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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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kindisch von mir, trotzdem sprach ich es aus. »Du hättest sie vermutlich mit hierher genommen, um Kraft für den Prinzen aus ihr zu ziehen.«
    Chade seufzte wie ein Lehrer angesichts eines sturen Schülers, der das Offensichtliche einfach nicht einsehen wollte - und wahrscheinlich war das tatsächlich so. »Wie du willst, Fitz. Aber ich
bitte
dich: Brich nicht in diese Entwicklung ein wie ein wildgewordener Bulle. Gib Nessel ein paar Tage Zeit, sich an Bocksburg zu gewöhnen, während der Prinz und ich uns darüber beraten, wie viel sie über ihre Herkunft wissen sollte und wie wir über Dick mit ihr Kontakt aufnehmen können. Auch was Dick betrifft könnten einige Vorbereitungen vonnöten sein.«
    Ich war erleichtert, hatte ich doch schon befürchtet, Chade wäre derjenige, der sich wie ein wild gewordener Bulle verhalten würde. »Ich werde tun, was du sagst. Geht langsam vor.«
    »Guter Junge«, erwiderte Chade gedankenverloren. Ich wusste, dass er in Gedanken schon dabei war, die neuen Spielsteine auf dem Brett zu verteilen.
    Und so trennten wir uns für die Nacht.

Hoquin war der Weiße Prophet und Wildauge sein Katalyst in den Jahren, da Sardus Chif die Macht in den Randlanden innehatte. Länger als er hatte jedoch der Hunger dort geherrscht, und so mancher sagte, dies sei die Strafe dafür, dass Sardus Prex, die Mutter von Sardus Chif, aus unbändiger Trauer ob des Todes ihres Gefährten heraus jeden heiligen Hain des Blattgottes verbrannt hatte. Seit diesem Zeitpunkt hatte es so gut wie gar nicht mehr geregnet, denn es gab keine heiligen Blätter mehr, die der Regen hätte waschen können. Der Regen erfüllte nämlich nur eine heilige Pflicht; er war nicht dazu da, den Durst der Menschen und ihrer Kinder zu stillen.
    Hoquin glaubte, dass er zum Weißen Propheten berufen worden war, um den Randlanden ihre Fruchtbarkeit wiederzugeben, und dafür brauchte er Wasser. So ließ er seinen Katalysten das Wasser studieren und Wege, es in die Randlande zu bringen, sei es durch tiefe Brunnen, Kanäle oder mit Hilfe von Gebeten und Opfergaben. Oft bat er sie, sich zu verwandeln, um so Wasser ins Land ihres Volkes zu bringen, doch nie gab sie ihm eine befriedigende Antwort.
    Wildauge kümmerte sich nicht um Wasser. Sie war in den trockenen Jahren geboren worden und kannte nichts anderes. Was sie kümmerte, waren die Thippi-Früchte, die kleinen, weichen Kernfrüchte mit den vielen Samen, welche tief im Schutz der Erde unter den Dornensträuchern am Rande des Vorgebirges wachsen. Wenn sie eigentlich bei der Arbeit hätte sein sollen, schlich sie sich zum Vorgebirge und kehrte irgendwann mit Kletten und Dornen in den Haaren und lilafarbenen Lippen wieder zurück. Das machte Hoquin den Weißen wütend, und oft schlug er sie, weil sie so nachlässig in ihrer Pflichterfüllung war.
    Dann begannen auch um ihre Hütte herum die Dornensträucher zu wachsen; dort, wo bis dahin nichts gewesen war. Ihre ineinander verschlungenen Zweige schützten die Erde vor der Sonne, und darunter wuchsen die Thippi-Früchte. In der Jahreszeit, da die Thippi-Früchte verwelkten, wuchs Gras, und Kaninchen kamen, um sich unter den Domen daran zu laben. Dann fing und kochte Wildauge die Kaninchen für den Weißen Propheten.
    Über den Weissen Propheten Hoquin, von Cateren, dem Schreiber

    Trotz Chades Vorschlag bettete ich mich nicht sofort zur Ruhe. Ich kehrte zum Feuer zurück, wo Dick in die letzte Glut starrte und vor Kälte zitterte. Ich zog ihn in die Höhe und führte ihn in das Zelt, das wir uns mit Sieber und Hest teilen würden. Die Enge des Quartiers war insofern sogar angenehm, als dass wir unsere Körperwärme teilen würden. Dick richtete sich ein, stieß einen lauten Seufzer aus, der in einem Hustenanfall endete und schlief dann schließlich ein. Ich fragte mich, ob er diese Nacht wohl mit Nessel sprechen würde. Vielleicht würde ich am Morgen ja den Mut finden, ihn zu fragen. Im Augenblick genügte mir jedoch erst einmal das Wissen, dass sie sich in Bocksburg und damit in Sicherheit befand.
    Ich verließ das Zelt und wanderte ein wenig unter den Sternen umher. Inzwischen waren die Lagerfeuer fast verloschen.
    Langschopf würde ein paar glühende Kohlen in einem Feuerkessel verwahren, doch um die Feuer die ganze Nacht über brennen zu lassen, mangelte es uns an Brennstoff. Aus Pflichtgetreus Zelt schien ein schwaches Licht. Der Junge lachte leise. Das Zelt des Narren war ebenso erleuchtet; es glühte wie ein Juwel in der Nacht.

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