube, ich trug sie mit mir.
Dann, als ich nach dem Höhepunkt benommen dalag, sagte sie mit schwacher Stimme: »Nun. Du bist ein eiliger Mann, Tom Dachsenbless.«
Mein heiseres Atmen, als ich auf ihr lag, schuf ein ganz eigenes, grauenhaftes Schweigen. Scham überkam mich. Nach ein paar schrecklichen Augenblicken der Stille rührte sich Jinna unter mir. Ich hörte sie nach Luft schnappen. »Du warst hungrig!« Vielleicht bedauerte sie ihre enttäuschten Worte, aber sie nahm sie nicht zurück. Ihr sanfter Versuch, die Situation aufzulockern, trieb mir das Blut in die Wangen und vervollständigte meine Demütigung. Ich ließ meine Stirn auf das Kissen neben ihr sinken. Ich lauschte auf den Wind draußen auf der Straße. Irgendwelche Leute trampelten die Straßen entlang, just hinter der Bretterwand. Das plötzliche Lachen eines Mannes ließ mich unvermittelt zusammenzucken. Oben in der Dachkammer hörte ich einen Bums und ein Quieken. Dann küsste mich Jinna auf den Hals, und ihre Hände bewegten sich sanft meinen Rücken hinunter. Ihre Stimme war ein tröstendes Flüstern. »Tom. Das erste Mal ist selten das beste Mal. Du hast mir die Leidenschaft eines Jungen gezeigt. Lass uns jetzt das Geschick eines Mannes finden.«
So gab mir noch eine Gelegenheit, mich zu beweisen, und ich war beschämt, aber dankbar dafür. Nun ging ich mit der Sorgfalt eines Handwerkers vor, und schon bald hatte ich das Feuer in uns beiden wieder entfacht. Es gab da einige Dinge, die Merle mich gelehrt hatte, und Jinna schien mit meiner zweiten Vorstellung zufrieden zu sein. Erst ganz zum Schluss, als wir keuchend nebeneinander lagen, weckten ihre Worte ein wenig den Ärger in mir. »So, Dachsenbless«, sagte sie und holte tief Luft neben mir. »So ist das also für eine Wölfin.«
Ungläubig richtete ich mich ein wenig auf, sodass ich ihr in die Augen blicken konnte. Sie blinzelte mich an, ein seltsames Lächeln auf dem Gesicht. »Vor dem heutigen Tag war ich noch nie mit jemandem vom Alten Blut zusammen«, gestand sie mir. Erneut atmete sie tief ein. »Ich habe andere Frauen darüber sprechen hören. Es heißt das solche Männer …« Sie hielt inne und suchte nach dem geeigneten Wort.
»Animalischer sind?«, schlug ich vor. So wie ich es aussprach, war das Wort eine Beleidigung.
Jinna riss die Augen auf und lachte dann verlegen. »Das ist nicht, was ich sagen wollte, Tom. Du solltest dich nicht beleidigt fühlen, wenn eigentlich etwas als Kompliment für dich gedacht war. ›Ungezähmt‹ trifft das besser, was ich sagen wollte. So natürlich, wie ein Tier natürlich ist, ohne darüber nachzudenken, was ein anderer über seine Art denkt.«
»Oh.« Darauf vermochte ich nichts zu erwidern. Ich fragte mich plötzlich, was es für sie gewesen war. Eine Neuheit? Das verbotene Frönen in etwas nicht ganz Menschlichem? Es war beunruhigend, sich fragen zu müssen, ob sie mich als bestialisch und kurios betrachtete. Hatten unsere verschiedenen Arten der Magie uns in ihrem Geist getrennt?
Dann zog sie mich wieder auf ihre Brust hinunter und küsste erneut meinen Hals. »Hör auf nachzudenken«, warnte sie mich, und das tat ich auch.
Hinterher döste sie kurz neben mir; ich hatte meinen Arm um ihre Schulter gelegt und sie ihren Kopf auf die meine gebettet. Ich kam zu dem Schluss, dass ich mich gut geschlagen hatte. Aber während ich beobachtete, wie das Sonnenlicht über die Wand wanderte, erkannte ich, dass es nur eine Vorstellung gewesen war. Keiner von uns hatte von Liebe gesprochen. Es war schlicht etwas gewesen, das wir zusammen getan hatten, etwas, das sich gut anfühlte, etwas, in dem ich eigentlich recht gut war. Dennoch hatte unsere erste Vereinigung sie unbefriedigt gelassen, und die späteren hatten mir irgendwie ein Gefühl von Unvollständigkeit vermittelt. Mit einer Schärfe, wie ich sie schon seit Jahren nicht mehr empfunden hatte, sehnte ich mich plötzlich nach Molly und danach, wie einfach, gut und ehrlich es zwischen uns gewesen war. Das hier war nicht das Gleiche, genauso wenig wie damals mit Merle. Das konnte man noch nicht einmal als ›Bett teilen‹ bezeichnen. Im Herzen wollte ich
Weitere Kostenlose Bücher