Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet
ebenfalls auffrischen, und den Jungen zu unterrichten, war überdies die ideale Entschuldigung, den Outislandern zu zeigen, was ich konnte. Sie versammelten sich zwar nicht, um uns zuzusehen, doch dann und wann sah ich einen Jungen auf der Mauer hocken und einen Blick auf uns werfen. Wenn ich mich schon ausspionieren ließ, dann wollte ich wenigstens nicht den Eindruck erwecken, eine leichte Beute zu sein. Ich war nämlich nicht davon überzeugt, dass die gelegentlichen Zuschauer lediglich von Neugier angetrieben wurden.
Tatsächlich fühlte ich mich an diesem Ort ständig beobachtet. Wo auch immer ich hinging, stets war jemand in der Nähe. Zwar konnte ich nicht auf diesen Jungen oder jene alte Frau deuten, die mich im Auge behielten, doch ständig fühlte ich Blicke in meinem Rücken. Auch fühlte ich Gefahr für Dick. Das lag an den Blicken, die man ihm zuwarf, wann immer er aus der Hütte kam, und an der Reaktion der Leute, denen wir begegneten. Sie zogen sich von ihm zurück, als litte er unter einer ansteckenden Krankheit, und sie starrten uns hinterher, als wäre er ein zweiköpfiges Kalb. Selbst Dick bemerkte das. Er benutzte unterbewusst die Gabe, um weniger aufzufallen. Das war allerdings weniger als sein hämmerndes >Du siehst mich nicht!<, mit dem er niich einst fast zu Boden gestreckt hätte, sondern vielmehr eine Art ständiger Verkündigung seiner Unwichtigkeit. Ich schob diesen Eindruck als etwas beiseite, dass es wert war, später mit Chade besprochen zu werden.
Ich konnte jedoch nur wenig Zeit mit meinem alten Mentor verbringen, und die Gabenbotschaften, die ich ihm übermittelte, waren kurz. Wir hatten alle das Gefühl, dass es wichtiger war, wenn er seine Gabenstärke Pflichtgetreu zur Verfügung stellte. Chade war ebenfalls zu dem Schluss gekommen, dass ich dem Prinzen ruhig offen als Leibwächter zur Seite stehen konnte, da Peottre Schwarzwasser das ohnehin schon erraten hatte. »Solange er nicht auf die Idee kommt, dass du noch mehr sein könntest«, warnte mich Chade.
Ich versuchte, dem Prinzen ein unauffälliger Beobachter und Leibwächter zu sein. Obwohl Pflichtgetreu sich nie beschwerte, glaube ich, dass ihm meine ständige Gegenwart unangenehm war. Der Rest der Siedlung betrachtete Pflichtgetreu und Elliania nun als verheiratetes Paar. Niemand legte ihnen irgendwelche Einschränkungen auf. Lediglich Peottres Gegenwart, so subtil wie ein Felsblock, erinnerte uns daran, dass ein Teil der Familie der Narcheska dafür sorgen würde, dass ihre Beziehung keusch blieb, bis Pflichtgetreu seinen Teil des Handels erfüllt hatte. Ich glaube, Peottre und ich, wir beobachteten uns gegenseitig genauso aufmerksam, wie wir Pflichtgetreu und die Narcheska beobachteten. Auf eine seltsame Art wurden wir so zu Partnern.
In dieser Zeit entdeckte ich einen Grund dafür, warum die Narcheska von allen Clans so geehrt wurde, nicht nur von den Narwalen. Dies hier war eine Kultur, in der die Frauen das Land und alles kontrollierten, was es hervorbrachte. Zunächst hatte ich geglaubt, der Reichtum de*- Insel von Wuislington läge in ihren Schafen. Erst als ich Elliania und Pflichtgetreu einmal auf einem ihrer Spaziergänge über die felsigen Hügel der Insel folgte, entdeckte ich die wahre Quelle ihres Reichtums. Sie überquerten einen Hügelkamm, Peottre in diskreter Entfernung und ich wiederum ein Stück hinter ihm. Als auch ich die Anhöhe erreichte und in das dahinter liegende Tal blickte, schnappte ich nach Luft.
Drei Seen befanden sich in dem Tal, und zwei davon dampften selbst in der Sommerhitze. Überall um sie herum war es leuchtend grün, und Gleiches galt für die exakt angelegten Felder, die den Talboden wie ein Flickenteppich bedeckten. Als ich den dreien ins Tal hinunter folgte, ließ der alles kühlende Wind allmählich nach, und ich drang in die Wärme und den Geruch mineralhaltigen Wassers vor. Die Felsbrocken waren von den Feldern entfernt und zu Steinzäunen aufgeschichtet worden. Nicht nur dass das Korn in der Wärme dieses Tals besser gedieh, es fanden sich hier auch Pflanzen und Bäume, die ich so weit nördlich nie vermutet hätte. Hier, im harten Klima der Äußeren Inseln, lag eine Insel, deren heiße Quellen sie zu einer Oase des Überflusses machten. Kein Wunder, dass die Hand der Narcheska als solch ein Preis betrachtet wurde. Eine Verbindung mit ihr, die sie die Nahrungsmittel kontrollierte, welche hier produziert wurden, war auf den rauen Inseln in der Tat von großem Wert.
Doch
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