Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
schlicht wieder jemanden lieben, wie ich es beim ersten Mal getan hatte. Ich wollte jemanden, den ich berühren und der mich festhalten konnte, jemanden, der alles andere auf der Welt bedeutender machte, schlicht und einfach weil er da war.
An diesem Morgen hatte Kettricken mich als Freund berührt, und das hatte etwas bedeutet und mehr Leidenschaft in sich getragen als das hier. Plötzlich wollte ich weg von hier und das, was geschehen war, ungeschehen machen. Jinna und ich waren auf dem Weg gewesen, echte Freunde zu werden. Ich hatte gerade erst angefangen, sie kennen zu lernen. Was hatte ich dieser wachsenden Freundschaft angetan? Und Harm hing auch noch in diesem Mischmasch mit drin. Wenn Jinna damit weitermachen wollte, wie sollte ich das regeln? Sollte ich offen gegen all die Regeln verstoßen, nach denen ich Harm zu leben gelehrt hatte? Oder sollte ich es im Geheimen tun, ohne Harms Wissen, und verstohlen in Jinnas Bett schleichen und wieder hinaus?
Ich war all der Geheimnisse wirklich überdrüssig. Überall um mich herum schienen sie förmlich zu sprießen, hielten mich fest und saugten mir das Leben aus wie Blutegel. Ich gierte nach etwas Echtem, Wahrem und Offenem. Konnte ich meine Beziehung zu Jinna in diese Richtung verändern? Ich bezweifelte es. Es gab nicht nur keine Grundlage für tiefe, ehrliche Liebe zwischen uns, ich war wieder einmal bis über beide Ohren in Weitseherintrigen verstrickt. Es gab Geheimnisse, die ich auch vor ihr bewahren musste, Geheimnisse, die sie schlussendlich in Gefahr bringen würden.
Ich hatte nicht bemerkt, dass sie wach war. Oder vielleicht hatte mein lautes Stöhnen sie aus dem Schlummern gerissen. Sie legte mir die Hand auf die Brust und tätschelte mich sanft. »Zerbrich dir nicht den Kopf, Tom. Es war nicht nur deine Schuld. Ich hatte mir schon gedacht, dass es ein Problem geben könnte, als das Amulett neben dem Bett dich fast deine Manneskraft gekostet hätte. Nun sind deine Gedanken rau und düster, habe ich Recht?«
Ich zuckte mit den Schultern. Jinna setzte sich neben mir auf. Sie griff über mich hinweg, ihr Fleisch warm auf meiner Haut, und nahm mein Hemd vom Amulett neben dem Bett. Das traurige kleine Ding hockte da ganz allein und verloren.
»Das ist ein Frauenamulett. Es ist sehr schwer herzustellen, da es genau auf die jeweilige Frau abgestimmt werden muss. Um diese Art von Zauber zu bauen, musst du die Frau bis ins Kleinste hinein kennen. So kann eine Krudhexe eines für sich selber bauen, aber für niemand anderen … zumindest keines, das mit Sicherheit funktioniert. Dieses ist meines, auf mich abgestimmt. Es ist ein Amulett gegen Empfängnis. Ich hätte mir denken können, dass dich das betrifft. Jeder Mann, der sich so sehr nach Kindern sehnt, dass er einen Findling aufnimmt, hat diesen Wunsch tief in seinen Knochen. Du magst es ja leugnen, aber diese kleine Hoffnung brennt in dir jedes Mal, wenn du bei einer Frau liegst. Dieser kleine Zauber hat dir den Traum genommen, bevor du ihn überhaupt träumen konntest. Ich habe dir gesagt, dass unsere Verbindung sinnlos und unfruchtbar sein würde. Deshalb empfindest du jetzt so, nicht wahr?«
Wenn man etwas erklärt bekommt, bedeutet das nicht immer, dass man auch die Lösung kennt. Ich blickte sie von der Seite her an. »Nicht wahr?«, echote ich sie und zuckte dann ob der Bitterkeit in meiner Stimme zusammen.
»Armer Junge«, sagte sie mitfühlend. Sie küsste mich dort auf die Stirn, wo Kettricken mich heute Morgen geküsst hatte. »Natürlich nicht. Es ist das, was wir daraus machen.«
»Ich bin nicht mehr in der Position, Vater zu sein. Ich bin gestern Abend noch nicht einmal gekommen, um mit Harm zu sprechen, obwohl er gesagt hat, es sei wichtig. Ich verspüre nicht den Wunsch, ein neues Leben anzufangen, das ich nicht beschützen kann.«
Jinna schüttelte den Kopf. »Wonach sich das Herz sehnt, und was der Geist weiß, sind zwei vollkommen verschiedene Dinge. Du vergisst, dass ich deine Handflächen gesehen habe, süßer Mann. Vielleicht kenne ich dein Herz besser als du selbst.«
»Du hast gesagt, meine wahre Liebe würde wieder zu mir zurückkehren.« Erneut klang meine Stimme vorwurfsvoll.
»Nein, Tom. Das habe ich nicht. Ich weiß sehr gut, dass ein Mensch nur selten das hört, was ich ihm wirklich sage, aber ich werde noch einmal wiederholen, was ich gesehen habe. Es steht hier.« Sie nahm meine Hand und hielt sie mit der Handfläche nach oben vor ihre kurzsichtigen Augen. Ihre nackten
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