Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

einer Heldentat geworden und nicht der glücklichen Vereinigung zweier Liebender. Elliania verneigte sich. Sie hatte sich auf irgendeine Art für ihren Clan geopfert; ganz verstand ich das jedoch noch nicht.
    Bin ich jetzt verheiratet?
Staunen, Verzweiflung und Wut mischten sich in Pflichgetreus Gedanken.
    Nicht bevor du ihr den Drachenkopf gebracht hast,
warnte ich ihn.
    Nicht bevor wir in der Bocksburg eine anständige Zeremonie abgehalten haben
, tröstete ich Chade.
    Der Prinz wirkte wie benommen.
    Überall um uns herum herrschte plötzlich rege Geschäftigkeit. Tische wurden gebracht und dann Essen für darauf. Die Outislander-Barden stimmten ein Lied an. Ihrer Tradition gemäß passten sie die Worte derart stark der Melodie an, dass ich kaum etwas verstehen konnte. Mir fiel auf, dass zwei von ihnen Kräusel begrüßten und in ihre Ecke des Saals einluden. Ihr Willkommen schien echt zu sein, und wieder einmal staunte ich über das grenzenlose Verständnis zwischen Musikern.
    Pflichtgetreu übermittelte mir mit Hilfe der Gabe die Worte, die Elliania leise zu ihm sagte: »Jetzt musst du meine Hand halten und mitgehen, damit ich dich meine älteren Cousinen vorstellen kann. Vergiss nicht, dass sie die Älteren sind. Zwar bin ich die Narcheska, doch schulde ich ihnen den Respekt, der allen Älteren zukommt, und für dich gilt das Gleiche.« Sie sprach wie mit einem Kind.
    »Ich werde mich bemühen, dich nicht zu blamieren«, erwiderte er recht steif. Seine Worte gefielen mir nicht, und doch konnte ich sie ihm nicht zum Vorwurf machen.
    »Dann lächele. Und sei still, wie es einem Krieger in einem Mütterhaus geziemt, das nicht das seine ist«, erwiderte sie. Elliania ergriff seine Hand und ließ alle deutlich sehen, dass sie ihn führte.
Fast wie ein preisgekrönter Bulle, den man durch den Ring führt
, dachte ich bei mir. Die Frauen kamen ihm nicht entgegen. Stattdessen führte ihn Elliania von einer Gruppe zur nächsten, und jedes Mal entbot er den Frauen den Kriegergruß, wie er auf den Äußeren Inseln üblich ist; das heißt, er streckte seine Schwerthand aus, leer und nun voll Blut, während er sich verneigte. Die Frauen lächelten ihn an und machten Bemerkungen zur Narcheska ob ihrer Wahl. Ich fühlte, dass diese Worte zu einer anderen Zeit und an einem anderen Ort fröhlich und neckisch gewesen wären. Doch bei dieser Zeremonie und bei diesem Mann waren die Komplimente zurückhaltend und manierlich, und anstatt die Spannung aus der Luft zu nehmen, verlängerten sie sie.
    Als er sah, wie die anderen Gruppen von Kriegern sich an den Tischen verteilten, ließ Chade uns wegtreten.
Halte Augen und Ohren offen
, ermahnte er mich, als ich mich durch die Menge wand.
    Immer
, erwiderte ich. Chade musste mir nicht sagen, dass ich den Prinzen im Auge behalten sollte. Solange ich nicht wusste, was sich hinter der Fassade dieser Queste verbarg, hatte ich auch keine Ahnung, wer ihm Böses wollte und wer nicht. So wanderte ich durch die Festgäste, nie weit von meinem Prinzen entfernt, und hielt ständig Gabenkontakt mit ihm.
    Diese Feier war deutlich anders als jedes Fest in Bocksburg. So wurden den Gästen keine Plätze ihrem Rang oder der Gunst gemäß zugewiesen, die sie bei Hof genossen. Stattdessen wurde einfach das Essen auf den Tisch gestellt, und die Gäste nahmen sich, was sie wollten, und wanderten damit durch den Raum. Es gab gebratenes Hammelfleisch auf Spießen, die neben dem Herd warm gehalten wurden, und Tabletts mit ganzen Fasanen. Ich nahm mir etwas Räucherfisch, knusprig und bemerkenswert lecker. Das Outislanderbrot war dunkel und ungesäuert und wurde in großen, runden Fladen serviert. Man riss sich ein Stück daraus und belegte dieses dann in eingelegtes Gemüse oder tunkte es in Fischöl und Salz. Alle Speisen kamen mir übertrieben kräftig vor, und vieles davon war eingelegt, geräuchert oder gepökelt. Nur der Hammel und die Hühner waren frisch geschlachtet, und selbst die hatte man mit irgendeiner Art Seetang gebraten.
    Das Essen und Trinken, das Reden und die Musik und irgendeine Art Jonglierwettbewerb mit Wetten und dergleichen, all das geschah gleichzeitig. Der Lärm der Stimmen war nahezu ohrenbetäubend. Nach einiger Zeit bemerkte ich noch etwas anderes. Junge Outislander-Frauen des Narwalclans traten nicht nur an unsere Gardisten heran, sondern auch an Gentil und Kräusel. Ich sah mehrere Gardisten einfältig grinsen, als ihre jugendlichen Partnerinnen sie nach draußen oder in die