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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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dein Talent zu dämpfen, und das auch nur vorübergehend. Können wir hoffen, dass es auch diesmal vorübergehend ist und deine Magie wieder zurückkehren wird?«
    Ich zuckte wild mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich glaube nicht, dass wir das hier nach dem beurteilen können, wie Elfenrinde früher auf mich gewirkt hat. Habe ich dir schon erzählt, dass Dick auch kurz davorgestanden hat, es zu essen?«
    »Nein, das hast du nicht.« Der Narr sprach vorsichtig, als wäre ich ein wenig verrückt, und vielleicht war ich das zu diesem Zeitpunkt auch. »Würdest du bitte mal etwas für mich versuchen? Lass dein Haar und deinen Mund in Ruhe. Falte deine Hände in deinem Schoß, und erzähl mir, was heute geschehen ist. Den ganzen Tag, bitte.«
    Mir war gar nicht aufgefallen, dass ich die ganze Zeit über an meiner Unterlippe rumzupfte, bis er mich darauf aufmerksam machte. So tat ich, wie mir geheißen, und bemühte mich, ihm so Bericht zu erstatten wie Chade. Ich beobachtete, wie sein Gesichtsausdruck immer ernster wurde, und ich wusste, dass meine Worte wie Hagelkörner auf ihn hernieder prasselten, und dass meine Geschichte unzusammenhängend war, da ich mich verzweifelt bemühte, die Einzelteile in meinem Kopf zusammenzusetzen. Noch bevor ich geendet hatte, war ich wieder auf den Beinen und ging in dem engen Zelt herum. Ich konnte mich einfach nicht beherrschen. Plötzlich kam mir eine Inspiration. »Hier!«, schrie ich, sprang auf den Narren zu und streckte ihm meine entblößten Handgelenke entgegen. »Lass es uns ausprobieren und sehen, ob meine Gabe wirklich so vollständig verschwunden ist, wie ich glaube. Berühr mich. Versuch, mit der Gabe in mich hineinzugreifen, wie du es schon einmal getan hast.«
    Der Narr starrte zu mir hinauf, und sein Gesicht erschlaffte vor Erstaunen. Dann machte sich ein kränkliches, ungläubiges Lächeln auf seinen Lippen breit. »Du
bittest
mich, das zu tun?«
    »Natürlich. Ja. Lass uns herausfinden, wie schlimm es ist. Wenn du noch immer in mich hineingreifen kannst, wird die Wirkung des Krauts vielleicht wieder nachlassen. Lass es uns versuchen.« Ich setzte mich neben ihn und legte meinen Unterarm auf sein Knie. Der Narr blickte auf die verblassten Fingerabdrücke auf meinem Handgelenk und schaute mich dann schief an.
    »Nein.« Er zog sich von mir zurück. »Du bist heute Nacht nicht du selbst, Fitz. Das ist nichts, was du normalerweise zulassen, geschweige denn um was du bitten würdest. Nein.«
    »Hast du etwa Angst?«, forderte ich ihn heraus. »Mach schon. Was können wir schon verlieren?«
    »Den Respekt voreinander. Dass ich so etwas tun würde, wenn du trunken bist ... Nein, Fitz. Hör auf, mich in Versuchung zu führen.«
    »Mach dir keine Sorgen. Ich werde mich auch morgen noch daran erinnern, dass es mein Vorschlag gewesen ist. Ich muss es wissen. Ist meine Magie tot?« In irgendeinem abgelegenen Teil meiner Seele regte sich große Sorge. Ich wollte aufhören und nachdenken, doch die Angst ließ das nicht zu.
Tu es. Jetzt. Tu etwas, tu irgendwas.
Das Verlangen, etwas zu tun, irgendwas, war viel zu stark, als dass ich es hätte ignorieren können.
    Ich packte das schlanke Handgelenk des Narren. Er trug keinen Handschuh und wehrte sich auch nicht. Als würde ich ein hölzernes Puzzlespiel zusammensetzten, legte ich seine Hand auf mein Handgelenk. Seine kühlen Fingerspitzen fügten sich in die Narben, die er mir hinterlassen hatte. Ich wartete. Ich fühlte nichts. Fragend blickte ich ihn an.
    Er hatte die Augen geschlossen. Einen Augenblick später öffnete er sie wieder. Sie waren tiefgolden und voller Verzweiflung, als er ungläubig sagte: »Nichts. Ich spüre die Wärme deines Handgelenks unter meinen Fingern. Ich greife nach dir, aber du bist nicht da. Und das ist alles.«
    Mein Herz setzte einen Schlag lang aus. Sofort versuchte ich zu leugnen, was wir gerade klargestellt hatten. »Nun, das beweist gar nichts, nehme ich an. Wir haben das noch nie probiert. Daher wissen wir auch nicht, was wir erwarten können. Nichts. Gar nichts können wir erwarten. Wenn ich morgen aufwache, ist meine Gabe vermutlich so stark wie eh und je.«
    »Oder auch nicht«, erwiderte der Narr leise und beobachtete mein Gesicht. Seine Finger lagen noch immer auf meinem Handgelenk. »Vielleicht werden wir uns nie wieder auf diese Art verbinden.«
    »Ja«, stimmte ich ihm zu. »Vielleicht werde ich genauso taub und isoliert aufwachen, wie ich jetzt bin. Vielleicht.« Ich stand auf.

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